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NENTERSHAUSEN / WILDECK Sachliche Diskussionen

Viele Zweifel an der Zulässigkeit des Windparks Nentershausen Wildeck

16.02.19 - Der mit großer Spannung erwartete Erörterungstermin zum geplanten Windpark Nentershausen-Wildeck in der Bad Hersfelder Außenstelle des Regierungspräsidiums Kassel entpuppte sich zu einer wahren zehnstündigen Marathonveranstaltung mit nur kurzen Unterbrechungen - so heißt es in einer Pressemitteilung.

Es erschienen Vertreter der Immissionsschutzbehörden, weiterer Fachbehörden des Regierungspräsidiums, des Vorhabenträgers ABO Wind mit deren Fachgutachtern und der Einwender. 55 Einwendungen waren nach der Offenlage der Unterlagen fristgemäß gegen diese Windfarm eingegangen. Haupteinwender dabei sind die Gemeinden Wildeck und Nentershausen sowie drei klageberechtigte Umweltverbände, nämlich die Naturschutzinitiative e.V., die Naturkundliche Gesellschaft Mittleres Fuldatal e.V. und der NABU-Landesverband vertreten durch den Kreisverband Hersfeld-Rotenburg sowie die Gruppe Obersuhl.

Außerdem der US-Verein Kassel Mission Historical Society, der die Interessen der Hinterbliebenen gefallener US-Soldaten der Luftschlacht vom 27. September 1944 in diesem Gebiet vertritt, sowie schließlich einige besonders gravierend in ihren Rechten beeinträchtigte Anwohner. Vertreten wurden die meisten Einwender durch die Rechtsanwälte Christian Hagemeier, Marburg und Patrick Habor, Göttingen.In 18 Themenblöcken,-vom Schutzgut Mensch bis zum Schutzgut Natur,- stieß der von ABO Wind geplante „Windpark Nentershausen“ mit sechs geplanten, 241 Metern hohen Anlagen auf breiten Widerstand.

Die Anwälte sprachen davon, noch nie so viele, einer Genehmigung entgegenstehende Themenbereiche in einem Verfahren zusammengetragen zu haben und machten eine Vielzahl verfahrensrechtlich problematischer Vorgehensweisen der Genehmigungsbehörde geltend.In einem rechtlichen Diskurs wurde vor allem das nach Auffassung der Projektgegner übereilte und verkürzte Verfahren scharf kritisiert. Das Regierungspräsidium musste sich dem Vorwurf stellen, den Antrag trotz der Lücken als vollständig und damit als prüffähig anerkannt zu haben. Dargelegt wurde darüber hinaus, dass zwei der geplanten Anlagen nicht innerhalb des Vorranggebiets und damit im für die Windenergie gesperrten Ausschlussbereich liegen.

Sachlich wurden die einzelnen Themenbereiche diskutiert. Optische Bedrängung, Schattenwurf und Schall sowie die Beeinträchtigungen des Immobilienwertes und des Tourismus wurden als Eingriff in die Eigentumsrechte der Anwohner in Richelsdorf und Süß gesehen. Das betrifft insbesondere die Bewohner in den Außenbereichen, die nur wenige hundert Meter von den Anlagen entfernt wohnen. Unzureichend berücksichtigt seien auch die Aspekte des Denkmalschutzes von Wildecker Tal und Richelsdorf sowie die besondere Situation der Suchtklinik Richelsdorf.

Zum Thema Baurecht entbrannte eine breite Diskussion. Durch zu geringe Abstände,-teilweise unter 600 Metern zu Wohnhäusern - sei der Windpark grundsätzlich nicht zulässig. Ferner wurden massive Mängel im Baugrundgutachten und in der statischen Berechnung vorgetragen. Auch lägen für die Anlagen noch keine Typenprüfungen vor. Daher seien die technischen Nachweise des Herstellers nicht ausreichend belastbar. Zudem fehle ein Brandschutzkonzept für die sensible Lage im Wald.

