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Werke des Fuldaer Komponisten Hugo Staehle zum Stadtjubiläum
24.09.19 - Mit der Aufführung zweier Werke des Fuldaer Komponisten Hugo Staehle (1826-1848), die zum ersten Mal seit 175 Jahren wieder einem größeren Publikum zu Gehör kamen, machte der Städtische Konzertchor Winfridia Fulda der Stadt und den Zuhörern am vergangenen Samstag ein außergewöhnliches Geschenk. Der Konzertchor knüpfte dabei mit seinem Konzerttitel „Fuldensie II – Musik eines Vergessenen“ nicht nur an sein Frühjahrskonzert „Fuldensie I – Musik für die Lebenden und die Toten“ an, sondern widmete sich auch innerhalb kürzester Zeit zum zweiten Mal der Musik eines Fuldaer Musiktheater-Komponisten. Wirkte die Winfridia im August noch als Teil des Symphonischen Chores des Bonifatius-Musicals des Fuldaer Komponisten Dennis Martin auf dem Domplatz mit, wählte sie sich für ihr diesjähriges Herbst-Konzert den jungen Komponisten Hugo Staehle aus. Es ist dem Musikwissenschaftler Dr. Johannes Volker Schmidt zu verdanken, dass dieses besondere musikalische Ereignis realisiert werden konnte, da er sich intensiv mit dem eher unbekannten Sohn der Stadt Fulda beschäftigt und die Edition des gesamten Aufführungsmaterials erstellt hat.
Im ersten Teil des gut zweistündigen Konzertabends in der Orangerie präsentierte das Erzgebirgische Sinfonieorchester Aue den Zuhörern zunächst Staehles Symphonie Nr. 1 in c-Moll. Die technisch anspruchsvollen und dicht komponierten Passagen der vier Sätze bot das Orchester dynamisch sehr flexibel und klanglich ausgewogen dar. Im zweiten Teil des Konzertes, das vom Hessischen Rundfunk aufgezeichnet wurde, erklangen Auszüge aus Staehles Oper „Arria“, die der junge Komponist seinem Lehrmeister Louis Spohr gewidmet hatte. Die Passagen aus den drei Akten waren äußerst passend gewählt, um ein rundes Bild der heroischen Oper zu zeichnen. Durch die pointierte Moderation des bekannten hr-Moderators Dr. Andreas Bomba gelang es, dem Publikum die verworrene Handlung um Liebe, Lügen, Verrat, Intrigen und Tod in Rom und Ostia und den damaligen Witz der Texte - z.B. von Mädchen, die fischenden Männern ins Netz gehen - näher zu bringen. In den großen Chorstücken der italienisch anmutenden „Arria“ (Chor der Sklavinnen und Sklaven, Chor des Volkes, Chor der Fischer und Fischerinnen, Chor der Krieger) überzeugte die Winfridia musikalisch unter ihrem sehr engagiert und souverän agierenden Chordirektor Carsten Rupp. Der Chor intonierte äußerst rein und musizierte rhythmisch präzise mit dem Erzgebirgischen Sinfonieorchester Aue. Es gelang den gut 60 Sängerinnen und Sängern, die Ironie und den Witz der Texte mit großer Überzeugungskraft und Sangesfreude zu übermitteln.
In den Solopartien der „Arria“ brillierten die hervorragend besetzten Solisten Christina Rümann (als Sopran in der Rolle der Kaiserin Messalina und der Arria), Andreas Post (als Tenor in der Rolle des Camillus und des Narcissus), Jason Nandor Tomory (als Bariton in der Rolle des Silanus) und László Szilárd Varga (als Bass in der Rolle des Claudius und des Fabius). Sie meisterten ihre anspruchsvollen Passagen souverän und ausdrucksstark und harmonierten sowohl untereinander als auch im Zusammenspiel mit Chor und Orchester. Dem Chordirektor Carsten Rupp gelang es hierbei immer wieder aufs Neue, die richtige Balance zu finden und das Ensemble umsichtig zu führen.
Als verdienter Lohn für eine äußerst ansprechende musikalische und inhaltliche Gesamtleistung aller Beteiligten brandete im Stadtsaal am Ende langanhaltender Applaus auf, der in einer Zugabe des Chores und des Orchesters mit dem „Marsch der Krieger“ mündete und schließlich in Standing Ovations überging. Das begeisterte Publikum war sich am Ende einig, dass von dem leider viel zu früh verstorbenen und deshalb relativ unbekannt gebliebenem Fuldaer Komponisten Hugo Staehle sicherlich noch bedeutende weitere musikalische (Meister-)Werke zu erwarten gewesen wären. (pm)+++