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Gemeinsam mit Propst Matthias Schmidt zog Gabriele Göbel letztmals als Pfarrerin in die Kirche ein - Fotos: Traudi Schlitt

GREBENHAIN Keine gewöhnliche Verabschiedung

Pfarrerin Gabriele Göbel: "Neue geistliche Heimat in der katholischen Kirche"

21.08.19 - Nein, es war keine gewöhnliche Verabschiedung, die am vergangenen Sonntag in Ilbeshausen im Beisein von Propst Matthias Schmidt und Dekanin Dr. Dorette Seibert begangen wurde. Denn Pfarrerin Gabriele Göbel verlässt nicht nur ihre Kirchengemeinden in Altenschlirf, Ilbeshausen und Schlechtenwegen, das evanglische Dekanat Vogelsberg und die evangelische Landeskirche in Hessen und Nassau (EKHN), sondern sie gibt auch ihren Dienst als Pfarrerin auf, nachdem sie in einer langen und nicht einfachen inhaltlichen Auseinandersetzung zum römisch-katholischen Glauben gefunden hat. Erst vor einem Jahr hatte sie eine halbe Gemeindepfarrstelle im hohen Vogelsberg angetreten und eine weitere halbe in der Alten-, Kranken- und Hospizseelsorge eingenommen.

Als schweren, doch unumgänglichen Schritt skizzierte Gabriele Göbel ihre Konversion ...

„Die Entscheidung ist mir schwergefallen, weil ich mich hier von Anfang sehr wohl fühlte. Ich durfte mich hier über die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit meinen direkten Kolleginnen, den Kirchenvorständen und den Menschen in den Gemeinden freuen. Diese Erfahrungen sowie angefangene Projekte und Ideen rufen danach, hier weiter als Pfarrerin zu leben und zu arbeiten.“, sagt Gabriele Göbel. „Andererseits habe ich auch eine Zeit tiefgreifender Veränderung für mein Leben und meinen Glauben erlebt. Und hier spüre ich in mir einen Ruf, dem ich nachgehen möchte. Ich sehe meine neue geistliche Heimat in der katholischen Kirche“, hatte die Pfarrerin bereits im Vorfeld des Gottesdienstes erklärt. Und so nahmen ihre Gemeindeglieder am Sonntag Abschied – ein versöhnter Abschied, wie sowohl Göbel, als auch der Propst und die Dekanin versicherten. Denn obwohl sich gerade in dieser Entscheidung die großen Unterschiede zwischen den beiden christlichen Religionen offenbaren, liegt das Verbindende auf der Hand, wie der Propst in seiner Ansprache darlegte.

Propst Matthias Schmidt ließ Göbels Vita Revue passieren und verabschiedete seine ...

Dekanatsjugendreferentin Jutta Marth-Steckenreuter, Propst Matthias Schlitt ...

Zuvor jedoch nutzte Pfarrerin Göbel ihren letzten Gottesdienst, um den Weg zu ihrer Entscheidung zu skizzieren und sich bei ihren Kolleginnen und Kollegen, bei den Gemeindegliedern und Weggefährten zu bedanken. Sie tat dies bereits nicht mehr auf der Kanzel, weil ihr bei der Vorbereitung der Predigt klar geworden sei, dass sie den Glauben nicht mehr auf der Grundlage der Reformation verkündigen könne – „und genau darauf muss sich die Kirchengemeinde doch verlassen können“, so Göbel, die sich nach eigenem Bekunden zwischen „nicht mehr“ und „noch nicht“ befinde, eine Zeit, in der vieles nicht mehr und noch nicht so klar und eindeutig sei, wie es sein sollte. Der Schritt zur Konversion habe ihr und allen in der Gemeinde viel abverlangt, so Göbel. Nicht immer sei sie auf Verständnis gestoßen. Und nach dem schönen Jahr, das sie mit vielen guten und wichtigen Aufgaben in ihren Kirchengemeinden verbracht habe, sei die Verlockung, einfach so weiterzumachen, groß gewesen, gab sie zu. „Ich habe wunderbare Menschen kennengelernt, und an dieser Wertschätzung hat sich nichts geändert“, unterstrich sie. „Ich war sehr gerne hier und in der EKHN wirklich zu Hause, doch die tiefe innere Grundlage, der gemeinsame Glaube, das ist nicht mehr gegeben“. Deutlich wurde hier, dass noch immer, auch nach Jahren der Ökumene, in grundsätzlichen Fragen des Selbstverständnisses Uneinigkeit zwischen den beiden großen christlichen Konfessionen herrsche, auch wenn das Zusammenleben der Konfessionen erfreulicherweise in Achtung und Geschwisterlichkeit funktioniere, wie Göbel unterstrich. Der Schriftlesung aus Matthäus 13 folgend, wünschte sie ihren nun ehemaligen Gemeindegliedern, dass auch sie ihren Schatz, ihre Perle finden mögen, ihren Acker, für den man bereit ist, alles andere aufzugeben: „Finden Sie Ihren Schatz und halten Sie ihn fest!“

Dekanin Dr. Dorette Seibert dankte Göbel für ihren reichhaltigen Erfahrungsschatz, ...

