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"Ziegenficker"-Post erzürnt: Stadtrat Bernd Holzhauer (SPD) entschuldigt sich
25.05.18 - Aufregung um einen Facebook-Post von Bernd Holzhauer. Die CDU Bebra übt scharfe Kritik an den Äußerungen des 1. Stadtrats auf dessen Facebookprofil. Holzhauer habe dort das Aufgebot der deutschen Fußballnationalmannschaft für die Weltmeisterschaft in Russland wie folgt kommentiert: "Das vorläufige deutsche Aufgebot zur WM - 25 Deutsche und zwei Ziegenficker". Der Facebook-Post ist inzwischen gelöscht.
Stadtverbandsvorsitzender Friedhelm Claus: "Holzhauer spielt dabei sicher auf das Verhalten der Nationalspieler Gündogan und Özil im Umgang mit dem türkischen Präsident Erdogan an. Wir sind geschockt und beschämt von dieser Aussage". Eine solche Wortwahl mit einer derart persönlichen Beleidigung sei für einen 1. Stadtrat der Stadt Bebra nicht hinnehmbar und durch nichts entschuldbar.
Bebra ist übrigens auch die Heimatstadt von Nationalspieler und Weltmeister Shkodran Mustafi (FC Arsenal London, für die WM nicht nominiert). Seine Familie lebt in Bebra. Holzhauer selbst ist im Fußball als Ehrenamtlicher engagiert. "Eine Stadt, die sich Familienfreundlichkeit und Integration nicht nur auf die Fahne geschrieben hat, sondern dies auch seit vielen Jahren erfolgreich umsetzt, kann es nicht dulden, dass der Stellvertreter des Bürgermeisters in eine solche Fäkalsprache abrutscht und Menschen auf eine solche Art und Weise beleidigt", so Claus. Stadtverordnetenvorsteher Herbert Börner hat kein Verständnis für die Aussage Holzhauers.
Holzhauer entschuldigt sich
Gegenüber OSTHESSEN|NEWS sagte Holzhauer am Donnerstag-nachmittag: "Ich möchte mich für das, was ich gemacht habe, entschuldigen. Das war sicher nicht richtig. Das war eine Kurzschlussreaktion. Aber das entschuldigt nicht, dass ich in der Schnelle der Zeit die falschen Worte gewählt habe. Ich möchte mich ausdrücklich bei den Herren Özil und Gündogan entschuldigen und bei allen anderen Menschen, denen ich zu nahe getreten bin und die sich dadurch beleidigt fühlen. Vielleicht war der Grund für meine überspitzte Reaktion auch die Tatsache, dass ich seit dreieinhalb Jahren zwei Flüchtlingsfamilien betreue und dass für mich die Situation mit Herrn Erdogan nicht nachvollziehbar war. Ausdrücklich möchte ich feststellen, dass das meine Wortwahl nicht entschuldigt."
Auch die SPD distanziert sich
Die SPD in Bebra distanziert sich mit aller Klarheit von den Aussagen Holzhauers, wie Gerhard Schneider-Rose, Vorsitzender der SPD-Fraktion in Bebra gegenüber OSTHESSEN|NEWS sagte. Über Konsequenzen wollte Schneider-Rose nichts sagen. Die SPD wolle sich erst einmal mit Holzhauer zusammensetzen und darüber sprechen. Holzhauer selbst hat gegenüber O|N eine Entschuldigung angekündigt, er ist am heutigen Donnerstag beruflich unterwegs. Sein Post stößt auf Unverständnis, zumal sich Holzhauer vielfältig engagiert, etwa in der Flüchtlingshilfe oder im Fußballnachwuchsbereich.
Am Donnerstagabend gab die SPD-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung Bebra zudem eine Pressemitteilung heraus, in der Position zur umstrittenen Äußerung bezogen wird (nachfolgend im Wortlaut):
"Unser Parteigenosse Bernd Holzhauer ist seit vielen Jahren mit viel Herzblut nicht nur für die SPD, sondern auch für die Gewerkschaft und den Fußball engagiert und in den letzten Jahren auch in der Hilfe für Flüchtlinge aktiv. Seine Leidenschaft für die Demokratie verleitet ihn immer mal wieder zu Äußerungen, die unbedacht und verletzend sind und bei denen wir uns fragen, wie ein so warmherziger Mensch solche Sprüche loslassen kann.
