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Robert Joseph Bartl (rechts) und sein Freund und Kollege Maximilian Wigger wurden für einen genussvollen Abend frenetisch beklatscht - Fotos: Gudrun Schmidl

BAD HERSFELD Voll besetztes Buchcafé in der Sommerpause

Robert Joseph Bartl liest "Die Kellnerin Anni" - Liebesabenteuer

04.08.19 - Das Buchcafé war am Freitagabend voll besetzt, was ungewöhnlich ist, denn bis Ende August ist offiziell Sommerpause. Aber es gibt Ausnahmen von der Ausnahme und so wurden die Türen weit geöffnet für die Lesung von Robert Joseph Bartl, der sein Publikum mit „Die Kellnerin Anni“ aus der Feder von Herbert Rosendorfer in den Bann zog. Rosendorfer, bekannt durch „Briefe in die chinesische Vergangenheit“, war Jurist und Professor für bayerische Literatur. Der Meister des skurrilen Humors präsentiert in „Die Kellnerin Anni“ einen köstlichen Monolog und Streifzug durch die Liebesabenteuer einer resoluten Frau. Geschichten, in denen sich die Tragikomödie unseres Daseins spiegelt.

Die Ausdrucksweise ist erfrischend deftig, ohne Distanz und saukomisch. Mit ungefilterter, tief bayerischer Vehemenz macht Anni ihrem Unmut Luft. Bartl beherrscht nicht nur das lässige Münchner Wirtshaus-Boarisch, sondern versteht es auch mit seiner unvergleichlichen Mimik und wenigen, aber unmissverständlichen Gesten, die über Liebschaften, Geldprobleme und Ärger mit dem Chef plaudernde Anni zu verkörpern. Es ist große Schauspielkunst, wenn das Publikum einem Mannsbild das rund zwei Stunden lang abnimmt und mit begeistertem Szenenapplaus quittiert.   

Anni mit den gefärbten Haaren wischt und putzt sich jahrelang mühsam durchs Leben, wenn sie nicht gerade eine Zigarettenpause einlegt. Besonders gern sinniert sie über ihre Gäste, die sie bedient: Dem Rechtsanwalt Helmut serviert sie 17 bis 31 Weißbier pro Abend in dem Wissen, dass Alkohol entsprechende Triebe schwächt. Sie erinnert an den Schafkopfspieler, dem seine Spielsucht zum Verhängnis wurde. Zum Schreien komisch ist die Schilderung über die Affäre mit einem feinen Herrn, der letztendlich mit rot gefärbten Haaren auffliegt, weil er dummerweise in Annis Wohnung ein Bad nahm und zum Henna-Shampoo griff. Ein absoluter Höhepunkt in ihren Schilderungen ist ihre gestörte Beziehung zur französischen Küche, aber auch ihre Erfahrungen mit Giselher, ihrem geschiedenen Mann, sind höchst unterhaltsam. Die gesprochenen Worte werden einfühlsam und passend von Bartls Kollegen und Freund
Maximilian Wigger auf der Gitarre begleitet. 

Anni ist aus kirchenrechtlichen Gründen aus der Kirche ausgetreten, sie wollte schlichtweg die Kirchensteuer sparen.
Das führt zu manchem Problem, besonders als sie zu einer Pilgerfahrt kam wie die Jungfrau zum Kind. Der Altersdurchschnitt im Bus war so hoch, dass sie dem Gerücht glaubte, dass heimlich Särge im Kofferraum mitgeführt wurden. Tatsächlich landete der Bus im Straßengraben und Anni im Krankenhaus, wo sich der reiche Diplomat Frohmund – „schön ist er nicht, aber Konsul ist er“ – gerade kurieren lässt. Die Unglücksfahrt hat sich im Rückblick in eine Glücksfahrt verwandelt, erinnert sich die inzwischen verwitwete Anni. Durch die Heirat mit „Bopsi“ hat ihr Leben eine märchenhafte Wende genommen, von der sie als Kellnerin nicht zu träumen gewagt hatte.  

Archivfoto: Gudrun Schmidl

Vor dem letzten Kapitel  bedankte sich Robert Joseph Bartl bei seinem Publikum, das ihm in den vergangenen fünf Jahren ans Herz gewachsen ist. „Eineinhalb Jahre habe ich in Bad Hersfeld gelebt“, rechnet der charismatische Schauspieler vor, der als Zirkusdirektor, Müllermeister, Kardinal Cajetan, Kurt Fellner im Eichhof-Stück „Indien“ und vielfach im Rahmenprogramm der Festspiele überzeugt und dabei mit all seinen Facetten und immer wieder mit seinem komischen Talent begeistert hat.

Robert Joseph Bartl nach der Überreichung des Publikumspreises für seine Rolle ...Archivfoto: Gudrun Schmidl

Am Donnerstag wurde im Festspielprogramm „Shakespeare in Love“, bei der Robert Joseph Bartl im zweiten Jahr als Hugh Fennyman brillierte, letztmalig gespielt. Bartl verabschiedete sich daher am Freitagabend, „aber nur für diese Festspielsaison“. Schon heute reist er nach Wien, denn „Robert Joseph Bartl goes Josefstadt“. Am 10. Oktober 2019 debütiert er als festes Ensemblemitglied am renommierten Wiener Theater in „Einen Jux will er sich machen“. Mit minutenlangem, frenetischem Applaus verabschiedete sich sein Publikum in der Hoffnung auf ein Wiedersehen in der Festspielstadt. (Gudrun Schmidl) +++


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