Archiv
Der Angeklagte Rick J. wird in den Gerichtssaal geführt... - Fotos: Luisa Diegel

BOBENHAUSEN / GIESSEN Gutachter sagt aus

Mordfall Johanna Bohnacker: Angeklagter Rick J. ist voll schuldfähig

01.11.18 - Seit April dieses Jahres beschäftigt der Mordfall um die damals achtjährige Johanna Bohnacker das Landgericht in Gießen. In zig Prozesstagen wurde der Angeklagte Rick J., Gutachter und Zeugen vernommen. Am zweitletzten Verhandlungstag wurde das psychologische Gutachten von dem Sachverständigen S. verlesen. Demnach ist der Angeklagte strafrechtlich voll verantwortlich für seine Tat.

In elf Gesprächen mit Rick J. untersuchte der Gutachter ausführlich die Aussagen. Von Beginn an wirkte der Angeklagte bereitwillig. "Ich will Ihnen alles erzählen", sagte er. Bei den ersten Gesprächen habe er noch etwas unsicher gewirkt, da er seine Unterlagen noch nicht dabei gehabt habe, dann aber sei er perfekt vorbereitet gewesen. "Er hatte einen Fahrplan." Auffällig war, dass der Angeklagte den Tattag auf den letzten Termin verschoben hatte. "Der Tag bedeutet für mich eine psychische Belastung", soll er dem Gutachter S. gesagt haben. "Er redete locker über seine sexuellen Beziehungen mit lebhafter Mimik und Gestik. Es war eine sehr sexualisierende Sprache. Normal haben Leute starke Hemmungen bei diesem Thema, das war bei ihm komplett anders."

Beim letzten Termin schilderte Rick J. noch einmal den Tattag. Schon bei seiner gerichtlichen Aussage im Mai gab es Widersprüche in seinen Aussagen zu der polizeilichen Vernehmung. Und auch der Gutachter konnte bei den Gesprächen einige Unstimmigkeiten feststellen. Beispielsweise redete J. nicht mehr über LSD, das er angeblich am Tatmorgen zu sich genommen hatte, sondern von einer anderen Droge. Auch ob er das Chloroform, mit dem er Johanna betäubt hatte, auf seinen Ärmel oder auf ein Tuch getan hatte, wusste er auf einmal nicht mehr genau.

Fotos: Luisa Diegel

Der Fall sorgt bundesweit für hohes Medieninteresse.

Dem Gutachter sagte er, dass er bis heute seine Tat nicht verstehe. Immer wieder spricht er von dem "unglückseligen Ort", an dem er Johanna damals entdeckte. Er sei gefrustet gewesen, nachdem er stundenlang mit dem Auto unterwegs gewesen sei, und keine Mädels gesehen habe, die ihn angemacht haben. "Er sagte, dass er Johanna auf den Bildern gar nicht wiedererkannt habe, sie sei eine Art Phantasievorstellung von ihm gewesen sei." Immer wieder redete er nur von sogenannten "Blitzlichtaufnahmen", weil er sich nicht mehr genau an den Tattag erinnern könne. Für das Gericht eine widersprüchliche Aussage, da sich J. andererseits an viele kleine Details erinnern kann, beispielsweise ob er links oder rechts abgebogen ist und wie viele Kilometer er mit Johanna im Kofferraum in den Wald gefahren ist.

Ich habe etwas getan, was ich noch nie davor und auch nie danach getan habe - ich habe einem Menschen Schaden zugefügt", soll er dem Gutachter gesagt haben. Das deckt sich jedoch nicht mit seiner kriminellen Vorgeschichte -mit 17 Einträgen im Vorstrafenregister. Schon im Jahre 1993 überfiel er eine Achtjährige, stahl aus einem Auto ein BH. Auch durch sein Drogenkonsum fiel er immer wieder auf. Der Gutachter diagnostiziert ein "überdurchschnittlich gutes" Erinnerungsvermögen. Auch von einem fotografischen Gedächtnis soll Rick J. bei den Gesprächen erzählt haben, was er sich durch die vielen Drogen jedoch zerstört haben soll.

"Es sind keine psychiatrischen Störungen feststellbar. Er ist voll strafrechtlich verantwortlich", so der Gutachter. Trotzdem ist er psychisch nicht völlig unauffällig. Schon im frühen Kindesalter kamen die ersten sexuellen Auffälligkeiten. "Er sagte zu mir, dass er ein Busenfetischist ist", so der Gutachter. Auch über die vielen sexuellen Beziehungen zu jüngeren und älteren Frauen, aber auch zu Männern sprach J. ganz offen und ging ins Detail. "Eigentlich zeigt man da keinen moralisierenden Zeigefinger, aber in diesem Fall lassen sich ausgeprägte Abnormitäten feststellen.

Staatsanwalt Thomas Hauburger

Das Gericht am Mittwoch

Rückblick: Der Fall Johanna Bohnacker

Gabriele Bohnacker, die Mutter von Johanna, tritt als Nebenklägerin auf. ...

Am 2. Dezember 1999 wurde die damals 8-jährige Johanna Bohnacker Opfer eines Gewaltverbrechens. Im April 2.000 fanden Spaziergänger in einem Wald an der Autobahn bei Alsfeld-Lingelbach (Vogelsbergkreis) Knochen und Kinderkleidung von dem Mädchen. Neben den Kleidern fanden die Ermittler ein Stück Klebeband, mit dem Johanna gefesselt wurde - und auf genau diesem Band fanden Kriminaltechniker den entscheidenden Abdruck. Doch jahrelang fehlte von Johannes Mörder jede Spur. Bis am 26. Oktober 2017, 18 Jahre nach dem Verschwinden, der 41-jährige Rick J. in Friedrichsdorf (Taunus) festgenommen wurde.

Ihm wirft die Anklage vor, die achtjährige Johanna Bohnacker im Jahr 1999 entführt und anschließend getötet zu haben. Die Anklage lautet auf Mord, sexuellen Missbrauch und Vergewaltigung eines Kindes mit Todesfolge sowie Besitz kinderpornografischer Schriften. (Luisa Diegel) +++


Über Osthessen News

Kontakt
Impressum

Apps

Osthessen News IOS
Osthessen News Android
Osthessen Blitzer IOS
Osthessen Blitzer Android

Mediadaten

Werbung
IVW Daten


Service

Blitzer / Verkehrsmeldungen Stellenangebote
Gastro
Mittagstisch
Veranstaltungskalender
Wetter Vorhersage

Social Media

Facebook
Twitter
Instagram

Nachrichten aus

Fulda
Hersfeld Rotenburg
Main Kinzig
Vogelsberg
Rhön