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Fast schon eine Institution in Alsfeld: Rosis Lädchen "Mück" feiert 40 Jahre
29.08.18 - Der 16. August 1978 vor 40 Jahren war für Rosi Mück ein ganz besonderer Tag. Da übernahm sie den 40-Quadratmeter-Laden von Familie Bastian am Alsfelder Roßmarkt. In der vergangenen Woche feierte sie ihr Jubiläum. Hunderte kamen, um ihr zu danken, mit ihr zu feiern und anzustoßen. Sprechchöre von Weitem mit "Rosi Mück, Rosi Mück" überraschten die 68-Jährige. "Ich kriege immer noch Gänsehaut, wenn ich daran denke." Ihr kleiner Kiosk "Mück" und sie gehören schon fast so zu Alsfeld, wie das Rathaus zum Marktplatz.
Schon immer ging Rosi gerne in den kleinen Kiosk-Laden in der Alsfelder Innenstadt. "Dort habe ich immer eingekauft." An einem Tag verriet ihr die Familie Bastian: Wir hören auf, der Laden wird geschlossen. "Da habe ich mir gedacht, das könnte was für mich sein." Ein kurzes Gespräch mit der Schwiegermutter, die auch gleich begeistert von der Idee war, und Rosi bewarb sich als Nachfolgerin für den Laden. "Es gab noch einen Bewerber, aber der wollte alles umbauen. Ich hab zu den Besitzern gesagt, dass ich den Laden so nehme, wie er ist." Die Familie Bastian entschied sich für die 68-Jährige - und so begann eine neue Ära.
Schon als kleines Mädchen hatte Rosi ein großes Hobby: mit ihrer Schwester verkaufen spielen. "Wir haben uns die Schürze von unserer Mama genommen und dann ging es los." Auch bei ihrer Ausbildung zur kaufmännischen Angestellten blühte die Alsfelderin auf und war voll in ihrem Element. Sie wollte nie etwas anderes machen, auch deshalb liebt sie ihren Job bis heute. Das merken ihre Kunden, die nicht nur wegen des reichhaltigen Sortimentes aus Zeitschriften, Bücher, Grußkarten, Zigaretten oder Süßigkeiten zu ihr kommen, sondern auch wegen ihrer Herzlichkeit und der Liebe zum Beruf. "Ich liebe es, unter Menschen zu sein. Nur dann fühle ich mich gut."
Egal ob Groß oder Klein - Rosi hat für jeden ein offenes Ohr. An eine Geschichte in ihrer 40-jährigen Laufbahn erinnert sie sich noch heute ganz genau: "Ein kleiner Junge stand morgens bei mir im Laden und weinte. Er hörte gar nicht mehr auf. Er hat mir erzählt, dass sich seine Eltern trennen wollen, er war ganz außer sich. Ich habe ihm dann mein Frühstück gegeben und mich um ihn gekümmert und bei der Schule angerufen. Es war herzzerreißend. Heute ist er erwachsen, hat selbst drei Kinder und kommt mich immer wieder in meinem Laden besuchen", erzählt sie stolz. Und nicht nur der kleine Junge von damals kommt sie immer wieder besuchen, auch andere Kinder, die heute groß sind und bei Rosi vor vielen Jahren ihre Kamelletüten gefüllt haben, finden immer wieder den Weg in Rosis Laden. "Das bestätigt mir, dass ich in meinem Leben nicht viel falsch gemacht haben kann. Denn wenn man zu Kindern eklig ist, kommen sie nicht wieder."
Wenn Rosi von ihrem Laden erzählt, strahlt sie über beide Backen und kommt aus dem Schwärmen gar nicht mehr raus. Doch auch sie hat harte Zeiten hinter sich, denn als "Alleinkämpferin" ist es nicht immer leicht. "Vor zehn Jahren hat es angefangen, dass viele ihrer Stammkunden gestorben sind. Vor zwei, drei Jahren war es ganz schlimm" erzählt sie. Auch das veränderte Kaufverhalten macht ihr zu schaffen. "Die jungen Leute kaufen heutzutage anders ein. Wenn sie in einem Supermarkt sind, nehmen sie dort alles mit was sie brauchen und kommen dafür nicht mehr extra in meinen Laden." Das war früher anders. Doch Rosi möchte sich von der digitalisierten Welt nicht unterkriegen lassen. Sie verzichtet auf teure Kassen, die direkt mit dem Finanzamt verbunden sind und setzt auf ihr eigenes Geschäftsmodell. Trotzdem geht sie mit dem Trend: Seit sieben Jahren gibt es in dem Kiosk auch "Coffee to go", für Kinder gibt es Kakao. "Ich versuche damit, ein paar Euro herauszuholen." Mit Tischen, Stühlen und ein paar Blumen vor dem Laden schafft sie eine Wohlfühloase für ihre Kunden, die dadurch für einen Moment dem Alltagsstress entkommen sollen.
Als am 16. August das große Jubliäum gefeiert wurde, war Rosi sprachlos für Glück. "Es waren auf einmal hunderte von Leuten da, von Groß bis Klein." 500 Häppchen hatte ihre Schwester für den Tag vorbereitet, die ganz schnell leer waren. "Es ist Wahnsinn, was ich für liebe und nette Sachen an diesem Tag erfahren habe. Ich bekomme immer noch eine Gänsehaut nach der anderen", schwärmt sie. Eine Gruppe junger Leute, die mit ihrem Schlachtruf "Rosi Mück, Rosi Mück" schon von Weitem zu hören waren, bildeten für die Alsfelderin den krönenden Abschluss eines perfekten Tages.
Ans Aufhören denkt Rosi noch lange nicht. "Ich mache einfach ein Jahr nach dem anderen und schaue, wie lange es noch geht. Ich fühle mich gut und hoffe, dass das noch lange so bleibt. Und so lange mache ich weiter." Die Kunden wird es freuen, denn sie werden Rosi auch die nächsten Jahre weiterhin treu sein. Doch wenn einmal der Tag gekommen ist, wird sie mit schweren Herzens die Türen hinter sich schließen. "Da kommen mir jetzt schon die Tränen, wenn ich nur daran denke." (Luisa Diegel) +++