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Hamed Abdel-Samad im Bonifatiushaus - Fotos: Marius Auth

FULDA Diskussion im Bonifatiushaus

Islamkritiker Hamed Abdel-Samad: "Integration in Deutschland ist gescheitert"

27.04.18 - Der deutsch-ägyptische Politikwissenschaftler Hamed Abdel-Samad geht in seinem Buch "Integration. Ein Protokoll des Scheiterns" hart ins Gericht mit dem Islam: Wertesystem und Moralvorstellungen vieler Neuankömmlinge sind inkompatibel mit westlichen Errungenschaften wie Humanismus und Aufklärung, erklärt der Publizist, der inzwischen nur noch mit Polizeischutz unterwegs ist. Beim Diskussionsabend Abdel-Samads mit Islamwissenschaftler Mouhanad Khorchide am Donnerstagabend im Bonifatiushaus Fulda zeigte der Aufklärer allerdings ausgeprägt obskurantistische Züge.

Der Saal im Bonifatiushaus Fulda war bis auf den letzten Platz besetzt

Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen - das Zitat aus Immanuel Kants Aufsatz "Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?" wurde zum Leitspruch der Aufklärung, die ab dem 18. Jahrhundert Vernunft, Naturwissenschaften und allgemeine Menschenrechte über Glaube, Religion und Unmündigkeit stellte und die Gesellschaftssysteme der westlichen Welt maßgeblich beeinflusste. Eine kritische Öffentlichkeit soll im freien Diskurs Probleme erörtern, um Klarheit zu schaffen. Unklarheit und blinder Autoritätsglaube werden als Hinderungsgründe für Fortschritt und Gemeinwohl ausgemacht. Die hehre Tradition bemüht auch Hamed Abdel-Samad, der den Großen Saal des Bonifatiushauses am Donnerstagabend mühelos füllt, begleitet von aufmerksamen Personenschützern.

Gunter Geiger, Leiter der Katholischen Akademie Bonifatiushaus

Michael Trost, Sektionsleiter der GSP-Sektion Fulda (Mitte), moderierte den Abend ...


Bereits im letzten April hatte der kontroverse Islamkritiker, der Meinungs- und Redefreiheit auch bei AfD-Veranstaltungen verteidigt, im Bonifatiushaus referiert. Dieses Mal wurde ihm der Islamwissenschaftler Mouhanad Khorchide an die Seite gestellt, als Gegengewicht. Beide stehen für eine Kritik des politischen Islams, Bonifatiushaus-Direktor Gunter Geiger erklärt am Abend, was die Humanisten in die katholische Akademie führt: "Der Islam ist ein Thema des 21. Jahrhunderts. Wie funktioniert unsere Gesellschaft mit Zuwanderern, häufig Nicht-Christen?" Nicht so gut, wenn sie Kopftuch oder Bart tragen, glaubt man Abdel-Samad. Vor 23 Jahren wähnte sich der in Kairo geborene Sohn eines sunnitischen Imams in Arkadien, als er in die Bundesrepublik kam: Mülltrennung und Dosenpfand bestimmten den öffentlichen Diskurs. Heute dagegen: Kopftuch für Kinder, Terrorabwehr. Was ist passiert?


"Die Integration von Zuwanderern ist mehrheitlich gescheitert. Das betrifft nicht alle Gruppen, wir reden nicht über Italiener oder Portugiesen. Aber 43 Prozent aller Arbeitslosen in Deutschland haben einen Migrationshintergrund, viele davon sind Araber oder Türken. Nicht nur die Eingliederung in den Arbeitsmarkt, auch in die Kultur unseres Landes ist häufig gescheitert. In islamischen Parallelgesellschaften herrscht inzwischen eine Kultur des Schweigens, der Friedensrichter ersetzt das Gesetz, das Kopftuch wird als Zeichen der Integration verkauft. Wenn der Staat sich dort zurückzieht, übernehmen andere: Familienclans und Vetreter des politischen Islams wollen Macht ausüben. Die Unfreiheit wird von den Betroffenen nicht wahrgenommen, die Intellektuellen unseres Landes sind hier in der Verantwortung", erläutert Abdel-Samad die Grundthese seines Buchs.

Islamwissenschaftler und Religionspädagoge Mouhanad Khorchide kritisierte pauschalisierende ...


Khorchide, der als Professor für islamische Religionspädagogik am Centrum für Religiöse Studien an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster islamische Theologen ausbildet, stimmt zu: Der politische Islam müsse im Auge behalten werden, allerdings fröne Abdel-Samad ebenjenem Populismus, den er den Feinden der Aufklärung vorwerfe: Pauschalurteile zögen sich durchs gesamte Buch, suggestive Fragestellungen und Verknüpfungen würden "den Islam" als Problem verorten, obwohl an anderer Stelle zugestanden würde, dass nur die politische Spielart gemeint sein könne. Der Islamkritiker beklage in seinem Buch, dass die Integrationsdebatte von Stereotypen gekapert worden sei, bediene diese aber reichlich: Der bärtige Alte, die verschüchterte Muslima und der arbeitsscheue Nachwuchs straften den wissenschaftlichen Anspruch Lügen, mit dem das Buch angetreten sei.

Ricarda Steinbach (Direktorin der Point Alpha Stiftung)


Die Schwarzmalerei hat dabei Methode, meint Khorchide: Wer Jugendliche auf der Straße nach ihrer Meinung zur Scharia befragt und dabei einen Bildungsbürger-Horizont voraussetzt, argumentiert unehrlich. 50 Prozent der muslimischen Mädchen nehmen nicht am Schwimmunterricht teil. Exiltürken sympathisieren mit Erdogan. Mit Buddhisten gibt es keinen Streit. Mit diesen Stimmungsaufnahmen versuche Abdel-Samad ein diffuses Bild zu zeichnen, das über den Mangel an belastbaren Studien hinwegtäuschen solle, die seine radikaleren Kernaussagen zum Islam untermauern müssten. Es gebe genügend Untersuchungen, die ein positives Bild der Integration aufzeigten. Und so ist es ausgerechnet der muslimische Theologe Khorchide, der den Aufklärer an wissenschaftliche Gütekriterien erinnern muss: Exaktheit, Intersubjektivität und Empirie würden im Buch zu kurz kommen - wer strebend sich bemühe, dem sei es aber durchaus möglich, realistische Daten zum Stand der Integration zu destillieren. Wozu die Pauschalurteile, wo doch nur der politische Islam gemeint sei?


Manche Kulturen seien einfach nicht miteinander kompatibel, kontert Abdel-Samad. Jeder wüsste doch, wer in Migrantenvierteln das Sagen hat. Das eigentliche Problem sei aber ohnehin Gott - als oberste moralische Instanz gelte in westlichen Gesellschaften der Mensch, darauf habe man sich nach langen Mühen und Entbehrungen geeinigt. Der Staat müsse deswegen handeln, mehr Geld in die Hand nehmen, um den Herausforderungen im Bildungssystem zu begegnen. Ein Wissenschaftsrat mit Islamexperten sei eine gute Möglichkeit, Standards im Islamunterricht zu setzen, statt die Mitbestimmung ideologisch bedenklichen Vereinen zu überlassen. Auch einen Appell ans katholische Fulda wollte Abdel-Samad sich nicht nehmen lassen: "Der politische Islam darf sich nicht durch falsch verstandene Toleranz im Schatten der Kirchen ausbreiten." (Marius Auth) +++


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