Auftakt 95 Jahre Musikverein 1924 Weiperz und Bezirksmusikfest Main-Kinzig

25.03.19 - 95 Jahre, das wäre normalerweise der Zeitpunkt, um sich auf das 100-jährige Jubiläum vorzubereiten. Nicht so in Weiperz. Die weithin als das Musikdorf bekannte Sinntal-Gemeinde ist auch bekannt dafür, dass man gerne und „wie die Feste fallen“ feiert – im vergangenen Jahr mal eben so das Dorfjubiläum „1.111 Jahre Weiperz“. Alle fünf Jahre sind ein gängiger Festrhythmus bei den Vereinen. Wenngleich die örtliche Sportgemeinschaft Alemannia und der Gesangverein Frohsinn in 2019 ihr 100-jähriges Jubiläum begehen, so ist natürlich im Veranstaltungskalender noch genügend Platz, um das 95-jährige Bestehen des Musikvereins 1924 Weiperz verbunden mit dem Bezirksmusikfest Main-Kinzig des Hessischen Musikverbandes (HMV) zu feiern.

Vorsitzender Ewald Gerst

Schirmherr Bürgermeister Carsten Ullrich (links) mit MV-Vorsitzendem Ewald Gerst ...

Vom 17. bis 20. Mai steigt das große Fest, bei dem sich dann noch mehr als normal alles um die Musik drehen wird. Mit einem Kommersabend in der Mehrzweckhalle Sterbfritz begannen nun die Feierlichkeiten. Übrigens: Aus dem seit 1920 bestehenden Mandolinenklub ging der Musikverein 1924 Weiperz hervor. Am 19. März 1924 traf man sich in der Gastwirtschaft Döppler zur Gründungsversammlung. In der armen Nachkriegszeit ging man mit großem Enthusiasmus und mit großer Opferbereitschaft ans Werk. Militärmusiker Unger aus Schwarzenfels, der erste Dirigent, „vermittelte Kenntnisse im Notenlesen und zum Bedienen der Instrumente“. Schon nach drei Monaten begleitete die Kapelle musikalisch die Fronleichnamsprozession. Gründungsmitglied Bonifatius Kraft übernahm die Leitung und sorgte für einen ersten Aufschwung. Der Zweite Weltkrieg machte aber alles wieder jäh zunichte.

Der Präsident des Hessischen Musikverbands Degen

Ortsvorsteherin Margot Klement

Ehrung von Müttern, Vätern und aktiven Musikern

Kraft – auch als Name – ist beim Musikverein Weiperz stark vertreten. Nach Vereinsgründer, Vorstand und Dirigent Bonifatius Kraft übernahm der Bruder August, dann sein Sohn Karl und danach sein Neffe Otto Kraft den Dirigentenstab. Das Amt des Ersten Vorsitzenden ging nach 30 jährigem Vorsitz von Hans Gerst 1994 an die Enkelin von Bonifatius Kraft, Bettina Kraft-Richter, über. Von 2007 bis 2013 stand Nadine Beckmann dem Verein als Erste Vorsitzende vor. Den Dirigentenstab übernahm Michael Gärtner. Das Amt des Ersten Vorsitzenden übt nun Ewald Gerst aus, ein ehemaliger „Showman“ der Band RIO und Sohn des langjährigen Vorsitzenden Hans Gerst.

1964 gab Bonifatius Kraft den Taktstock an seinen Sohn Karl Kraft ab, Vereinsvorsitzender wurde damals Hans Gerst, der Heinrich Wald ablöste. Seit 1975 sind die 24er ein eingetragener Verein. Neben dem normalen Repertoire auf hohem Niveau, mit dem Konzerte, Feste und kirchliche Anlässe musikalisch verschönt werden, ist die Aufführung des Großen Zapfenstreiches ein Aushängeschild des Vereins. 1977 schufen sich die Mitglieder in Eigenleistung ein Vereinshaus zum Proben und als Treffpunkt. Nach über 30 Jahren traten Dirigent Karl Kraft 1994 und Vorsitzender Hans Gerst 1996 ehrenvoll zurück. Otto Kraft, der zuvor schon 25 Jahre Vizedirigent war, übernahm die Leitung und Vereinsvorsitzende wurde Bettina Kraft-Richter bis 2007, als mit Nadine Beckmann wieder eine Frau den Vorsitz übernahm.

Die Ehrenplakette des Main-Kinzig-Kreises ist ein äußeres Zeichen für die besonderen Leistungen, die der Musikverein 1924 in den über neun Jahrzehnten seines Bestehens erbrachte. Im dörflichen Leben sind die „Önnern” (es gibt mit der „Trachtenkapelle Musikfreunde Weiperz“ noch einen zweiten „öbern“ Musikverein in dem nicht einmal 600-Seelen-Dorf) nicht wegzudenken. Musikalisch gliedert sich der Musikverein in das große Stammorchester mit mehr als fünfzig Musikerinnen und Musikern, die Blastanzkapelle „Wolpertaler” (im Dirndl- und Lederhosen-Outfit, mit den beiden Sängern Ewald Gerst und Alexander Kraft im Stil der Egerländer Blasmusik, mit Klassikern, wie "Auf der Vogelwiese", "Südböhmische Polka", "Egerländer Musikantenmarsch" und die "Fuchsgraben-Polka", aber auch mit einem Wolfgang-Petry-Hitmix oder "Dafür mach' mer Musik" von den Schürzenjägern garantieren Stimmung), eine Jugendkapelle, die Turmbläsergruppe und die Dance-Band „Rio live”.

