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Das Seniorenzentrum „An der Lauter" der Hephata-Diakonie wurde im Sommer 2013 eröffnet. Das Hessische Diakoniezentrum investierte in den Bau 7,5 Millionen Euro. - Archivbild: O|N

LAUTERBACH "Ich habe Angst um meine Angehörige"

Schlimmer Verdacht: Wieder Missstände im Seniorenheim "An der Lauter"?

LeseraufrufOSTHESSEN|NEWS sucht Ihre Geschichte. Haben auch Sie Erfahrungen mit einem Senioren- oder Pflegeheim gemacht? Dann schreiben Sie uns: [email protected] oder rufen Sie uns unter der Nummer 0661/4804880 an.

06.09.19 - „Ich habe Angst um meine Angehörige.“ Diesen Satz sollte niemand aussprechen müssen, dessen Familienmitglied in einem Senioren- oder Pflegeheim untergebracht ist. Doch genau diese Aussage tätigte jetzt eine Frau gegenüber OSTHESSEN|NEWS, deren Mutter in Seniorenzentrum „An der Lauter“ in Lauterbach (Vogelsbergkreis) untergebracht ist.

Raus aus dem gewohnten Umfeld, weg von der eigenen Familie: Die Entscheidung, einen geliebten Menschen in die Obhut einer Betreuungseinrichtung zu geben, ist für die meisten Angehörigen ein schwerer Schritt. Umso mehr muss man sich darauf verlassen können, dass es dem Betreuten in der Einrichtung gut ergeht. Eine Frau, die namentlich nicht genannt werden möchte, wandte sich nun an unsere Redaktion, um Hilfe zu erbitten. Das Hephata- Seniorenheim „An der Lauter“ ist OSTHESSEN|NEWS nicht unbekannt. Bereits vor fünf Jahren berichteten wir über schlimme Zustände im Heim der gemeinnützigen GmbH.

„Seit damals hat sich nichts an den Zuständen geändert.“ „Marita P. (Name geändert), ist fassungslos. „Selbst die Ärzte, die in dem Heim ein und aus gehen, wissen darüber Bescheid. Ändern können aber auch sie nichts an der Problematik.“

Unter den Angestellten herrsche Mobbing, keiner fühle sich für irgendetwas zuständig. „Wenn man ein Problem anspricht, wird die Verantwortlichkeit immer auf andere abgewälzt. Man kommt einfach nicht weiter. Das Personal ist missgelaunt, ein Mitarbeiter ist sogar Alkoholiker.“

Symbolbild: Pixabay

Kaum auszuhalten jedoch, erzählt sie, sei die Betreuung der Heimbewohner. „Die Menschen werden oft einfach im Bett liegen gelassen, selbst mittags noch, im Nachthemd oder Pyjama.“ Um Verletzungen oder Wunden würde sich erst gar nicht richtig gekümmert. Besonders erniedrigend findet sie aber den Fall einer Bewohnerin, die vor ein paar Jahren einen Schlaganfall erlitten hat und nun stark in ihrer Mobilität eingeschränkt ist „Ein Pfleger kam auf ihr Zimmer, drückte ihr einen Waschlappen in die Hand und sagte, wasch dich gefälligst selbst.“

Zwar würde es unter den Angestellten einzelne geben, die nicht mit den Machenschaften der Geschäftsleitung einverstanden seien. „Die trauen sich jedoch nicht, den Mund aufzumachen. Es gibt die offene Drohung, dass jeder, der etwas über die Zustände an die Öffentlichkeit trägt, gefeuert wird.“

Das Regierungspräsidium in Gießen, welches die Aufsicht über die zuständige Betreuungs- und Pflegeaufsicht hat, reagierte auf die Vorwürfe schriftlich:

