Archiv

02.01.09 - GREBENAU

Jürgen ACKERMANN dienstältester Bürgermeister im Gründchen - Wechselvoll

Wenn Jürgen Ackermann am heutigen Freitag Morgen das Gitter zur Stadtverwaltung Grebenau aufschließt, wird dies kein Tag wie jeder andere - der 55-jährige Rathauschef ist mit Beginn des Neuen Jahres der dienstälteste Bürgermeister seit Bestehen der Gebietsreform 1973. Er stellt damit den Rekord seines Amtsvorgängers Wilfried Rosenkranz ein, der von 1973 bis Ende 1990 18 Jahre lang die kleine Stadtverwaltung angeführt hatte.

Als der damals 37-jährige stellvertretende Amtsleiter des Revionsamtes Gießen ins Gründchen wechselte, waren ihm die Grebenauer Verhältnisse schon annähernd bekannt. Bei der Verabschiedung des scheidenden Bürgermeisters in der letzten Parlamentssitzung im Dezember 1990 verließen viele Stadtverordnete den Raum, um damit ihr Missfallen am Rathauschef auszudrücken. Hätte Ackermann allerdings geahnt, was in den folgenden 18 Jahren noch alles auf ihn zukommt, er wäre sicher weniger zuversichtlich „ans Werk gegangen“. Als große und inzwischen umgesetzte Projekte sieht der Rathauschef den Bau der Kläranlage in Wallersdorf sowie die Anbindung fast aller Stadtteile durch große Kanal-Sammler-Leitungen. Es wäre nicht der „wilde Osten“ des Vogelsbergkreises, wenn es darüber keinen Streit gegeben hätte. Vehement versuchten damals Stadtverordnete , eine so genannte Druckleitung im Stadtteil Schwarz zu verhindern - vergebens, Ackermann setzte sich durch und konnte Parlament wie Aufsichtsbehörden eine erhebliche Ersparnis von umgerechnet über 120.000 Euro nachweisen.

Der Bau von Bürgerhäusern prägte gleichfalls die lange Arbeit an der Spitze des Magistrats, das Kiebitzhaus in Wallersdorf, die Auerberghalle in Schwarz und das Gemeinschaftshaus in Reimenrod sind während der Amtszeit von Ackermann gebaut und eingeweiht worden. Baugebiete entstanden in Wallersdorf, Schwarz, Reimenrod und Grebenau, Ortsstraßen in Reimenrod, Schwarz ,Eulersdorf und Grebenau zeigen heute eine wesentlich verbesserte Infrastruktur gegenüber den beruflichen Anfangsjahren. „Dabei kam auch öfters der Zufall zu Hilfe: Nur durch einen Brand in der Dorfmitte Eulersdorf konnte die Dorferneuerung angeschoben und ein sehenswerter Dorfplatz geschaffen werden“, erinnert sich der „Rekordbürgermeister“ im Gespräch mit ON. In seine lange Amtszeit fällt auch das Ablassen und Wiederanstauen des Schwarzenbachteiches, „ein 15 Jahre währender Kampf“, vor allem mit den Behörden, ging vor drei Jahren erfolgreich zu Ende. Dorferneuerungen in Udenhausen und Eulersdorf wurden von ihm jahrelang begleitet, eine weitere steht für Wallersdorf an.

Politische Kapriolen begleiteten den Weg des Jubilars, kaum ein Jahr im Amt, wurde gegen ihn ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Der Vorwurf: Er habe einen Feldweg für 2.500 Euro ohne parlamentarische Beteiligung veräußert. Schnell war den Initiatoren allerdings klar, dass man damit beim Landrat nicht durchkommen würde, die Stadtverordneten stellten das Verfahren wieder ein. Damit war aber der Auftakt gemacht für jahrelange Streitereien, bis heute 96 Aufsichtsbeschwerden, Strafverfahren und schließlich einer Abwahl im Herbst 1995 durch die Stadtverordnetenversammlung zeigen dies auf. Knapp vier Monate später wählten die Bürger Ackermann direkt wieder ins Amt, ein hessenweit einmaliger und wegen geänderter Wahlvorschriften nicht mehr wiederholbarer Vorgang.