Der Gesangverein Frohsinn Weiperz

Bei der akademischen Feier in der Mehrzweckhalle Sterbfritz, die musikalisch vom Musikverein Sannerz unter Leitung von Gereon Fuchs, dem Musikverein Steinau-Steinhaus unter Leitung von Marco Hohmann und dem Gesangverein Frohsinn Weiperz unter Leitung von Frank Jöckel umrahmt wurde, konnte MV-Vorsitzender Ewald Gerst auch den Schirmherrn des Jubiläums, Sinntals Bürgermeister Carsten Ullrich, als Präsident des Hessischen Musikverbandes, als Kreisbeigeordneter in Vertretung von Landrat Thorsten Stolz sowie Landtagsabgeordneter Christoph Degen und einige Ehrenmitglieder des Vereins begrüßen. Wie Gerst sagte, sei man trotz des hohen Alters ein lebendiger Verein mit einer vorbildlichen Jugendarbeit und einem erfolgreichen Zusammenspiel zwischen den verschiedenen Generationen. Der Erfahrungsaustausch zwischen Jung und Alt, das Erleben von Tradition und Moderne bereichere die Vereinsgemeinschaft. „Wer sich in der Gemeinschaft eines Vereins gut aufgehoben fühlt, seine Leistungen und Talente unter Beweis stellt, der ist gegen mancherlei Herausforderungen im Leben besser gerüstet,“ so der Vorsitzende.

Dirigent Gereon Fuchs vom MV Sannerz erhält ein Gastgeschenk.

Eine Zeitreise unternahm Schirmherr Carsten Ullrich in seiner Ansprache. Er betonte die Beständigkeit des Musikvereins 1924 und auch des Gründungslokals Döppler, das es immer noch im Familienbesitz gebe und das kürzlich als eines der besten Gasthäuser Hessens ausgezeichnet worden ist. Ullrich erinnerte an die Anfänge, wo sich  Idealisten im Musikhaus Mollenhauer in Fulda Instrumente auf Abzahlung gekauft haben, und die ereignisreichen 95 Jahre danach. Der Musikverein 1924 Weiperz sei ein fester Bestandteil des Musikdorfes Weiperz und ein aktiver Kulturträger mit einer Vielzahl an Veranstaltungen. Dafür dankte der Bürgermeister im Namen der gemeindlichen Gremien.

Musikverbandspräsident Christoph Degen dankte für 95 Jahre Musik- und Brauchtumspflege. Stolz könne man auf das Erreichte sein. Ortsvorsteherin Margot Klement zitierte in ihrem Grußwort aus einem Valente-Schlager die passende Zeile „Musik liegt in der Luft“. Glückwünsch zum Jubiläum übermittelten die Vorstandsvertreter der örtlichen Vereine Feuerwehr, SG Alemannia, Trachtenkapelle Musikfreunde, Gesangverein Wolpergrund und Gesangverein Frohsinn. Mit einer besonderen Ehrung begann der Reigen der Auszeichnung für langjährige aktive und passive Mitgliedschaften. Die Mütter, die seit dem letzten Jubiläumsfest in 2014 mit zwölf Kindern „für den Fortbestand des Vereins gesorgt haben“, erhielten Spielinstrumente, Rasseln und Trommeln für ihre Sprösslinge überreicht. Im Namen des Deutschen und Hessischen Musikverbandes sowie des Vereins Musikverein 1924 zeichneten Christoph Degen, Carsten Ullrich und Ewald Gerst zahlreiche Mitglieder für fünf bis 56 Jahre mit Ehrenurkunden und Nadeln aus. Ein sehr stilvoller Abend und ein gelungener Jubiläumsauftakt.

Ehrung: Das Ehepaar Maria und Gerhard Gärtner

Der Musikverein Steinau Steinhaus

Übrigens wird am 17. Mai eine 90er-Rockparty mit der zurzeit erfolgreichsten europäischen Bon-Jovi-Tribute-Band „Bounce“ stattfinden, am 18. Mai das Weiperzer Bierfest mit den Wolpertaler Musikanten, der Rio-Danceband und als Highligt eine Andreas-Gabalier-Live-Double-Show. Am 19. Mai reicht das Programm von einem XXL-Frühschoppen über Freundschaftsspiele verschiedener Kapellen, ein Konzert der ausgezeichneten 60-köpfigen Ulrich-von-Hutten-Schulbigband aus Schlüchtern bis zum Sinntaltag der Gemeinde mit Beiträgen aller Ortsteile. Am 20. Mai klingt das Fest stimmungsvoll mit der Rio-Danceband aus. (Walter Dörr) +++