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Weiterer Gerichtstermin im Zerstückelungsprozess - Foto: Tobias Stübing

STEINAU/Str. / HANAU Freund mit Kettensäge zerstückelt

Angeklagte verstrickt sich in Widersprüche: War es doch Mord?

26.01.19 - Im Juni letzten Jahres sorgte ein schrecklicher Fall in Steinau an der Straße für Entsetzen: Die 35-jährige Tanja B. soll mit einem Küchenmesser auf ihren Lebensgefährten eingestochen haben und später die Leiche des Opfers mit einer Elektrosäge zerteilt haben, um die Tat zu vertuschen. "Es war Notwehr", beharrt die Angeklagte vor Gericht. Doch ihre Aussagen geraten immer mehr ins Wanken, die Gerichtsmediziner gehen viel mehr von einem Angriff im Schlaf aus. Die Anklage lautet nun auf Mord.

Beim Prozess am Donnerstag wurden allerdings die Aussagen der Angeklagten vom Dienstag in den Hintergrund gestellt. Der Grund: Das Urteil könnte auch wegen Mordes verhängt werden. Die Staatsanwaltschaft hatte einen erforderlichen Antrag im Verlauf der Beweisaufnahme gestellt. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Tat heimtückisch und unter Wehrlosigkeit des Opfers geschehen ist. "Es ist nicht auszuschließen, dass die Tat im Schlaf passierte", erklärte der Oberstaatsanwalt. Am vorausgegangenen Prozesstag kamen der Gerichtsmedizinerin Zweifel daran, dass die Angeklagte Martin F. in Notwehr getötet hat.

Psychiatrisches Gutachten

Am späten Nachmittag dieser langen Beweisaufnahme wurde das psychiatrische Gutachten verlesen. Zunächst stellte der Psychologe heraus, dass Tanja B. eine schwierige Kindheit und selbst eine depressive, alkoholkranke Mutter hatte. Aufgewachsen ist sie als jüngstes Kind von insgesamt fünf Geschwistern. Sie wuchs ab dem elften Lebensjahr bei einer Pflegefamilie auf. Sechs Vorstrafen und dreieinhalb Jahre Haft schlossen sich an. Mit einem Intelligenzquotient von 80 könne aber nicht von einer Minderbegabung bei ihr gesprochen werden. Attestiert wurde bei ihr die Borderline-Störung. Sie ist laut Psychologen nicht selbst kritikfähig, verspürt Verlustängste und zeigt sich in ihrer Identität sehr schwach. Außerdem weist die Angeklagte ein hohes Maß an Aggressivität auf. Auch ihr Noch-Ehemann wurde als Zeuge vor Gericht vernommen. Er bestätigte, dass seine Frau ihn früher täglich angegriffen hat und sogar mit Pfefferspray besprühte. Resümierend wurde festgehalten, dass die Borderline-Störung vorliege, diese aber nicht allzu stark ausgeprägt ist. Heftig diskutiert zwischen Anwalt, Psycholge, Staatsanwaltschaft und Richter wurde dann die Frage, inwiefern die Angeklagte in Drucksituationen ihre Selbstkontrolle verlieren könnte. Die Anwendbarkeit des Paragraphen 21, nämlich der verminderten Schuldfähigkeit, müsse daraufhin dann noch einmal diskutiert werden. 

Gegen Ende der Verhandlung stellte der Vorsitzende fest, dass die Angeklagte es mit der Wahrheit nicht so genau nehme. "Lügen kommt bei der Borderline-Störungen vor," so der Psychologe. Eine Auswirkung auf die Steuerungsfähigkeit muss es aber nicht haben. Einige Fragen blieben am Ende dieses Prozesstages dennoch offen. Nachrichten von fremden Leuten, die Nachrichten an das Handy verschickten, ungeklärte Aussagen der Angeklagten und Unstimmigkeiten geben weiterhin Rätsel auf. 

Die Tat im Juni 2018

Der Angeklagten Tanja B. wird vorgeworfen, ihren Lebensgefährten am 5. Juni 2018 mit einem 19,5 Zentimeter langen Küchenmesser getötet zu haben. Der Geschädigte hat insgesamt 31 Stichverletzungen in Hals, Nacken und Rücken davongetragen. Die Frau durchtrennte den Kehlkopf sowie die Halsschlagader - das Opfer Martin F. verstarb noch am Tatort, er verblutete und ersticke durch das Einatmen von Blut. Laut Anklage hat die Angeklagte den Leichnam mit zwei Elektro-Motorsägen in sechs Teile zerschnitten und in Mülltonnen gepackt, die sie im Badezimmer deponierte. Die Frau informierte sechs Tage später selbst die Polizei, die Leichenteile wurden auf ihre Angaben hin gefunden. Nach ihrer Festnahme in Dortmund sagte sie bei der Polizei aus, dass sie ihren Freund aus Notwehr erstochen habe - er soll sie zuvor attackiert haben. Die 35-Jährige saß bereits wegen Betrugs in Haft, ihre Reststrafe wurde damals zur Bewährung ausgesetzt. 

Der Prozess wird am kommenden Dienstag fortgesetzt. Ob noch weitere Anträge für die Beweisaufnahme gestellt werden oder schon die Plädoyers verlesen werden, ist aber noch unklar. (Tobias Stübing) +++


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