Von seinem Böhmermann-Zitat auf Facebook bezogen auf die beiden türkisch-stämmigen Nationalspieler Mesut Özil und Ilkay Gündogan distanzieren sich SPD-Stadtverband und die SPD-Fraktion in Bebra in aller Deutlichkeit. Es handelt sich hier um eine schwerwiegende Beleidigung nicht nur der beiden Fußballer, sondern aller in Deutschland lebenden Menschen mit türkischem Hintergrund, die sich dem türkischen Staatspräsidenten Erdogan verbunden fühlen. Der Erste Stadtrat und andere politische Verantwortungsträger stehen auch in den sozialen Medien immer in öffentlicher Verantwortung.
Mehr als verärgert sind wir auch darüber, dass Bernd Holzhauer ein fremdenfeindliches Video des österreichisches Rechtspopulisten Gerald G. Grosz auf seiner Seite platziert hat. Auch hiervon distanzieren wir uns ausdrücklich.
Abgesehen von der Nutzung eines hochgradig beleidigenden Begriffes – mit der feindseligen Haltung gegenüber den beiden Fußballern steht Bernd Holzhauer leider nicht alleine, wie die zahlreichen Leserbriefe der HNA zur Thematik in den letzten Tagen zeigen. Die öffentliche Huldigung des türkischen Präsidenten durch die beiden Fußballstars verdient Kritik. Aber muss man ihnen deshalb die deutsche Staatsangehörigkeit und das Recht, Deutschland zu repräsentieren, absprechen? Migrant/innen geben mit der Erlangung einer neuen Staatsbürgerschaft die Geschichte ihrer Familie nicht ab, sie sind über Generationen zwei Kulturen verbunden und oft genug zerrissen zwischen auseinander liegender Wertesystemen beider Welten. Özil und Gündogan haben sich für die deutsche Nationalmannschaft entschieden, der Bundestrainer und alle Fußballfans in unserem Land erwarten von ihnen einen positiven Beitrag zum guten Abschneiden der deutschen Nationalmannschaft.
Die Diskussion zeigt, dass wir in Deutschland noch an unserem Konzept für die Integration arbeiten müssen: Integration muss ein zweiseitiger Prozess sein, in dem es nicht nur um Einpassung der Zugewanderten geht, sondern auch um Akzeptanz der Verbundenheit von Migrant/innen mit ihrer Herkunftsgesellschaft. Wenn wir das ohne Beleidigungen, Wahlkampfgetöse und populistische Vereinfachungen hinkriegen, sind wir aus Sicht der Sozialdemokraten auf einem guten Weg. Nach seinen Entschuldigungen vom heutigen Tag muss Bernd Holzhauer jetzt zeigen, dass er diesen Weg aktiv mitgehen will."
Multikulturelle Stadt
Mit seinen Äußerungen schädige Holzhauer das Ansehen und Erscheinungsbild einer modernen, aufstrebenden, multikulturellen Stadt, in der das gute Miteinander zwischen den Religionen kein Lippenbekenntnis sei, so Claus. "Hier leben Menschen aus über 60 Nationen Tür an Tür friedlich miteinander. Die CDU fordert deshalb den 1. Stadtrat Bernd Holzhauer zum sofortigen Rücktritt auf." Holzhauer ist in der Vergangenheit schon mehrfach mit seinen Entgleisungen aufgefallen. Im Kreistag bekam er wegen eines unrühmlichen NS-Vergleichs bereits eine Rüge erteilt. "Stellt man sich als sozialdemokratische Partei nach solchen üblen Biertischparolen immer noch schützend hinter Holzhauer? Ist dies schon Wahlkampfgetöse? Traurig, wenn wir auch in Bebra an einem solchen Punkt angekommen sind. Für die CDU Bebra ist das Fass jetzt übergelaufen. Holzhauer ist nicht mehr tragbar“, so Claus. (pm) +++