Archiv

Lothar Bühner ist weltweit als Riemenschneiderkopist anerkannt. Jetzt hat er wieder eine Kopie fertiggestellt. Eine kleinere Nachbildung des Gnadenstuhls vom Münnerstädter Hochaltar. - Fotos: Friedrich

Tilman Riemenschneider hat sich mehrfach auf seinen Werken selbst dargestellt, unter anderem in der Person des Adam am Marktportal der Marienkapelle in Würzburg. Das Original befindet sich heute im Mainfränkischen Museum. Nachgeschnitzt hat es Lothar Bühner aus Bad Neustadt.

25.02.09 - Bad Neustadt

Lothar BÜHNER ist weltweit anerkannt als RIEMENSCHNEIDER-Kopist

Wer kennt nicht Tilman Riemenschneider, diesen spätgotischen Bildhauer, der in seinen Werken vor allem das Leiden Christi bildlich darstellen wollte und 1531 in Würzburg starb. Riemenschneiders Werke, die findet man heute vor allem in Museen, aber auch zahlreiche Kirchen haben Kunstwerke von ihm. Nicht immer sind die Originale noch vor Ort, sondern oftmals Kopien, die sich vom Original nicht unterscheiden. Solch eine Kopie, die stammt dann ganz sicher von dem deutschlandweit anerkannten Riemenschneiderkopisten, dem Bad Neustädter Lothar Bühner.

Erst jetzt hat er wieder einen „Riemenschneider“ fertiggestellt – die Kopie des Gnadenstuhls vom Münnerstädter Altar, gefertigt aus Lindenholz.. Allerdings ein Drittel kleiner als das Original. Rund sieben Monate Arbeit stecken in dem Werk. Nun ist es fertig und der private Auftraggeber kann sagen, dass er eine echte Riemenschneider-Kopie bei sich zu Hause stehen hat, die sich vom Original in keinster Weise unterscheidet. Wie oft er Riemenschneider Werke kopiert hat, das kann der Bad Neustädter Holzbildhauer heute gar nicht mehr sagen. Mehr als 50 sind es sicher gewesen. Fragt man Lothar Bühner nach der Hauptarbeit bei einer Riemenschneidernachbildung nennt er spontan den Faltenwurf, die Gesichter und Finger vor allem aber die oftmals gewellten Haare.

Die Haare seien die Hauptarbeit, lacht der Bad Neustädter Künstler und zeigte auf die Lockenpracht des Adam, eine Nachbildung von der Würzburger Marienkapelle und auch auf die Haare des vom Kreuz abgenommenen Christus, den beim Münnerstädter Gnadenstuhl Gottvater auf seinem Schoß hält. „Was schwierig ist, das reizt mich am meisten und das sind eben die Haare und so fallen sie auch aus,“ lacht Lothar Bühner und nimmt mit seinem Schnitzmesser an einer Locke ein Stückchen ab. Es sei bei ihm schon so, dass, wenn das Werk eigentlich schon fertig ist, er noch einmal hie und da etwas nacharbeitet. Dazu gehöre dann ganz bestimmt auch eine Locke.

Eines seiner größten und zeitaufwendigsten Kopien war der Münnerstädter Magdalenenaltar den Tilman Riemenschneider in den Jahren 1490 bis 1492 geschaffen hatte. Hier hat er die Magdalena mit den sechs Engeln gefertigt, die vier Evangelisten im unteren Altarbereich, sowie die zwei Tafeln links, die das Gastmahl des Simeon zeigen, sowie das Noli-me-tangere, zu deutsch: Rühr mich nicht an. Hierbei handelt es sich um eine kleine Schatulle, ähnlich wie sie im Domschatz von Aachen aufbewahrt wird. Dort ist sie allerdings aus Silber. Über Jahre hinweg hat Lothar Bühner an diesem Altar gearbeitet und hatte oftmals auch die Originaltafeln zu Hause, von denen er mit dem sogenannten „Storchenschnabel“ Millimeter für Millimeter die einzelnen Figuren auf die zu fertigende Kopie übertrug.

Von den Fertigkeiten des Rhöner Bildhauers ist auch die Leiterin des Mainfränkischen Museums Würzburg, Dr. Claudia Lichte fasziniert. Das Erstaunlichste sei, dass Lothar Bühner mittlerweile diesen Stil des spätgotischen Meisters so verinnerlicht hat, dass er aus freier Hand Riemenschneider nachschnitzen kann. Und zwar nicht nur, in dem er Dinge kopiert, also eins zu eins nachschnitzt, sondern im Sinne Riemenschneiders auch neue Figuren entwickeln und aus dem Holz herausarbeiten kann. Genau das hat der Künstler beim Münnerstädter Altar bewiesen. Hier hat Lothar Bühner eine Lücke im Altar gefüllt, an der einst eine Madonna stand. Bilder oder zumindest Bruchstücke vom Original, die gab es hierzu nicht.