Nachdem der Grebenauer Bürgermeister seine Position als Rathauschef weitgehend gefestigt hatte, wurden auch im Kreis Aufgaben an ihn übertragen, mehrere Jahre war er Fraktionsvorsitzender der Kreistags-SPD und ist bis heute einer der Stellvertreter von Kreistagsvorsitzenden Ulrich Künz. Im Zweckverband Abfallwirtschaft (ZAV) wird er ab diesem Jahr der Verbandsversammlung vorstehen, seit fünf Jahren ist er ferner Sprecher der Bürgermeister im Kreis.

Für hessenweites Aufsehen sorgte die kleine osthessische Gemeinde allerdings, als Ackermann seinen Anzug gegen den „Bauhof-Blaumann“ eintauschte, das Praktikum mit den städtischen Arbeitern wurde in vielen Fernseh-Sendern übertragen. War die Wiederwahl 2001 ohne Gegenkandidaten ein „Kinderspiel“, hat die jüngste Bürgermeisterwahl im August 2007 bei allen Beteiligten harte Spuren hinterlassen. Dennoch konnte sich der Amtsinhaber zum zweiten Mal gegen einen christdemokratischen Herausforderer durchsetzen und wurde in seine 4. Amtsperiode bis Anfang 2014 gewählt.

Was den politischen Gegnern und Mitbewerbern bisher nicht gelungen war, hätte Ackerman beinahe selbst erledigt - das Ende seiner beruflichen Karriere. Mit einem Billig-Fahrrad raste er Anfang 2005 zwei steile Straßen ungebremst Richtung Dorfmitte, überquerte dabei Hauptverkehrsstraßen und kam kopfüber in einem Vorgarten zum liegen, „zwei Meter weiter links, und mit Rente wäre nichts mehr gewesen“, erinnert sich Ackermann lachend an das karnevalistisch aufgearbeitete „Radkunststück“. In der Folgezeit stellte der „Computerfreak“ seine Kenntnisse in den Dienst der Sache, er produzierte ein elektronisches Heimatbuch mit vielen Daten, Berichten und Bildern der vergangenen 18 Jahre. Die so genannten Gründchen-Geschichten waren zum Ende des Jahres 2006 in kürzester Zeit ausverkauft und brachten eine gute Spendensumme für die heimischen Fördervereine zustande.

Es wäre nicht Grebenau, wenn man nach der jüngsten Bürgermeisterwahl zur Tagesordnung übergegangen wäre. Im Oktober 2007 erklärte eine Mehrheit von CDU und FWG im Stadtparlament die Bürgermeisterwahl für ungültig, nachdem sie ihre eigenen Einsprüche für schlüssig befunden hatten. Der Gang zum Gericht war logische Folge, am 10. März 2008 verkündete das Verwaltungsgericht Gießen: „Die Bürgermeisterwahl ist gültig“.

Ob Jürgen Ackermann, wenn er in seinem Amtszimmer heute Morgen den Computer anschaltet, Zeit hat, sich wegen der Vergangenheit allzu viele Gedanken zu machen, kann bezweifelt werden, eine Menge an aktueller Arbeit wartet auf ihn und seine Mitstreiter. „Wir müssen einen doppischen Haushalt vorbereiten, die Eigenkontrollverordnung umsetzen, das Gemeinwesen am Laufen halten. Wie vor 18 Jahren bereitet er eine Einladung zu der inzwischen 219. Magistratssitzung vor - es wird sicher nicht seine letzte sein.+++

Über Osthessen News

Kontakt
Impressum

Apps

Osthessen News IOS
Osthessen News Android
Osthessen Blitzer IOS
Osthessen Blitzer Android

Mediadaten

Werbung
IVW Daten


Service

Blitzer / Verkehrsmeldungen Stellenangebote
Gastro
Mittagstisch
Veranstaltungskalender
Wetter Vorhersage

Social Media

Facebook
Twitter
Instagram

Nachrichten aus

Fulda
Hersfeld Rotenburg
Main Kinzig
Vogelsberg
Rhön