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19.01.09 - Bad Neustadt
„Dafür hat man Winter“ - Bürger nehmen Frostperiode gelassen - Tipps
Der Winter hatte die Bundesrepublik so richtig fest im Griff. Nach etlichen klirrend kalten Nächten bleiben selbst die Tage noch ungewöhnlich frostig und bibberkalt. Während das Hoch „Angelika“ die Bundesrepublik Deutschland fest im eisigen Griff hält, wollte rhoen-aktuell wissen, wie die Bürger damit umgehen. „Warm anziehen“, so die einhellige Antwort aller Befragten, und das im wahrsten Sinn des Wortes. Ansonsten scheinen die Bürger überraschend gelassen mit den Temperaturen umzugehen. Es gebe kein schlechtes Wetter sondern höchstens unangepasste Kleidung, so die weit verbreitete wie lapidare Meinung.
Ralf Freund aus Windshausen beispielsweise trägt seit 16 Jahren tagein und tagaus die Post in Bad Neustadt aus. Und das bei jedem Wind und Wetter. Obgleich den ganzen Tag im Freien unterwegs habe er keinerlei Probleme. Das Wetter ändere sich doch stetig. Damit müsse man nun mal leben und er persönlich könne das sehr gut.
Marianne Lange (Löhrieth) zählt zu den Zeitungsausträgerinnen, die morgens schon sehr früh unterwegs sind. „Kein Problem“, erklärt sie. „Wenn die Kleidung stimmt, kann es so kalt sein wie es will. Wer übers Wetter schimpft, hat sonst wohl keine Probleme.“
„Dafür hat man Winter“
Reinhold Roth arbeitet heuer bereits im vierten Jahr für die Eisbahn im Herzen von Bad Neustadt: Schlittschuhe ausgeben, Eisbahn räumen, eben alles, was damit anfällt. In den vergangenen Jahren war er stets beim Auf- und Abbau mit dabei, das kann er heuer aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr. Warme Kleidung empfiehlt er. Während seine Bude morgens beim Aufschließen wirklich kalt sei, könne er sich dafür so richtig an der mittäglichen Sonne freuen. Regen wäre weitaus schlimmer, weil der eher depressiv mache. Dass es derzeit so kalt ist, sei nicht ungewöhnlich. „Dafür hat man Winter.“
Auch Julian Meder ist an der Eisbahn in Bad Neustadt beschäftigt und hilft dort, wo gerade Not am Mann ist. Wenn man sich zwischendurch mal irgendwo aufwärmt, klappe das schon prima. Jetzt irgendwo im warmen Süden sein und Urlaub machen wäre schon schön, träume er gelegentlich. Aber so schlimm sei die Kälte nun auch wieder nicht.
Hartgesottene wie Christel Lux finden auch bei 20 Grad minus und früh morgens um sechs noch Muße zum Joggen. „Es gibt so wunderbare Bekleidung, da macht die Kälte überhaupt nichts aus.“ Zweckdienliche Kleidung ist auch für Peter Kromer das tägliche A und O, denn seine Bratwurstbude am Marktplatz bleibt durch das stets geöffnete Kundenfenster eisig kalt.
Mike Flossmann kommt als Koch schon mal richtig ins Schwitzen. In den vergangenen Wochen war er abwechselnd mit einem Kollegen am Imbissstand auf dem Marktplatz beschäftigt. Dort ist derzeit so richtig eisig, was ihn aber nicht weiter stört. Die Bundeswehrzeit liege noch nicht allzu lange hinter ihm und von dieser weiß er sich noch sehr gut vor Wetterunbilden zu schützen. Die mittäglichen Sonnenstrahlen genieße er umso mehr.
„noch keine Frostaufbrüche“
Sorgen machen sich derweil die Besitzer älterer Häuser, vor allem diejenigen mit schlechter Isolierung. Mit bangen Blicken schauen sie auf die in den Keller gefallenen Quecksilbersäulen, ob wohl die Wasserleitungen aushalten. Bislang gab es noch keine Frostaufbrüche. Weder Ulrich Leber, technischer Leiter der Stadtwerke Bad Neustadt kennt derartige Probleme, noch wurden bislang bei der Feuerwehr Wasserschäden gemeldet. Wenn Hauptleitungen richtig verlegt seien, dürfte auch nichts passieren. Kritisch könnte es erst beim Auftauen werden, wenn Spannungen im Erdreich auftreten.
Installationsbetriebe hingegen melden bereits Hochkonjunktur. Über 40 Einsätze in den letzten Tagen verzeichnet alleine die Firma RGT. Meist waren es Störungen an Heizanlagen, die wegen Überlastung ausgefallen seien, erklärt Kundendienstmitarbeiter Berthold Eyring. Größere Wasserschäden seien ihm bislang noch nicht bekannt, könnten aber erfahrungsgemäß bei anhaltender Kältewelle durchaus noch kommen.
„Piercings rausnehmen“
Gefahren lauern aber auch für Leute, die gerne Piercings als Schmuck tragen, denn diese könnten bei der derzeitigen Kälte leicht an der Haut festfrieren. Bereits ab den ersten Temperaturen unter Null Grad sollte man den Schmuck herausnehmen, warnen Krankenkassen. Sonst drohen nicht nur schmerzhafte Erfrierungen sondern auch schwärzliche Verfärbungen der Haut.
Grund zu Panik oder Ängsten gibt es nicht, denn Schnee, Eis und arktische Temperaturen hat es in der Vergangenheit immer wieder mal gegeben, wie Wetteraufzeichnungen belegen. Für Meteorologen gilt das als völlig normal. Dass es im Januar mal knackig kalt wird, sei nichts besonderes, so das Credo der Fachleute.
Der Januar ist normalerweise ohnehin der kälteste Monat des Jahres. Die tiefste jemals in der Bundesrepublik gemessene Lufttemperatur wurde just an Heiligabend 2001 mit minus 45,9 Grad Celsius verzeichnet. Den absoluten Weltrekord in Sachen Frost hält mit 89,2 Grad am 21. Juli 1983 die russische Forschungsstation „Wostok“ im ewigen Eis der Antarktis. (ger / alle Fotos: Partl) +++

