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TANN (Rhön) Offener Brief von Sbi Jörges

Brand in Neuswarts: "Welle der Hilfsbereitschaft" und beleidigende Gaffer

11.08.18 - Der Brand in Tann-Neuswarts am Mittwochabend hat rund 250 Einsatzkräfte gebunden. Von der Bevölkerung erfuhren die Helfer eine "Welle der Hilfsbereitschaft", aber auch Beleidigungen durch Gaffer, wie Tanns Stadtbrandinspektor Thomas Jörges vermeldet. Jörges beschreibt nun Details des Einsatzes - und warum es 250 Einsatzkräfte gebraucht hat, um der Lage Herr zu werden. O|N veröffentlicht seinen öffentlich gemachten Brief nachfolgend im Wortlaut:

Tanns Stadtbrandinspektor Thomas Jörges

"Heute in den späten Vormittagsstunden konnte die Einsatzstelle nach den letzten Sicherungsmaßnahmen einsturzgefährdeter Gebäudeteile und dem Ablöschen letzter aufflammender Glutnester dem Eigentümer zurück übergeben werden. Nun kommt die Zeit des Aufräumens, der Nachbesprechungen und in der Ruhephase der Reflexion der vergangenen Stunden. In zahllosen Gesprächen mit den Betroffenen, mit direkten Nachbarn und auch weiteren eifrigen Helfern außerhalb der aktiven Feuerwehrlern sortiert man für sich die vielen Eindrücke und Informationen. Ein kurzes Fazit würde dem Erlebten nicht gerecht werden; dies ist umso vieles umfangreicher. Vielleicht einiges, was doch mal angesprochen werden sollte:

"Gesten der Hilfsbereitschaft und Dankbarkeit"

Beim Brand in Tann-Neuswarts

Eine unglaubliche Welle der Hilfsbereitschaft. Viele Unternehmer haben bereits in den Abendstunden, aber auch am darauffolgenden Tag sowohl Getränke als auch Verpflegung organisiert, vorbeigebracht, gereicht. Nicht nur Unternehmer; hier alle aufzuzählen ist schwierig, man möchte keinen auslassen und mir sind womöglich nicht alle bekannt; selbst die Kirmesgesellschaft Günthers aus dem Nachbarort hat kistenweise Getränke gebracht und auf Anfrage der Familie der Betroffenen nach der Rechnung nur ein freundliches Lächeln mit dem Hinweis "alles ok" erwidert. Bei solchen Gesten ereilt einen fast schon eine Gänsehaut. Ist man in den Abend- und Nachtstunden durch die Straßen rund um das Einsatzgeschehen gelaufen, wurden einem von allen Seiten Getränkeflaschen gereicht; man kann es fast mit den Bildern aus den Radsportveranstaltungen im Fernsehen vergleichen.

Eine ältere Frau ist mir am nächsten Tag begegnet und hat Kuchen ins Neuswartser Feuerwehrhaus gebracht. Im kurzen Dialog die Info: Sie hat diesen noch in der Nacht für die Einsatzkräfte gebacken, um auch "ihren möglichen Beitrag" leisten zu können. Das und noch so viele Kleinigkeiten mehr zeigen, wie groß der Zusammenhalt im Dorf doch ist. 

Temporärer "gemütdrückende Schattenseite"

Die vielen positiven Erlebnisse wurden leider auch um eine gemütsdrückende Schattenseite ergänzt. Eine irre Anzahl an schaulustigen Gaffern, welche teils in massiv beleidigender Art und Weise dem wegweisenden Feuerwehrpersonal gegenüber getreten sind, haben teils störenden Einfluss auf die Einsatzarbeiten genommen. Die Straßenverhältnisse rund um Neuswarts sind etwas beengt. Rund 10 Landwirte, einer kam sogar aus Eiterfeld mit einem 20.000-Liter-Fass, pendelten von Ansaugstellen in Apfelbach, Günthers und auch Wendershausen über die Wegführung zwischen Wasserentnahme und Neuswarts, um ausreichende Löschwasserreserven zu sichern. Ständig ein Stop and Go verursacht durch Schaulustige, nur um mal einen Fall der Einschränkungen zu beschreiben, welche durch die Gaffer verursacht wurden.

