Werk Werra feiert seinen Nachwuchs: "Bergbau ist nicht eines Mannes Sache"

21.09.18 - Alles beginnt am 15. Mai 1928: Die einstige Kesselbude auf der Schachtanlage in Heringen (Werra) wird zur Lehrwerkstatt umfunktioniert. Junge Menschen ergreifen die Chance, sich zu Bergleuten ausbilden zu lassen. „Mein Gott, was soll aus dieser Jugend nur werden?!“, stöhnt entnervt ein Ausbilder. Eine ganze Menge, was das Werk Werra der K+S Kali GmbH seit nunmehr 90 Jahren unter Beweis stellt.

Das Werk Werra der K+S Kali GmbH feiert 90 Jahre Ausbildung. Fotos: Stefanie Harth

Volles Haus bei der Feierstunde in der Philippsthaler Kreuzberghalle.

Bastian Siebert (li.), Geschäftsführer der K+S Kali GmbH, und Werkleiter Martin ...

Anlagenmechaniker, Bachelor of Engineering, Bergbautechnologen, Chemikanten, Chemisch-technische Assistenten, Elektroniker für Betriebstechnik, Industriemechaniker und Kfz-Mechatroniker werden am Philippsthaler Standort ausgebildet. Teamwork und ein gutes Arbeitsklima werden großgeschrieben. K+S begreift laut eigenen Angaben die praxisorientierte Lehrzeit als wichtige Investition in die Zukunft.

90 Jahre Ausbildung am Werk Werra: für das Unternehmen ein Grund zum Feiern. Azubis, Mitarbeiter, Führungsriege, treue Wegbegleiter aus dem Umfeld des größten Salzproduzenten der Welt sowie Vertreter aus Schulen, Behörden und Politik haben den Weg in die Kreuzberghalle gefunden. Die Bergmannskapelle und der Steigerchor spielen auf.

Die beiden heimischen Landtagskandidaten der CDU, Andreas Rey und Lena Arnoldt. ...

Waldemar Dombrowski (re.), Leiter der Arbeitsagentur Bad Hersfeld-Fulda. ...

„Uns ist eine gute Ausbildung wichtig“, bekräftigt Ausbildungsleiterin Kerstin Staudtmeister. „Nach den Lehrlingsjahren sollen die jungen Menschen in der Lage sein, direkt in ihren Job einzusteigen – das ist uns bislang gelungen.“ Bergbau sei nicht eines Mannes Sache, Ausbildung auch nicht, sagt Werkleiter Martin Ebeling. „Für die Zukunft brauchen wir Azubis, an die wir unser Wissen weitergeben, um unseren Fortbestand zu sichern.“

Die Qualität der Ausbildung streicht Philippsthals Bürgermeister Ralf Orth heraus, um gleichzeitig zu untermauern: „Ich bedanke mich, dass Sie hier sind – und dass Sie noch hier sind, und dies unter teilweise schwierigen Bedingungen. Das ist nicht selbstverständlich.“

90 Jahre, das sei eine verdammt stolze Zeit, meint Bastian Siebert, Geschäftsführer der K+S Kali GmbH. „Wer 90 Jahre alt wird, musste sich stetig dem Wandel anpassen – das führt zur geistigen Beweglichkeit.“ Gute Bedingungen, Anpassungsfähigkeit, Erfahrung und Stabilität seien tragende Säulen. Mit einer Ausbildung sei eine gute und fundierte Basis für die Zukunft gelegt. „Man sieht der alten Dame namens ,Ausbildung' das Alter nicht an“, sagt Siebert.

K+S hätte die Zeichen der Zeit erkannt, betont Erste Kreisbeigeordnete Elke Künholz. Über 200 Neuanstellungen im Bereich Ausbildung würden belegen, dass K+S dem Fachkräftemangel entschlossen entgegentrete. „K+S hat agiert und reagiert, sich vernetzt und innovative Ideen entwickelt.“

Aus dem Nähkästchen plaudern fünf ehemalige Azubis: Christina Kuliberda, Tanja Bode, Bernd Gorski, Torsten Bauer und Tino Kister bekleiden mittlerweile leitende Positionen in der K+S-Familie. „Bergbau, das war keine Liebe auf den ersten Blick“, beichtet Torsten Bauer. „Es ist eher eine gereifte Liebe.“ Hinter seiner Karriere stecke keine Planung, verrät Tino Kister. „Ich habe das auf mich zukommen lassen und die Chancen, die sich aufgetan haben, beim Schopf ergriffen.“

Zurück zu den Wurzeln, zurück ins Jahr 1928: Die Deutsche Reichsbahn bietet mit dem Fahrplanwechsel ihren Kunden keine vierte Wagenklasse mehr an, um höhere Einnahmen zu erzielen. Alexander Fleming entwickelt die antibakterielle Substanz Penicillin. Die „Dreigroschenoper“ von Kurt Weill und Bertolt Brecht wird in Berlin uraufgeführt. Max Schmeling verteidigt durch einen K.-o.-Sieg über den Italiener Michele Bonaglia seinen Titel als Europameister im Halbschwergewicht. Die Kesselbude auf der Schachtanlage in Heringen (Werra) verwandelt sich in eine Lehrwerkstatt. (Stefanie Harth) +++