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Politisch motivierte Körpergewalt gegen Schüler nach AfD- und Gegendemo
05.06.19 - Weil er als überführt gilt, einen Schüler nach einer AfD-Kundgebung und einer Gegendemo aus politischen Motiven körperlich attackiert und geschlagen zu haben, wurde am Dienstag ein 34-Jähriger zu Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, die zur Bewährung ausgeschrieben wurde. Ein ebenfalls wegen Körperverletzung angeklagter 29-Jähriger wurde aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Die Ereignisse, die jetzt vor dem Amtsgericht Fulda verhandelt wurden, sind über ein Jahr her. Nachdem ein 19-jähriger Afghane Mitte April vor einer Bäckereifiliale in Haimbach randaliert hatte und Schüssen aus einer Polizeiwaffe zum Opfer gefallen war, fanden deshalb am 30. April 2018 zeitgleich, aber räumlich voneinander getrennt zwei Kundgebungen in der Fuldaer Innenstadt statt: die AfD solidarisierte sich dabei mit der Polizei, während das Bündnis 'Fulda stellt sich quer' für Weltoffenheit und Toleranz warb. Die Polizei konnte die Kontrahenten durch ein massives Aufgebot von einer direkten Auseinandersetzung abhalten.
Doch am Abend nach den Kundgebungen kam es dennoch zu einem gewalttätigen Übergriff auf drei Schüler, die sich gerade in einer Supermarktkette am Rosengarten mit Getränken eingedeckt hatten. Einer von ihnen, ein 19-jähriger Schüler aus Eichenzell, hatte eine Antifa-Fahne um die Schultern gebunden. Er wurde von einem der beiden Angeklagten von hinten attackiert und zu Boden geschlagen. Das hatte ein 32-jähriger Zeuge beobachtet, der vor Gericht als Nebenkläger auftrat. Ihm war nach eigener Aussage die Gruppe schon während der AfD-Kundgebung durch aggressives und provokantes Verhalten aufgefallen - er hatte sie auch fotografiert. Weil er den Übergriff auf die Schülergruppe kommen sah, hatte er per Handy den Notruf gewählt, sodass die Polizei kurz darauf am Tatort eintraf. Vor Gericht schilderte der Zeuge, dass er wegen dieses Notrufs nun selber angegriffen, ihm das Handy aus der Hand geschlagen und er zu Boden gerissen wurde. Als die Polizeisirenen hörbar wurden, seien die Täter Richtung Rosenbad davongerannt, schilderte der 32-Jährige.
"Täter zu 100 Prozent erkannt!"
Der Schüler, der durch den körperlichen Angriff Abschürfungen, einen verletzten Knöchel und ein blaues Auge davongetragen hatte, schilderte dem Gericht die unvermittelt von hinten erfolgte Attacke. Bei der Frage des Richters, ob der damalige Angreifer sich im Gerichtssaal befände, bejahte der junge Mann und wies auf den älteren der beiden Angeklagten. Diesen habe er zu 100 Prozent wiedererkannt. Auf Antrag von dessen Verteidiger wiederholte er diese Beschuldigung noch einmal unter Eid. Beide Angeklagte hatten vor Gericht jede Tatbeteiligung abgestritten und deren Anwälte folgerichtig auf zweimal Freispruch plädiert.
Richter Ulrich Jahn begründete sein Urteil, das im Strafmaß übrigens über den Antrag der Staatsanwältin hinausging, unter anderem mit den zahlreichen Vorstrafen des Angeklagten. Unter anderem war er rechtskräftig verurteilt worden, weil er bei einer Demonstration in Kassel 'gegen die Islamisierung des Abendlandes' quarzsandgefüllte Handschuhe getragen hatte. Die Tatsache, dass der 34-Jährige bei seinem Angriff auf den Schüler 'Die Fahne bleibt hier' gerufen habe, verdeutliche den politischen Hintergrund. Deshalb sei die von der Staatsanwältin geforderte Geldstrafe nicht ausreichend, befand der Richter.
Den zweiten Angeklagten sprach er mangels Beweisen frei. Zwar sei dessen Alibi nicht zu einer Entlastung geeignet gewesen, weil sich die Zeugen, die mit ihm zur Tatzeit in einer Kneipe gewesen sein wollen, nicht an genaue Uhrzeiten erinnern konnten. Doch auch der als Nebenkläger fungierende 32-Jährige habe zu vage Erinnerungen an den Täter, der ihm das Handy aus der Handgeschlagen und ihn mit Fäusten traktiert hatte. Das reiche nicht zu einer Verurteilung aus. (ci)+++