Eine tolle Leistung der Feuerwehrler: Die sofortige perfekte Entscheidung der ersten Kameraden vor Ort, den bereits im Vollbrand stehenden Komplex aufzugeben und alle Kräfte auf die Abschirmung zu konzentrieren. Nur wenige Augenblicke später und es wäre vermutlich nicht nur bei dem ohnehin großen Komplex geblieben. Darüber will man gar nicht weiter nachdenken, was dann gekommen wäre ...

Kritiker fragen vielleicht: Warum 250 Einsatzkräfte? War so viel wirklich nötig? Auch hier ein paar Worte dazu: Das Schadenereignis trat in einer günstigen Uhrzeit ein. Viele Wehren sind sehr personalstark ausgerückt. In vorderster Front waren viele bis zur Leistungsgrenze bei immensen Temperaturen teils unter schwerem Atemschutz im Einsatz. Hier gilt es, öfters Kameraden abzulösen und auszutauschen. In der Ortslage waren annähernd sämtliche Einheiten der Tanner Wehren eingebunden. Es wurde die Entscheidung getroffen, eine lange Wasserversorgung von der Ulster in der Ortslage Günthers bis nach Neuswarts aufzubauen. Dies bedeutet rund 2 Kilometer Wegestrecke und die Leitung wurde in zweifacher Ausführung aufgebaut. Um dies zu ermöglichen, bedarf es einiger Verstärkerpumpen, welche federführend von den Kameraden aus Hilders aufgebaut wurden. Die im Feuerwehrjargon als Materialschlacht betitelte Mammutaufgabe wurde grandios umgesetzt und erfordert eben zudem auch viel Equipment und Manpower. Dazu die aufkommende Dunkelheit. Ist das Feuer aus, wird es um die Einsatzstelle dunkel. Weiteres Equipment wird benötigt. Hier kamen Kameraden aus Eiterfeld-Arzell, welche sich auf diesen Gebiet spezialisiert haben, und füllten die Lücken, wo das eigene Material nicht ausreichend war.

Was bleibt nun noch? Die viele Arbeit im Hintergrund, die außen kaum wahrgenommen wird. Reinigung der Gerätschaften, Schläuche waschen, Fahrzeuge einsatzklar machen. Viele logistische Fahrten; sei es den Atemschutz wieder zu vervollständigen oder auch die brandrauchkontaminierte Einsatzkleidung fachgerecht reinigen zu lassen. Das Sortieren sowie die Bedarfsermittlung aller im Einsatz kaputt gegangen eingesetzten Ausrüstungsgegenstände ist zu erstellen. Berichte müssen geschrieben werden und auch eine Nachbesprechung des Einsatzes wird folgen. Wir hoffen indes nur, das nun nach den stressigen Tagen eine möglichst einsatzfreie Zeit folgt.

Dankes- und Lobesworte an Medienvertreter

Abschließend aber auch noch ein paar Worte des Lobes an die Vertreter der Presse vor Ort: Es war ein vorbildliches Verhalten aller Pressevertreter; es kam zu keinerlei Einschränkungen im Ablauf der Einsatzarbeiten. Kein Drängen, höchstens ein nettes Nachfragen auf Informationen und es war umfassendes Verständnis gegeben, bis der zeitliche Augenblick zur Bekanntgabe von Presseinformationen möglich war. Hierfür ein herzliches Dankeschön. Wenn sich die vielen Gaffer auf unsere schnelle lokale Medienwelt beschränken würden, hätten sie zum einen umfangreichere Informationen und zum anderen würden sie uns mit ihrer Abwesenheit nicht vor Ort behindern. Hierüber sollten die Einsatzstellentouristen mal nachdenken. Vielleicht sind auch sie mal in einer Notsituation und spätestens da werden sie sich bestimmt auch wünschen, dass die zur Hilfe eilenden Kräfte hoffentlich in keinster Weise in deren Tun behindert werden." +++


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