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Hartmund und Gabi Eichenauer sind mit ihren Nerven am Ende - Fotos: Julius Böhm

WARTENBERG "Wir sind am Ende"

Vom Landkreis im Stich gelassen? - Lärm direkt neben Asylunterkunft

29.08.18 - Gabi und Hartmut Eichenauer sind mit ihren Nerven am Ende. Beide leiden unter Bluthochdruck, Herzrasen und Schlafstörungen, denn in der Nachbarschaft ist es häufig laut. Direkt nebenan, im Ortskern von Angersbach (Gemeinde Wartenberg), leben seit Oktober 2016 bis zu 50 Flüchtlinge in einer Gemeinschaftsunterkunft (GU). Der Vogelsbergkreis kennt das Problem, wirklich aktiv wurde er aber noch nicht. Der Vermieter darf nichts sagen.

Wenn bis zu 50 Menschen (aktuell sind es 34) auf einem Fleck leben, geht das nicht geräuschlos vonstatten. 2014 wurde das Gebäude, ehemals das Geschäft eines Raumausstatters, zwangsversteigert. Käufer war ein Alsfelder Unternehmer. Das Gebäude wurde umgebaut, um möglichst schnell Platz für viele Asylbewerber zu schaffen. In den Augen von Hartmut Eichenauer aber nur notdürftig: "Ein Ausstellungsraum ist kein Wohnhaus. Es isoliert den Schall so gut wie gar nicht."

Hartmut Eichenauer und seine Frau empfingen die Menschen mit offenen Armen, standen mit Ratschlägen bei Briefen und Formularen zur Seite und verliehen ihre Fahrräder an die neuen Nachbarn. "Ich kenne die arabische Kultur. Ich habe schon in Iran und Libyen gearbeitet und gelebt", erklärt der 67-Jährige.

Das ist der U-förmige Hof, den bis zu 50 Bewohner nutzen müssen. Eine Ausweichfläche ...

Im Sommer standen wegen der hohen Temperaturen regelmäßig die Fenster offen ...

1.200 Euro hat der Zaun gekostet. Der Besitzer der Gemeinschaftsunterkunft hat sich ...

Das Ehepaar studiert Akten, Zeitungsartikel und Mails

Hartmut Eichenauer hat inzwischen keine Lust mehr


Bis zur Versteigerung nutzte das Ehepaar den angrenzenden Hof gemeinsam mit den Nachbarn. Das Haus hat die Form eines U, der "Bauch" liegt an der Hauswand der Eichenauers. Sämtlicher Lärm, der im Hof entsteht, landet an besagter Hauswand. Und wie bereits erwähnt: Es geht nicht lautlos vonstatten, wenn 50 Menschen auf einem Fleck wohnen. Wie auch? Noch mehr Krach entsteht, wenn im Sommer wegen der Hitze die Fenster offenstehen und tagsüber mit dem Fußball gekickt wird.

Die Gemeinschaftsunterkunft liegt direkt an der Hauptstraße

Früher war dort ein Geschäft für Raumausstattung untergebracht

"Probleme waren absehbar"

Wartenbergs Bürgermeister Olaf Dahlmann hielt die Immobilie von Beginn an für problematisch: "Das Gebäude besetzt das komplette Grundstück. Bis auf den kleinen Hof gibt es keine Möglichkeit, sich im Freien aufzuhalten. Solche Probleme waren absehbar." Die Gemeinde seien aber die Hände gebunden: "Wir können nur vermitteln."

Schon vor Bezug der Unterkunft, im März 2016, hatte Hartmut Eichenauer den Besitzer per Mail kontaktiert und darum gebeten, zumindest einen Zaun zwischen den beiden Grundstücken zu errichten, damit spielende Kinder nicht durch Autos gefährdet werden. "Wenn dort Kinder einziehen, gehen wir davon aus, dass diese dort 'anständig' spielen werden", antwortete der Besitzer per Mail. Darauf wollte Eichenauer aber nicht vertrauen und errichtete den Zaun auf eigene Kosten. Seine weiteren Kontakversuche liefen ins Leere. Auf den 1.200 Euro für den Zaun ist er bis heute sitzen geblieben.

Schallschutz keine Pflicht

Der Vogelsbergkreis sagte auf O|N-Nachfrage, die GU sei nach baurechtlichen Bestimmungen unter Beachtung des Brandschutzes genehmigt worden. Anforderungen an Schallschutz habe es keine gegeben. "Der spielerische Lärm von Kindern ist keine Frage des Schallschutzes", heißt es von der zuständigen Abteilung. Die Unterkunft sei bewusst in einem Wohngebiet eingerichtet worden, um die Menschen menschenwürdig unterzubringen und die Integration zu fördern. 

Das Rentnerehepaar fühlt sich im Stich gelassen

Hartmut Eichenauer fühlt sich im Stich gelassen: "Ich habe nicht das Gefühl, dass der Landkreis unsere Sorgen ernst nimmt." Bei schwammigen Aussagen wie "Vermieter und Mieter werden auch weiterhin gemeinschaftlich die Probleme, die das nachbarschaftliche Verhältnis betreffen, lösen", ist das kein Wunder. Nachbarn bestätigen regelmäßigen Lärm und können verstehen, dass die Eichenauers am Ende sind.

Alle Verantwortung bei den Ehrenamtlichen

Mehrere Ehrenamtliche sind rund um die GU aktiv und versuchen, die derzeit 34 Bewohner im Alltag zu unterstützen. Darauf beruft sich der Vogelsbergkreis auch, wenn es um die Vermittlung nachbarschaftlicher Grundregeln geht. Dieser Einsatz reicht offenbar nicht aus. Wie Bürgermeister Olaf Dahlmann verriet, plane die Gemeinde zusammen mit der Polizei einen Vor-Ort-Termin, bei dem alle Regeln in Sachen Lautstärke gründlich besprochen werden sollen.


Im Gräßteweg wurde von der Gemeinde eine Begegnungsstätte eingerichtet. Im ehemaligen Gemeindesaal der mittlerweile geschlossenen katholischen Kirche betreuen Ehrenamtliche verschiedene Angebote. Zudem befindet sich neben dem Gebäude eine Rasenfläche, auf der Kinder spielen können. "Grundsätzlich ist die Unterkunft im Ortskern genau richtig gelegen. So werden die Bürger jeden Tag mit dem Thema konfrontiert", meint Dahlmann, "problematisch ist die Immobilie aber weiterhin." (Julius Böhm) +++


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