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Vorbild Silges: "Eine Wildblumenwiese ist schöner als jeder Steingarten"
08.06.18 - Silges - ein kleines Dörfchen mit rund 350 Einwohnern vor den Toren der Rhön gelegen - ist an sich schon ein lebenswerter Ort inmitten der Natur. Der Bach Nüst gibt dem Tal zwischen Hünfeld und Hilders (Rhön) seinen Namen. Einfach nur die Idylle genießen und sich darüber zu freuen, dass sie inmitten der herrlichen Natur leben dürfen, reicht den Einwohnern nicht aus.
Sie engagieren sich in vorbildlicher Art und Weise für Nachhaltigkeit und Naturschutz. Sie packens es an, wo andere eher nur drüber reden. Dass sie bereits Landes- und Bundessieger beim Dorfwettbewerb geworden sind (1976 und 1977), zeigen die Hinweistafeln am Ortseingang. Auch in diesem Jahr ist Silges beim Wettbewerb "Unser Dorf hat Zukunft" erfolgreich dabei, erst vor wenigen Tagen war die Komission für den Entscheid auf Landesebene in Silges. Auch bei den weiteren Projekten ist das Dorf aktiv. "Silges summt" und "ich bin eine original Silgeser Blühfläche" steht auf kleinen Schildchen im Ort verteilt. An verschiedenen Stellen erklären zudem wunderbar gestaltete Hinweistafeln etwa die Dorfökologie.
Infoabend "Silges summt"
Bei einem Infoabend zur Eröffnung des Sternendorfes wurde das Projekt "Silges summt" vorgestellt. Politiker wie der Bundestagsabgeordnete Michael Brand, Landtagskandidat Thomas Hering und Bürgermeisterin Marion Frohnapfel (alle CDU) lobten das besondere Engagement der Silgeser. Diplom-Biologin Sibylle Winkel, Zweite Vorsitzende des Nabu hielt einen Vortrag. Es ging um die Wichtigkeit der Insekten, die vielfältigen Schädigungen durch den Menschen am Wasser, an Land und in der Luft durch Umweltgifte und Lichtverschmutzung. Außerdem wurden Möglichkeiten aufgezeigt, wie interessierte Bürger und Kommunen mit Kleinigkeiten Gutes tun können, um die Natur und Insektenwelt schützen können. Im Vortrag der RhönEnergie ging es um die Entwicklung der Kommunalen Beleuchtung der letzten Jahre und um die konkrete Umstellung in Silges. Neben der technischen Umsetzung wurde aufgezeigt, das wir durch die Umstellung mit 58 Prozent Energie und somit auch Kosteneinsparung rechnen können.
"Nachhaltigkeit ist unser Steckenpferd", erklären die Organisatoren. Silges hat in den letzten Jahren etliche Projekte im Bereich Naturschutz und Umweltbildung umgesetzt. Manche Projekte wurden mehrfach ausgezeichnet, so das Projekt "Jedem Kind sein Rhönschaf" ode die "Kinder- und Jugend Kunststraße". Das aktuelle Projekt Silges summt beschäftigt sich mit Insekten. Die Blühwiesen etwa sollen Lebensräume bieten, die heutzutage oftmals zugebaut werden. Rasenflächen, die eher an ein Fußballfeld im Stadion erinnern und keine Rückzugsmöglichkeiten für die kleinen Tiere bieten, oder Steinflächen machen es den Insekten auch auf dem Dorf immer schwerer."Schutz von Insekten wird immer wichtiger"
"Der Schutz von Insekten wird immer wichtiger und findet in letzter Zeit auch Gehör in Politik und Gesellschaft. Die Rhön steht zwar noch gut da, aber wir wollen nicht warten, bis es zu spät ist. In Neubausiedlungen sind Steingärten mit spärlicher Bepflanzung keine Seltenheit mehr. Importpflanzen sind zwar schön grün, bieten Insekten und Vögeln weder Nahrung noch Unterschlupf. Unser Ziel ist, darauf Aufmerksam zu machen und die Schönheit der Natur in den Vordergrund zu bringen. Eine Wildblumenwiese ist schöner als jeder Steingarten und braucht gar nicht viel Arbeit. Wir möchten Kommunen und Privatleute dazu anregen, ihre Gärten naturnah zu gestalten, oder wenigstens eine kleine Ecke Insektenfreundlich anzulegen", erklären die Silgeser Projektmacher. Das Ganze geht vom Heimat- und Geschichtsverein Silges und damit von der Dorfbevölkerung aus.
Konkret wurde die gesamte Beleuchtung im Dorf durch abgeschirmte und insektenparktaugliche LED Straßenleuchten ersetzt. Durch die Abschirmung entsprechen die Lampen den Vorgaben des Sternenpark Rhön. Zum Abschluss des Infoabends vor wenigen Tagen konnten sich die Besucher davon überzeugen. Die vom Sternenpark beauftragte Sabine Frank informierte auf einer Sternwanderung über die Entstehung der Jahreszeiten gehört. "Nachdem wir den Mondaufgang verfolgen konnten, hat uns Sabine Frank noch verschiedene Sterne und Sternenbilder erläutert und zum Abschluss konnten wir einen sensationellen Blick über Silges genießen", so die Teilnehmer - übrigens ohne Lichtverschmutzung.
Blühflächen
Am Ortsrand entstanden neben einer Streuobstwiese eine große Blühfläche. Hier wurde spezieller Samen ausgebracht, der durch seine geringe Höhe zusätzlich dem Rotmilan als Jagdgrund dient. Im Dorf wurden öffentliche, aber auch private Flächen angelegt. Diese sind mit einjährigen und mehrjährigen Samen gesät. Die Flächen sind "Testflächen". Im nächsten Jahr sollen weitere Blühwiesen angelegt werden. "Super war, dass Anwohner uns Flächen zur Verfügung gestellt haben. Von kleinen Flächen hinterm Haus bis zu ganzen ehemaligen Gemüsegärten, die nicht mehr bewirtschaftet wurden", so der Verein.
Außerdem werden die gemeindlichen Flächen nur noch so geschnitten, dass nichts auf die Straße ragt. Der Rest bleibt naturnah und wird maximal einmal im Jahr gemulcht. Einige Flächen werden gar nicht gemulcht, da sie auch im Winter Rückzugsort für Insekten sind. Verschiedene Lehrtafeln auf den Blühflächen weisen Besucher auf das Projekt und die Wichtigkeit hin.
Insektenhotel und Lehrimkerstand
Zusätzlich zu den Insektenhotels auf den verschiedenen Außenflächen wurde ein neues im Ortskern errichtet. Dort ist eine Infotafel vorhanden. Mit dem Projekt Biene trifft Apfelbaum von ViO gemeinsam mit der Naturschutzorganisation EUROPARC Deutschland e.V. konnte sich Silges finanzielle Unterstützung für den Aufbau eines Lehr-Bienenstands und den Schutz von Insekten sichern. Neben dem Kindergartenwald haben die Imker eine wunderschöne Fläche geschaffen. Zahlreiche Infotafeln udn Schaukästen informieren über Bienen, Hummeln und Co.. Zudem bietet der Imkerverein Interessenten vielfältige Unterstützung an. Probe-Imkern leichtgemacht.
Silges zeigt, wie Nachhaltigkeit und Naturschutz funktionieren. Silges ist ein Vorbild und macht Hoffnung, dass die Menschen auch in anderen Dörfern und Städten sich mehr für den Erhalt der Natur einsetzen