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Pater Martin Wolf übergibt an Nachfolger: "Man muss verrückte Ideen haben"
21.08.18 - Das Bonifatiuskloster in Hünfeld hat durch unkonventionelle Glaubensangebote wie Jugendfestivals und Whisky-Tastings auf sich aufmerksam gemacht. Untrennbar verbunden mit dieser Glaubenserneuerung: Superior Pater Martin Wolf, der seit 2012 dem Kloster vorsteht. Nun gibt Wolf die Leitung ab - nach sechs Jahren sieht die Ordensgemeinschaft einen Wechsel vor.
Das Besondere: Nachfolger Pater Karl-Heinz Vogt, der heute beim Mittagsgebet vom Provinzial der Oblatenmissionare in sein Amt eingeführt wird, war bereits sein Vorgänger im Amt. Wolf, der 1989 in Hünfeld seine Ordensausbildung absolvierte und 1997 in Hünfeld zum Priester geweiht wurde, wird neue Aufgaben im Kloster Mariengarden übernehmen: Das Kloster der Oblaten im westfälischen Burlo nahe der holländischen Grenze beherbergt ein Privatgymnasium für 800 Schüler und ist für die weltweite Betreuung der Oblatenmissionare zuständig. Von 1999 bis 2000 hat Wolf dort bereits sein Kirchenrechts-Studium absolviert, danach wurde er vom Orden nach Hünfeld gesandt, um dort die Jugendarbeit zu vertiefen. Das 1895 gegründete Kloster bildete bis 1971 Theologen aus und musste wegen einbrechender Berufungszahlen die hauseigene Hochschule aufgeben.
"Der Hauptzweck unseres Klosters, die Ausbildung junger Oblatenmissionare, war damals plötzlich nicht mehr gegeben. Was tun, das war die Frage. Durch ein Tagungs- und Exerzitienhaus hat sich das Kloster dann nach außen geöffnet, Glaubensvertiefung für Laien stand auf dem Programm. Als ich vom Orden im Jahr 2000 nach Hünfeld gesandt wurde, begann mit der Gründung des klostereigenen Jugendbüros etwas ganz Neues: Inzwischen gibt es eine monatliche Jugendmesse, das Jugendfestival 'Praise im Park', aber auch niedrigschwellige Angebote, die Menschen an den Glauben heranführen sollen. Dafür haben wir auch unser Tagungshaus anders strukturiert: Seit 2016 ist es möglich, dort Familienfeiern abzuhalten, Ritteressen, biblische Weinproben und Whisky-Tastings stehen auf dem Programm. Unser Erfolgsrezept ist, dass wir auf einer breiten Klaviatur spielen können: Von traditionellen Angeboten wie Predigtreihen und Lichterprozessionen bis zu kulturellen Angeboten muss alles gewagt werden, um das Evangelium auszubreiten, wie der Heilige Paulus so treffend gesagt hat", erklärt Wolf.
41 Oblatenbrüder im Alter von 25 bis 91 Jahren leben im Kloster, die Küche hat einen ausgezeichneten Ruf und beliefert auch Vereine und Schulen. "Wir sind keine hauptamtlichen Seelsorger, sondern bieten mit Tagungen und Exerzitien Zusatzangebote für Gläubige, die mehr wollen. Die Oblaten sind volkstümlich und haben den Kontakt zu den Menschen nicht verloren. Ich war immer auch für verrückte Ideen offen, um den Glauben zu vermitteln: Wenn man junge Menschen mit cooler Musik begeistern kann, ist das okay." Zum Klosterparkfest, das seit 35 Jahren stattfindet, kommen jährlich 5.000 Besucher, die neben zünftiger Musik auch einen Einblick ins Ordensleben bekommen.
Nachfolger Karl-Heinz Vogt, der heute ins Amt eingeführt wird, war von 1989 bis 2000 Novizenmeister in Hünfeld, von 2006 bis 2012 als Superior der Vorgänger Wolfs. Seit 2016 leitet er das Tagungshaus in Hünfeld, diese Aufgabe wird er vorerst weiterführen: "Der Provinzrat entscheidet, wer das Kloster leitet. Im Normalfall wird alle sechs Jahre gewechselt. Ich habe von 2012 bis 2016 das Oblatenkloster St. Rabanus Maurus in Mainz geleitet, bis es aufgegeben werden musste. Die Religiosität ist im Hünfelder Land noch sehr stark ausgeprägt, auch generationenübergreifend: In der Mainzer Gegend sind weniger Leute im Gottesdienst, zum Gespräch kommt selten jemand. Hier dagegen ist das Kloster sehr verbunden mit den Dörfern, die ehrenamtliche Unterstützung ist immer wieder überwältigend", erklärt Vogt. Pater Martin Wolf wird noch bis Ende des Jahres in Hünfeld sein. Zudem plant er, weiterhin an den Männerwallfahrten und der Walldürn-Wallfahrt teilzunehmen. (Marius Auth) +++