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REGION/STRAßBURG Und was nun, Great-Britain?

Reaktionen von MdEP Thomas Mann und vier direkt Betroffenen

16.01.19 -

Symbolbild

Zu den derzeit unabsehbaren Entwicklungen in Groß-Britannien nach der gestrigen Niederlage von Theresa May und vor dem Misstrauensvotum gegen sie haben wir eine aktuelle Umfrage unter den Passanten auf dem Fuldaer Uniplatz, beim Europaabgeordneten Thomas Mann in Straßburg und zwei vom Brexit direkt Betroffenen gestartet, deren Ergenis wir hier veröffentlichen: 

MdEP Thomas Mann Foto: O|N

MdEP Thomas Mann: "Die verheerende Abstimmungsniederlage  von Theresa May war zwar zu erwarten, allerdings nicht in dieser Höhe. Ich bedaure das Ergebnis sehr, zumal ich zu den 100 Europaabgeordneten gehöre, die Anfang der Woche ein öffentliches Schreiben verfasst hatten. Unser dringender Appell an die Mitglieder des Unterhauses war, auf den angekündigten Austritt aus der EU vollkommen zu verzichten: "Wir haben den Einfluss der Bürger und Politiker Großbritanniens sehr geschätzt und werden ihr außergewöhnliches Know-How vermissen."

Der Vorsitzende von Labour, Jeremy Corbin, der ein Misstrauensvotum eingeleitet hat, wird damit vermutlich scheitern. Versuche, das vorgesehene Austrittsdatum 29. März zu verschieben, gibt es durchaus. Dennoch sollte den Briten klar sein, dass es von der EU-Seite aus zu keinen Nachverhandlungen kommen wird. Ich bin davon überzeugt, dass selbst substantielle Verbesserungen bei den hartnäckigen Verteidigern des Brexits auf Ablehnung stoßen.

Hier im Europäischen Parlament erleben wir die schottischen Kolleginnen und Kollegen, die eine erneute Abstimmung über den Brexit anstreben und für ein Verbleiben in der EU sind. Dann wäre Britain nicht mehr great! Sollte kein Abkommen erzielt werden und damit ein "harter Brexit" stattfinden, gibt es fatale Folgen, die den Bürgern jetzt erst richtig klar werden. Bereits jetzt erleben wir eine gespaltene Gesellschaft auf der Insel. Die wirtschaftlichen Nachteile sind für die Beschäftigten und die Wettbewerbsfähigkeit der dortigen Unternehmen gravierend."

Katja Saldanha, 41 Jahre alt, Gymnasiallehrerin Foto: privat

Katja Saldanha, 41 Jahre, Deutsche, Oberschullehrerin  

Nachdem ich 18 Jahre lang in GB gelebt habe (- nun wieder in Deutschland), macht mir der Brexit Sorgen. Was wird aus meiner Rente, in die ich 15 Jahre lang in England eingezahlt habe? Könnte ich je mit meiner Familie zurückziehen? Es würde vielen Menschen kulturelle, familiäre und professionelle Zukunftswege versperren. Viele Briten fühlen sich verraten, weil sie unter Lügen zu einer Wahl geleitet wurden. Deshalb hoffe ich auf eine zweite Volksabstimmung, die unter transparenteren Fakten stattfinden kann. Und natürlich hoffe ich persönlich darauf, dass der Brexit abgewendet werden kann. Vielleicht ist das auch der Romantiker in mir, aber als große Familie mit GB ist mir die EU viel lieber!

Jo Severs, 46 Jahre, Engländerin, arbeitet für die Kommunalverwaltung in London
 
"Ich schäme mich für den Weg, den unsere Regierung eingeschlagen hat. Frau May hätte die Abstimmung nicht verschieben sollen, da schon im Dezember das Ergebnis klar war. Und jetzt befinden wir uns in einer Krise. Ich kann keinen positiven Weg nach vorne sehen. Keine Abmachung zu haben, ist eine Katastrophe und es ist sicher, dass es keinen anderen Deal geben wird. Obwohl ich eine zweite Abstimmung befürworte, befürchte ich, dass es noch zwiespältiger ausgehen wird. Ich persönlich denke, wenn die UK-Regierung und das Parlament sich nicht einigen können, wie der Brexit durchgezogen werden kann, dann sollte er eingestellt werden. Daraufhin sollte eine viel ruhigere Analyse unserer Beziehung mit Europa folgen. Leider denke ich nicht, dass wir genügend  Politiker haben, die das Interesse der Bevölkerung über das der Regierung stellen würden. Ich hoffe aber doch noch, dass sie mich eines besseren belehren werden."

Wyndham Wallace Foto: Sebastian Oskar Krol

Wyndham Wallace, 47 Jahre, Engländer, freier Journalist, seit 14 Jahren wohnhaft in Berlin

"Ich mache mir große Sorgen darüber, wie sich die Dinge gerade entwickeln. Meine Familie und Freunde versuchen mich zu beruhigen, indem sie mir sagen, dass es nicht so schlimm werden wird. Jedoch ist unsere Regierung sehr gut in einem und zwar, dass es so richtig schlimm werden kann. Ich denke mal nicht, dass ich aus Deutschland rausgeworfen werde, aber die eigentliche Frage ist, wie hoch ist der Preis, um bleiben zu dürfen. Da ich es noch nicht weiß, werde ich kein Risiko eingehen und habe schon die deutsche Staatsbürgerschaft beantragt. Ich werde stolz darauf sein, ein "Deutscher" zu sein, aber es sind nicht die Umstände, unter denen ich Entscheidung treffen wollte.

Es macht mich sehr traurig, dass eine Bewegung, die sich um eine falsche Vorstellung von Patriotismus dreht, dazu führt, dass zehntausende Menschen, genau wie ich, sich um eine andere Staatsangehörigkeit bewerben, damit wir unser Leben so weiterführen können wie bisher. Es ist tragisch, dass wir mit unseren Anträgen bürokratische Zeit verschwenden, die andere Menschen, wie Asylsuchende, viel nötiger brauchen. 

Auch wundert es mich erheblich, dass mich die Britische Regierung seit dem Referendum immer noch nicht kontaktiert hat, um mir deren Pläne für Briten in der EU mitzuteilen und mir meine Rechte zu erklären. Meine Steuererinnerungen bekomme ich ja auch regelmäßig von ihnen. Ich bin froh darüber, dass Deutschland sich mehr um meine Zukunft bemüht als Theresa May. (Carina Jirsch/Carla Ihle-Becker)+++


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