„Nachdem die Betreuungs- und Pflegeaufsicht über Mängel in dem betroffenen Heim informiert worden ist, fand bereits am 15. August eine unangemeldete Prüfung in der Einrichtung statt.“ Im Rahmen dieser Probe habe man die Beschwerdepunkte nicht bestätigen können. „Den angesprochenen Themen wurde im Rahmen der Prüfung nachgegangen, soweit dies im Rahmen einer solchen Stichtagsprüfung möglich ist. Auf bestehende Konflikte zwischen Mitarbeitenden hat die Leitung reagiert. Darüber hinaus gibt es für die Mitarbeitenden als auch für die Leitungskräfte ein Angebot zur Supervision. In einem Fall des missbräuchlichen Alkoholkonsums wurden umgehend arbeitsrechtliche Schritte eingeleitet. Auch wurde im Rahmen der Prüfung kein misslauniges Personal angetroffen. Die Beschwerdepunkte haben sich daher nicht so wie vorgetragen bestätigt.“ Auch habe nicht festgestellt werden können, dass Bewohner aufgrund von Personalmangel spät versorgt worden seien, oder noch im Bett gelegen hätten. Der Sachverhalt der Heimbewohnerin, die sich selbst waschen sollte, hätte aufgrund unzureichender Angaben nicht überprüft werden können, teilt das Regierungspräsidium mit.

„Im Rahmen der Heimüberprüfung sind jedoch andere Mängel festgestellt worden, die der Einrichtung zunächst schriftlich mitgeteilt wurden. Die Einrichtung hat dann, im Rahmen einer angemessenen Frist, die Möglichkeit, diese Mängel zu beseitigen. Allerdings sind die vorgefundenen Defizite, die sich beispielsweise auf die Personaleinsatzplanung oder die Vermeidung von freiheitsentziehenden Maßnahmen beziehen, nicht so gravierend, dass man in diesem Zusammenhang von „katastrophalen“ Zuständen sprechen könnte.“

Die Hephata Soziale Dienste und Einrichtungen gemeinnützige GmbH (hsde), die das Seniorenheim betreibt, gab folgende Stellungnahme ab:

„Das Wohl der uns anvertrauten Menschen steht für uns an erster Stelle. Nicht ohne Grund hat die Prüfung des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) im September 2018 eine Gesamtnote von 1,1 für unsere Einrichtung ergeben“, sagt Hermann-Josef Nelles, Geschäftsführung der hsde. „Gerade, weil wir den Menschen im Blick haben, wollen und werden wir uns immer weiter entwickeln und verbessern und sind offen für Kritik und Verbesserungsvorschläge. So hat der Besuch der Betreuungs- und Pflegeaufsicht zwar nicht zu einer Bestätigung der ursprünglichen Beschwerden geführt, trotzdem aber Hausaufgaben für uns zur Folge gehabt“, so Nelles.

Hermann-Josef Nelles bekräftigt: „Von 59 Plätzen sind derzeit 58 belegt. Für das Haus gab es keinen Belegungsstopp und auch keine Androhung eines solchen. Ärgerlich sei, dass die Aufsicht Mängel festgestellt habe, "denn jeder Mangel ist einer zu viel". In Abstimmung mit der Behörde sei nach dem Besuch ein Maßnahmenplan und dessen Umsetzung mit Fristsetzung vereinbart worden. Entsprechende Maßnahmen seien unmittelbar eingeleitet worden. Darüber hinaus sei in der Dienstplanauswertung eine nicht durchgängig ausreichende Besetzung mit Pflegefachkräften festgestellt worden. „Wir übernehmen jetzt eine Auszubildende, eine Kollegin kommt aus der Elternzeit zurück und die stellvertretende Pflegedienstleitung ist komplett aus der Pflege draußen und kümmert sich nur noch um die Qualitätskontrolle“, sagt Hermann-Josef Nelles.

„Die Versorgungsqualität in unserer Einrichtung hat sich in den vergangenen zwei Jahren enorm verbessert und ist auf einem wirklich guten bis sehr gutem Niveau. Wir setzen alles daran, mit Klienten, Angehörigen, Mitarbeitenden und auch den Behörden weiter besser zu werden“, so Nelles abschließend. (mr) +++


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