Schließlich wurden die Belange des Naturschutzes besonders intensiv diskutiert. Anhand jahrelanger akribischer Arbeit konnte der NABU das Gutachten der Antragstellerin um zahlreiche weitere Horstfunde, Brutereignisse und Sichtungen ergänzen, insbesondere von gefährdeten Greifvögeln,- wie Rotmilan (5 Horste in einem Umkreis von 1000 Metern), Mäusebussard, Wespenbussard,- und Schwarzstörchen, die das mit Bachtälern durchzogene Gebiet als wichtiges Nahrungsgebiet nutzen und den geplanten Windpark regelmäßig überfliegen.

Auch die Nähe zum Naturschutzgebiet Rhäden sei von großer Bedeutung.Auch wenn bereits die Gutachten der Antragstellerin von einem hochsensiblen Bereich ausgehen, wurden zahlreiche weitere relevante Aspekte von den Fachanwälten, den betroffenen Bürgern und Naturschutzverbänden vorgetragen. Die vorgeschlagenen maximalen Abschaltzeiten wurden von der Naturschutzinitiative e.V. aufgrund neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse als unzureichend beschrieben. Der Windpark sei aufgrund der Vielfalt der betroffenen Vögel und Fledermäuse nicht genehmigungsfähig.

Besondere Beachtung fand die Berücksichtigung eines illegal gefällten Rotmilan-Horstbaumes inmitten des Windparks. Die Staatsanwaltschaft ermittelt in der Angelegenheit. Es wurde herausgestellt, dass dieser Horst nach geltender Rechtslage nach wie vor als besetzter Horst zu werten ist und eine direkt daneben geplante Windkraftanlage nicht errichtet werden dürfe. Auch die Rodung von über zehn Hektar intakten Waldes wurde kritisch beleuchtet. Hierbei seien die weiteren erforderlichen Rodungen für die Zuwegung und Kabeltrassen noch nicht berücksichtigt worden.

Gegen Ende der Sitzung wurde die Störung der Totenruhe der unmittelbar bei einer geplanten Anlage abgestürzten amerikanischen Bomberbesatzung aus dem Zweiten Weltkrieg thematisiert und von Rechtsanwalt Hagemeier als Rechtsvertreter der Kassel Mission Historical Society dargelegt, dass man dort kürzlich weiter nach menschlichen Überresten der US-Soldaten gegraben habe und das auch noch fortgesetzt werden solle.In der Diskussion entstand der Eindruck, dass das Windvorranggebiet HEF 15 ein „Querschläger“ des Regionalplans sei. Denn dieser Windpark war nach der ersten Offenlegung aus naturschutzrechtlichen Gründen aus dem Regionalplan herausgenommen worden.

In der zweiten Offenlegung tauchte er jedoch zum Erstaunen aller in verkleinerter Form wieder auf. Bemerkenswert ist, dass die im Regionalplanverfahren entwickelte westliche, naturschutzfachlich hergeleitete Grenze des Vorranggebiets für die Windenergie „zufällig“ mit der Grundstücksgrenze des privaten Eigentümers identisch ist, der auf seinen Waldgrundstücken bauen möchte und dafür einen Vertrag mit dem Vorhabensträger ABO WIND abgeschlossen hat.Nun muss sich das Regierungspräsidium mit dem komplexen Verfahren befassen und entscheiden, ob der Windpark genehmigungsfähig ist. Nach Auffassung der Rechtsanwälte bestehen daran erhebliche Zweifel. Die weitere Beurteilung durch die Genehmigungsbehörde verlange zunächst außerdem noch etliche Nacharbeiten durch den Investor. Alle Bürgerinnen und Bürger wurden aufgefordert, auch weiterhin neue Erkenntnisse an das Regierungspräsidium zu melden. Diese seien bis zum Tag der Entscheidung mit in die Prüfung einzubeziehen. (pm) +++


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