Kirchenvorstehende, Kolleginnen und Kirchenleitung verabschiedeten sich von Pfarrerin ...

Sichtlich bewegt nahm auch Propst Mathias Schmidt von der Pfarrerin Gabriele Göbel Abschied. Beide kennen sich seit ihrem Vikariat, wurden gemeinsam „Talarträger“, wie Schmidt mit Blick auf die Amtsausübung eines Pfarrers oder einer Pfarrerin sagte. „Mit dem Talar legst du symbolisch auch das Amt ab, das dir anvertraut war“, so Schmidt, der auch auf die Vita Göbels einging. Sie hatte nach dem Examen zunächst in die Friedensgemeinde Mühlheim im Dekanat Rodgau gearbeitet und danach ihre erste eigene Gemeinde in Georgenhausen/Zeilhard im Dekanat Reinheim bekleidet, wo sie 1993 ordiniert wurde. Nach Stationen in der Klinikseelsorge am St. Vinzenz-Krankenhaus in Limburg und Rüsselsheim kam Göbel im Jahr 2018 in den Vogelsberg. In ihren vielen Jahren im Dienst der EKHN habe sie Menschen begleitet und ermutigt, Trauernde getröstet, Gottesdienst gefeiert, Kinder getauft, Jugendliche konfirmiert, Paare getraut und vieles mehr geleistet und erledigt. „Dafür danken wir dir als Kirche“, wandte sich der Propst an seine scheidende Kollegin. Vieles von dem, was sie gesät habe, werde aufgehen und wachsen. Ihr Wechsel in die römisch-katholische Kirche wecke zwiespältige Gefühle in ihm, räumte der Propst ein, auch im Hinblick auf die Ökumene. Der versöhnte Abschied aus der EKHN zeige, wie gut sich das Verhältnis zwischen den Konfessionen entwickelt habe, so Schmidt, der sich schon auf den gemeinsamen Ökumenischen Kirchentag in Frankfurt freut. Gleichzeitig werde durch den Wechsel auch deutlich, dass viele noch im Argen liege: „Du wirst nicht mehr Pfarrerin sein können in einer Kirche, die keine Frauenordination hat. Das gemeinsame Abendmahl bleibt eine offene Wunde“, richtete der Propst seine Worte an Göbel und schloss mit einem Wunsch, der allen Christen gemeinsam ist: „Wir sehnen uns immer noch nach dem, was Jesus selbst als seinen Herzenswunsch formuliert hat: Dass Sie alle eins seien. Wir sind auf dem Weg, aber noch lange nicht am Ziel.“

Auch Pfarrerin Heidi Kuhfus-Pithan bedauert das Ausscheiden ihrer Kollegin. ...

Für das evangelische Dekanat Vogelsberg sprach Dekanin Dr. Dorette Seibert. Sie dankte Göbel dafür, dass das Dekanat und die Kirchengemeinden von dem reichen Erfahrungsschatz der Pfarrerin besonders in der Seelsorge haben profitieren dürfen. Gerade in der Palliativ- und Hospizseelsorge habe sie sich verdient gemacht und großartige Projekte angestoßen. „Die Gemeinden werden sich gern an die Zusammenarbeit mit Ihnen erinnern“, so Seibert, die den Abschied Göbels sehr bedauert. „Die Vielfalt des gelebten Glaubens gehört für Sie mit zum christlichen Selbstverständnis, zur Sehnsucht Gottes nach den Menschen, und auf der gemeinsamen Basis der Taufe könnten alle Christinnen und Christen mutig in die Zukunft blicken“, gab sie Göbel und auch den Gemeindegliedern mit auf den Weg.

Gut beschirmt mit Erinnerungen an die alten Kirchengemeinden geht Gabriele Göbel ...

Dankesworte und Abschiedsgrüße gab es nach dem Gottesdienst u. a. von Kollegin Heidi Kuhfus-Pithan, die nun zunächst auch die Vakanz vertreten wird, von den Kirchenvorstehenden der Gemeinden und von Vertretern der kommunalen Gremien. Zuvor jedoch hatte Gabriele Göbel noch bekanntgegeben, dass sie sich zuversichtlich zeige, dass sich in den nächsten Monaten auch in der katholischen Kirche für sie als Theologin eine Perspektive ergeben könne. Bis dahin werde sie aber noch eine ganze Zeitlang in Hochwaldhausen wohnen bleiben und gemeinsam mit den Menschen dort leben. (pm) +++


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