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- Fotos: Luisa Diegel

BOBENHAUSEN / GIESSEN "Dreistigkeit, die ich noch nie erlebt habe"

Mordfall Johanna Bohnacker: Rick J. zu lebenslänglicher Haft verurteilt

20.11.18 - Seit dem 21. April sorgte der Mord an der damals achtjährigen Johanna Bohnacker vor dem Landgericht in Gießen für viel Aufsehen. Ein dreiviertel Jahr nach dem Prozessauftakt sprach das Gericht am Montagmorgen das Urteil: Der Angeklagte Rick J. wurde zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Die Richter stellten außerdem die besondere Schwere der Schuld fest. Der Anklagte wurde des Mordes, versuchter sexueller Nötigung und Besitz kinder- und jugendpornografischer Daten schuldig gesprochen.

Staatsanwalt Thomas Hauburger

Die Richterin beschreibt die Taten des J. als "grauenhaft, entsetzlich und unfassbar". Vor allem die 29 Umwicklungen mit dem Paketklebeband um Johannas Kopf seien völlig lebensfremd. "Hier wurde das Paketklebeband zum Mordwerkzeug." Die Aussagen des Verurteilten seien laut Gericht bloße Schutzbehauptungen, "also umgangssprachlich bloße Lügen". Immer wieder hat J. in dem Prozess widersprüchliche Aussagen gemacht, die nicht mit denen aus der polizeilichen Vernehmung oder mit den Gesprächen des Gutachters übereinstimmten. "Es ist überdeutlich, dass er sich immer wieder an die Situation angepasst hat. Er redet sich heraus, beschönigt seine Taten. Das ist eine Dreistigkeit, die ich noch nie erlebt habe. Er hat Johannas Tod billigend in Kauf genommen." Der Anwalt von J., Uwe Krechel, ist mit dem Urteil nicht zufrieden, er möchte in Revision gehen.

Johannas Mutter, die als Nebenklägerin auftritt, zeigte sich nach dem Urteilsspruch erleichtert. "Das Urteil ist so, wie ich es mir erhofft habe, die höchste Strafe war das Ziel. Mir geht es jetzt besser als noch vor einer Woche. Abschließen kann ich damit nie, ich habe ein Kind verloren", erzählt sie nach der Verhandlung.

Die besondere Schwere der Schuld stellte das Gericht wegen der kriminellen Intensität, der Hartnäckigkeit und der Tatausführung fest. "Die Tat ereignete sich auf offener Straße, Johanna war ein Zufallsopfer."

Johannas Mutter

Das Medieninteresse war auch bei der Urteilsverkündung am Montagmorgen am Gießener ...

Eineinhalb Wochen zuvor wurden die Plädoyers verlesen. Die Anklage lautete auf Mord, die Verteidigung plädierte auf Totschlag. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass das Mädchen erstickte, als Rick J. ihr mit Klebeband das Gesicht umwickelte. "Es war Mord, kein Unfall", ist sich Staatsanwalt Hauburger sicher. Auch Johannas Mutter sagte in ihrer Abschlussrede, dass sie den Verurteilten als "gescheiterte Existenz" sehe, der sich an ihrer Tochter vergriffen habe.

Rückblick: Der Fall Johanna Bohnacker

Im Jahre 1999 wurde die damals achtjährige Johanna Bohnacker Opfer eines Gewaltverbrechens. Im April 2.000 fanden Spaziergänger in einem Wald an der Autobahn bei Alsfeld-Lingelbach (Vogelsbergkreis) Knochen und Kinderkleidung von dem Mädchen. Neben den Kleidern fanden die Ermittler ein Stück Klebeband, mit dem Johanna gefesselt wurde - und auf genau diesem Band fanden Kriminaltechniker den entscheidenden Abdruck. Doch jahrelang fehlte von Johannas Mörder jede Spur. Bis am 26. Oktober 2017, 18 Jahre nach dem Verschwinden, der 41-jährige Rick J. in Friedrichsdorf (Taunus) festgenommen wurde.

Einen Tag später gaben die Behörden im Rahmen einer Pressekonferenz weitere Details bekannt. Sprecher der Staatsanwaltschaft Gießen, Thomas Hauburger und Leiter der Sonderkommission Johanna, Roland Fritsch, gaben damals erste Einblicke in die Ermittlungen. Auf die Spur des Verdächtigen kam die Polizei, nachdem der Angeklagte 2016 in einem Maisfeld im Raum Nidda sexuell motivierte Fesselungsspiele mit einem 14-jährigen Mädchen verübte - und diese erinnerten an den Fall Johanna. Auch die Fingerabdrücke stimmten mit denen überein, die damals auf dem Klebeband gefunden wurden. Außerdem habe die sogenannte "Jetta-Spur" eine herausragende Bedeutung, da ein VW Jetta am Entführungstag beobachtet wurde. Der jetzt Verurteilte hat ein solches Auto zur Tatzeit gefahren.

Bei Rick J. wurden 236 Datenträger, 120 Videokassetten - insgesamt 17 Millionen Dateien, davon sechs Millionen Bild- und Videodateien gefunden. Auch auf den Datenträgern wurden beweisrelevante Daten im Fall Johanna gefunden. Zum Täter ist bekannt, dass er ledig, kinderlos und ohne Arbeit gelebt habe. Bei den Dateien, die die Ermittler bei dem Festgenommenen gefunden haben, handelt es sich um Kinderpornografie. (Luisa Diegel) +++


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