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Der alte Mann und das Meer - Die Kraft der Worte in Bilder und Musik übersetzt
28.08.18 - Ernest Hemingways Novelle „Der alte Mann und das Meer“ in einer Bühnenfassung ist eines jener mutigen Projekte, wie man sie aus Bad Hersfeld kennt. Gestern war Premiere auf der kleinen Bühne im Schloss Eichhof mit dem großen Horst Janson in der Titelrolle. Alles andere als ein Ein-Mann-Stück erwartet die Zuschauer, vielmehr hat die Inszenierung Jens Hasselmanns, wie sie bereits vor acht Jahren auf Rügen uraufgeführt wurde, fast Musicalcharakter. Wie könnte man Zeit- und Lokalcholorit Kubas der 50er Jahre, wo die Novelle entstand, besser transportieren, als mit der Musik Kubas und einer Liveband. Dezent und zugleich charakteristisch stimmt das Quartett mit Jens Hasselmann (Gitarre), Michael Hermann (Kontrabass), Ralf Wüstneck (Akkordeon) und Diogenes Nodarse (Percussion, Gesang) das Publikum auf das Stück ein und begleitet danach die Szenen musikalisch.
Allein geht Santiago auf die Fahrt mit seinem Fischerboot, und als ein riesiger Schwertfisch anbeißt, ist dies seit langem sein erster Fang. Aber noch immer steckt der alte Santiago voller Lebenskraft und ist bereit dem Fisch Respekt zu erweisen und den Kampf aufzunehmen.
Jansons jugendlicher Charme, den er sich auch im Alter bewahrt hat, ist tragend für seine Rolle und baut die Brücke zu dem Jungen Manolo (Romeo Hinkel), der den Alten umsorgt und verehrt, auf seiner Fahrt jedoch nicht begleiten darf. So ist Santiago auf sich allein gestellt und bietet alle seine Kräfte auf, um dem riesigen Schwertfisch einen würdevollen Kampf zu liefern. Kraftvoll und ohne Brutalität ringt der alte Fischer mit dem Fisch, kommt ihm nah, versetzt sich in seine Lage, nimmt fast liebevoll Kontakt mit ihm auf.
Das Glück des Fangs kehrt sich schließlich ins Gegenteil, als Haie die Beute fressen und der alte Fischer nur mit dem Gerippe des Schwertfischs in den sicheren Hafen zurückkehrt. Santiago bleibt glücklos, doch seine Würde hat er nicht verloren, denn sie ist nicht vom Glück abhängig, ebenso wenig wie die Anerkennung und Zuneigung des Jungen Manolo.
Die Kraft der Worte Hemingways in ihrer klaren Direktheit werden in der Inszenierung wirkungsvoll in szenische Bilder und Musik übertragen, doch bleibt die Wortkraft mit der Rolle der Barfrau (Marie-Luise Gunst) als Erzählerin auch sprachlich erhalten. Als Sängerin überzeugt die Barfrau mit vergleichbarer Klarheit und Kraft und lenkt dabei doch nie den Fokus von der zentralen Rolle des alten Manns ab. Horst Janson als Fischer in seinem Boot stehend mit dem Schwertfisch ringend, ein Bild, das in Erinnerung bleiben wird. Sieben Aufführungen wird es insgesamt im Schloss Eichhof geben, wenige Gelegenheiten, die man sich nicht entgehen lassen sollte. (Klaus Scheuer)+++