Archiv
Deutsch für alle oder Assimilation? Sechs Landtagskandidaten zur Integration
24.10.18 - Wie stehen die regionalen Landtagskandidaten zu den Themen Integration und Rechte geflüchteter Menschen? Bei der Podiumsdiskussion im "Welcome In Wohnzimmer" in der Robert-Kircher-Straße am Montagabend diskutierten Philipp Ebert (SPD), Markus Hofmann (Bündnis 90/Die Grünen), Nick Papak Amoozegar (Die Linke), Sibylle von Brunn (FDP, für Jürgen Lenders), Thomas Hering (CDU) - und Jens Mierdel (AfD).
Organisiert wurde die Veranstaltung von "Welcome In" und der Fuldaer Gruppe von Amnesty International. Der Offene Kanal Fulda übertrug die Veranstaltung live auf Facebook. Der Andrang im "Wonhzimmer" war so groß, dass weitere Sitzplätze im Studio ums Eck angeboten wurden, wo die Diskussion auf der Leinwand live verfolgt werden konnte. Einer der Gründe für den Andrang: Jens Mierdel aus Neuhof, Landtagskandidat im Wahlkreis 14 für die AfD, war eingeladen worden. Moderiert wurde der Abend von Hermann Diel, diskutiert wurde zu den Themenkomplexen "Ankerzentren und Abschiebungen von Flüchtlingen", "Integration und Ehrenamt", "Wohnungssproblematik" sowie "Zugang zu Bildung und Arbeit".
In Ankerzentren sollen Flüchtlinge unterkommen, bis sie auf die Kommunen verteilt sind oder in ihre Herkunftsländer zurückgeführt worden sind. Soll es auch in Hessen ein Ankerzentrum geben? Auf keinen Fall mit den Linken, meinte Amoozegar. Ebert pflichtete bei: Die Argumentationslinie der Gewerkschaft der Polizei sei überzeugend, Ankerzentren seien Internierungszentren. Mierdel sprach für die Zentren: Dort sollten Menschen ohne Asylgrund untergebracht werden, Selbstorganisation und Unterhaltungsmöglichkeiten vor Ort könnten den Einrichtungen die Schärfe nehmen. Sibylle von Brunn, die für Jürgen Lenders gekommen war, meinte, eine Erstaufnahmeeinrichtung, etwa in Gießen, sei sinnvoll als zentraler Ort für die zügige Untersuchung und Abarbeitung der Fälle. Hofmann versicherte, mit den Grünen werde es keine Ankerzentren geben - "ich mag keine Ghettos."
Am Konzept Integration monierte Mierdel, dass durch Beibehalten des Gruppencharakters der Neuankömmlinge Parallelgesellschaften entstehen könnten - und schlug zur Verwunderung des Publikums die Inklusion, bei der Vielfalt und Heterogenität noch stärker respektiert werden, als Alternative vor, um auf Werte und Normen der Gesellschaft besser einschwören zu können. Bevorzugt werde von der AfD aber die Assimilation: Wer herkommt, solle früher oder später werden wie die Einheimischen, was den Wertekanon betrifft. Ebert vermutete, dass mit dem Begriff "Assimilation" eine Leitkulturdebatte losgetreten werden soll, bei der Neuankömmlinge ihre Heimatkultur letztlich aufgeben sollen.
Bei der Frage, ob und wie man bei den Integrationsbemühungen differenzieren solle, schieden sich die Geister: Hering meinte, das "Schubladendenken" dürfe nicht verteufelt werden - wer nach eingehender Prüfung nicht bleiben dürfe, müsse abgeschoben werden, allein um die verfügbaren Ressourcen zu entlasten. Wer keine Gründe vorweisen kann, müsse abgeschoben werden, so Mierdel - Integrationskurse solle es nur für diejenigen geben, die auch bleiben könnten. Von Brunn dagegen verteidigte Sprach- und Kulturkenntnisse auch für kurzfristige Aufenthalte - Deutschland könne langfristig davon profitieren. Hofmann, Amoozegar und Ebert sprachen sich für Integrationsbemühungen und Sprachkurse für alle Neuankömmlinge aus - "Intensivkurse selbst für unsichere Fälle sind auch eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung", so Ebert.
In Kooperation mit dem Offenen Kanal Fulda wurden Themenvideos für den Abend produziert, unter anderem zur Wohnungsproblematik für Menschen mit Migrationshintergrund in Fulda. Darin schilderten Interviewpartner, dass schon bei der Frage nach dem Lohnbescheid häufig Schluss sei, Familien mit Kindern hätten es zudem schwer, entsprechend dimensionierte Wohnungen zu bekommen. Ob eine Quote in Hessen Abhilfe schaffen könnte, wollte Moderator Diel wissen. Amoozegar meinte, es müsse grundsätzlich auf ein hessisches Antidiskriminierungsgesetz hingewirkt werden, Ebert, Hering und von Brunn argumentierten, dass eine Quote bei öffentlichen Immobilien Sinn machen würde. Mierdel lehnte grundsätzlich ab, Hofmann gab zu bedenken, dass angesichts der Gleichheit der Menschen eine Quotierung keinen Sinn machen würde. (Marius Auth) +++