Lothar Bühner: In der Chronik konnte man nur nachlesen: „Ein hübsch Marienbild“. So musste Bühner aus freier Hand hier arbeiten und die 1,40 Meter hohe Marienfigur im Sinne Riemenschneiders schnitzen. „Das war schon eine Herausforderung für mich,“ sagt der heute 77 Jährige und fügt an: „Aber ich glaube, ich habe es ganz gut hingekriegt.“ Lothar Bühner arbeitete aber auch schon für viele Museen Deutschlands, unter anderem in München, Berlin und natürlich im Mainfränkischen Museum Würzburg und führte hier Ergänzungen an Original-Riemenschneider Figuren durch. Museumsleiterin Dr. Claudia Lichte erinnert dabei daran, dass das Mainfränkische Museum Würzburg auch einige Stücke Riemenschneiders in der Sammlung hat, wobei einige Stücke teils ergänzt werden mussten.. Da sei der Bad Neustädter Bildhauer eine der ersten Adressen gewesen, die angefragt wurde, weil er tatsächlich im Sinne Tilman Riemenschneiders schnitzen kann. Dr. Lichte: „Ich denke, dass ist eine Besonderheit, die wirklich Lothar Bühner auszeichnet und dementsprechend hat er ja auch seinen Ruf weltweit.“

Was aber ist es eigentlich, dass Lothar Bühner an Riemenschneider so fasziniert? Es sei die Aussage der Figuren, der Faltenwurf, die Hand, das Gesicht, die gesamte Figur. „Man meint ganz einfach, diese Figur lebt,“ schwärmt der Künstler über Riemenscheiders Schnitzkunst- 1964 hat Lothar Bühner sein erstes Werk, die Heilige Elisabeth geschnitzt, damals war er noch in der Holzbildhauerschule in Bischofsheim – seine Schnitzwerkzeuge, die will der 77 Jährige aber noch lange nicht zur Seite legen. Er hat noch einen Auftrag Engel im Sinne Riemenschneiders zu schnitzen, Krippenfiguren und einiges mehr. Übrigens: Wenn Lothar Bühner nicht schnitzt, dann frönt er seinem zweiten Hobby, dem Malen.

Zur Person: Tilman Riemenschneider

Lothar Bühner aus Bad Neustadt, der kann Werke von Tilman Riemenschneider wie kein Zweiter kopieren. Er weiß aber auch über den spätgotischen Bildhauer Bescheid, der vorwiegend im mainfränkischen Bereich tätig war und 1468 in Heiligenstadt in Thüringen geboren wurde. Um 1474 begann Tilman Riemenschneider eine Lehre als Holzschnitzer und Steinbildhauer und begab sich 1478/79 als Handwerksgesell auf Wanderschaft. Dabei gelangte er erstmals nach Würzburg, zu seinem Onkel, bereiste ferner Schwaben und den Oberrhein, aber auch Holland und das Moselgebiet.

1483 wurde Riemenschneider als „Malerknecht“ in die Zunft der Maler, Bildhauer und Glaser aufgenommen und hielt sich ab dem 1483 in Würzburg auf. Er starb 63jährig als begüterter Mann mit einer großen Werkstatt und zahlreichen Schülern in Würzburg. Tilman Riemenschneider gilt ab etwa 1490 als bedeutendster spätgotischer Bildschnitzer in Mainfranken. In dieser Übergangsphase zwischen Mittelalter (Gotik) und Neuzeit (Renaissance) war Würzburg das Zentrum der Bildhauerkunst in Süddeutschland. Besonders herauszuheben ist die Fähigkeit des Künstlers, in verschiedenen Materialien gleichermaßen geschickt zu arbeiten.

Das Ziel, das Riemenschneider in seinen Werken verfolgte, war, das Leiden Christie bildhaft wiederzugeben. Passion und Beweinung waren die Hauptthemen, die mit großer innerer Anteilnahme geschildert wurden. Es existieren zahlreiche vielfigurige großformatige Beweinungsgruppen, wie die älteste in Hessental bei Mespelbrunn . Seine Porträts, vor allem von Rittern und adelige Frauen, kennzeichnen ein ausgeprägter Naturalismus und große Einfühlsamkeit. Tilman Riemenschneider hat sich mehrfach auf seinen Werken selbst dargestellt, nämlich am Creglinger Altar, als Nikodemus auf der Beweinungstafel in Maidbronn und schließlich in der Person des Adam am Marktportal der Marienkapelle in Würzburg.

Von Riemenschneider stammt auch der Magdalenenaltar in Münnerstadt, das Grabmal Heinrich II. und Kaiserin Kunigunde im Bamberger Dom. Eine bedeutende Anzahl der Werke Riemenschneiders befindet sich im Riemenschneider-Saal der Mainfränkischen Museums auf der Feste Marienburg, außerdem im Bayerischen Nationalmuseum München und im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg.(hf)+++

Über Osthessen News

Kontakt
Impressum

Apps

Osthessen News IOS
Osthessen News Android
Osthessen Blitzer IOS
Osthessen Blitzer Android

Mediadaten

Werbung
IVW Daten


Service

Blitzer / Verkehrsmeldungen Stellenangebote
Gastro
Mittagstisch
Veranstaltungskalender
Wetter Vorhersage

Social Media

Facebook
Twitter
Instagram

Nachrichten aus

Fulda
Hersfeld Rotenburg
Main Kinzig
Vogelsberg
Rhön