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Die Steinmetze fürchten um die Friedhofskultur - Fotos: privat

GELNHAUSEN Stirbt die Friedhofskultur?

Hessische Steinmetze sehen ihre Existenz durch Friedwälder bedroht

05.07.18 - „Wofür zahlen wir eigentlich Steuern, wenn seit einigen Jahren alles möglichst kostendeckend sein muss? Das gilt auch für die Friedhöfe", schimpft der Obermeister der Steinmetzinnung Oberhessen, Karl-Heinz Damm (Gelnhausen), der gleichzeitig Landesinnungsmeister in Hessen ist, in einer Presseerklärung. Dass die neuen Entwicklungen dazu führten, dass eine ganze Kultur wegbreche, ein ganzes Handwerk in Schwierigkeiten gerate, das werde in den Kommunen offensichtlich einfach akzeptiert. Damm: „In der Schweiz lachen Kollegen und Politiker nur, wenn ich die Situation in Deutschland schildere, denn dort ist klar: Wer sein Leben lang Steuern bezahlt hat, der wird auch in Würde kostenlos beerdigt."

Dabei sei inzwischen längst zweifelhaft, ob die neuen Bestattungsformen wie Friedwälder tatsächlich kostengünstiger seien und längst nicht klar, ob nicht auch noch erhebliche Schäden für die Umwelt entstehen. Ein Indiz für fragwürdige Argumentationen der Betreiber von Bestattungswäldern sei die Tatsache, dass sie höchst empfindlich reagierten, wenn sie kritisiert würden. Sofort werde geklagt, wenn ein Umweltberater und Landschaftsplaner wie der Hamburger Diplomingenieur Andreas Morgenroth die Umweltverträglichkeit von Friedforsten in Frage stelle und dazu auch noch wissenschaftlich fundierte Argumente liefere, dies gar mit aktuellen Beispielen belege.

Ganz nebenbei seien die Kirchen mit diesen neuen Riten eines Totenkults gar nicht einverstanden, würde doch diese Art der Beerdigung unter einem Baum an Gebräuche "naturreligiöser Völker erinnern", wie sich der Stuttgarter Bischof Gebhard Fürst ausgedrückt habe. Zudem passiere das oft genug auch noch anonym.

Seit Jahrhunderten würden in Europa die Menschen auf Friedhöfen begraben. Dies geschehe im Einklang mit dem christlichen Glauben. Entwickelt hätten sich Stätten des Gedenkens und der Besinnung. Hier ist zu verarbeiten, dass der nahe Angehörige gestorben ist und dies in einer Umgebung, die Würde ausstrahlt.

Obermeister der Steinmetzinnung Oberhessen, Karl-Heinz Damm (Gelnhausen), der ...

"Natürlich muss man auf neue Entwicklungen reagieren, wenn der Verstorbene zum Beispiel so beerdigt werden soll, dass eine regelmäßige Grabpflege vielleicht gar nicht mehr notwendig ist." Damm geht damit auf die Mobilität der Menschen ein, die nicht mehr ihr Leben lang an einem Ort bleiben. Doch das sei ebenso auf den bestehenden Friedhöfen möglich, wie das im heimischen Raum an vielen Stellen zu besichtigen sei.

Den Steinmetzen werde immer wieder vorgeworfen, es gehe ihnen nur um das Geschäft. „Natürlich", so Damm weiter, „müssen wir Geld verdienen, aber das ist ja nicht zum Schaden der Kommunen, denn wir schaffen Arbeitsplätze und zahlen auch noch Gewerbesteuer." Was ihn noch mehr aufrege, sei aber, dass Gemeinden finanzielle Risiken eingingen, die momentan einfach verdrängt würden. Beim Wasser habe man doch gesehen, was passiere, wenn man etwas privatisiere, auf das die Bürger nicht verzichten können. Die Methode: „Wenn nicht mehr genug zu verdienen ist, macht man eine saubere Pleite und ein Trümmerhaufen an Wasserversorgung mit hohen Sanierungskosten bleibt an der Gemeinde hängen. Es sei ja nicht so, dass die Bestattungswälder nur für kurze Zeit betreut werden müssten. Es gehe ja um viele Jahre, mindestens drei Jahrzehnte. Daneben verschwänden die Friedhöfe ja nicht einfach, müssten ebenfalls über Jahrzehnte betreut werden. Alles aber verursache Kosten. Und wenn sich dann ein Friedwald für einen privaten Betreiber nicht mehr rechne, was mache der dann: „Eine saubere Pleite." Klar, wer dann für die weiter anfallenden Kosten aufkommen müsse. Noch schlimmer aber ist für ihn, dass diese Firmen für jede Beerdigung einen kleinen Prozentsatz der Kosten an die Gemeinde zahlten. „Man stelle sich vor, was passieren würde, wenn das ein Steinmetz pro Grabstelle ebenso machte. Bestechung wäre dann noch der geringste Vorwurf."

Viele Betriebe, so Damm, seien angewiesen auf solche Aufträge. Das gelte zum Beispiel auch für Aufträge wie eine Grabplatte für ein Urnengrab. In den Dörfern, das ist sich Damm sicher, spielten die Friedhöfe noch eine große Rolle im gesellschaftlichen Leben. Sie gehörten einfach dazu. Es liege an den Kommunen, sie so zu gestalten, dass sie auch neuen Anforderungen der „Kunden" entsprechen, mehrere Arten von Bestattung ermöglichen. Dabei gehe jede Kommune ein überschaubares finanzielles Risiko ein, was bei privaten Lösungen nicht der Fall sei. (pm) +++


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