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Neubau der ICE-Trasse: GDL-Experte bringt nördliche Variante ins Gespräch
08.10.19 - Der Ausbau der Fernverkehrsstrecke Frankfurt am Main nach Berlin hat für die Deutsche Bahn eine hohe Prioität. Vor allem zwischen Hanau und Erfurt ist die bestehende Strecke überlastet. Allerdings wird es noch einige Jahre dauern, bis die einzelnen Streckenabschnitte ausgebaut sind. Derzeit läuft das langwierige Planungsverfahren, wobei der Streckenabschnitt Hanau-Fulda bereits einige Schritte weiter im Vergleich zum Abschnitt Fulda-Gerstungen ist. Im Süden gibt es bereits konkrete Planungskorridore, wo ein Aus- beziehungsweise Neubau möglich ist. Im nördlichen Teil wird hinter den Kulissen über die sinnvolle Trassenvariante diskutiert.
Die Kapazität soll erhöht werden und die Fahrzeit um mindestens zehn Minuten zwischen Fulda und Erfurt verkürzt werden. So die Ziele im Bundesverkehrswegeplan. Die bekannten Pläne sehen eine Ausfädelung an der bestehenden ICE-Strecke Fulda-Kassel vor, doch wo? Dazu gibt es aktuell vier Varianten: Bei Langenschwarz, bei Niederaula, Kirchheim und bei Mühlbach.
Diplom-Ingenieur Ingmar Gorissen (Siegburg) beschäftigt sich seit zwei Jahren intensiv mit der Planung Fulda-Eisenach. Er habe nach eigenen Angaben "Vor Ort-Recherchen auf 300 Quadratkilometern" betrieben. Für ihn gibt es lediglich drei Varianten der Ausfädelung: westlich von Langenschwarz, westlich von Michelsrombach oder der viergleisige Ausbau ohne die bestehende Schnellstrecke zu nutzen.
Aktuell viel gravierender findet der unabhängige Planer und Landschaftsökologe die mögliche Trassenführung bei Bad Hersfeld. Hier müsse die Politik schnell handeln. Es geht um den geplanten Ausbau des Logistikers Libri. Im dichtbebauten Bad Hersfeld gibt es laut Gorissen nur einen 20 bis 30 Meter breiten Korridor. Die Libri-Erweiterung sei grundsätzlich kein Problem, "denn die hier etwa 10 Meter Überdeckhöhe gibt es auch andernorts an deutschen Schnellstrecken. Jedoch müssen Stadt und Libri hier ganz ganz rasch Vorsorge treffen: "Die Betonplatte muss dicker ausfallen und es darf hier zu keinen tief nach unten reichenden Fundamenten (keinen tiefen Stelzen) kommen. Ich appeliere an alle Beteiligten hier nun ganz ganz rasch tätig zu werden", schreibt Gorissen in einer Pressemitteilung. Dieses Nadelöhr müsse jetzt beachtet werden, wenn Bad Hersfeld einen Fernverkehrsanschluss im Zuge des Streckenausbaus behalten wolle.
Nördliche Variante mit ICE-Halt in Bebra
Thomas Mühlhausen von der Gewerkschaft der Lokomotivführer (GDL) beschäftigt sich ebenfalls seit vielen Jahren mit der Thematik des Streckenausbaus. Er bringt einen ganz anderen Vorschlag ins Spiel. Er plädiert für eine Ausfädelung am nördlichen Punkt der ICE-Strecke Fulda-Kassel bei Mühlbach. Von dort solle es in einen Tunnel gehen, über das Rohrbachtal mit einer Brücke und dann wieder in einen Tunnel. Zwischen Lispenhausen und Bebra solle das Verbindungsstück beim Umladebahnhof Bebra wieder eingefädelt werden. Die Fernzüge können dann am ausgebauten Bahnhof Bebra halten.
Als Knotenpunkt mit vier Regionalbahnlinien biete Bebra eine gute regionale Infratstruktur, auch was die Parkplatzkapazität für Pendler betreffe. Mühlhausen hat das Konzepts bereits in den betreffenden Kommunen vorgestellt. Der Suchraumkorridor wurde jüngst in Richtung Norden auf Antrag der GDL verlegt - ein Teilerfolg. Er wolle mit seinem Vorschlag eine weitere Variante ins Gespräch bringen. Diese Variante entlastet das Haune- und Fuldatal sowie die Kreisstadt Bad Hersfeld. Auch das Geistal bliebe von einer ICE-Trasse verschont - abgesehen von den Bauarbeiten bei Mühlbach.
Für die Region Bad Hersfeld-Bebra-Rotenburg wird es wichtig sein, dass es auch nach der Modernisierung der Fernstrecke Fulda-Erfurt weiter direkten Anschluss an die ICE-Linien hat. Hierzu wird es notwendig sein, in der Planungs- und Entscheidungsphase gegenüber dem Bauherrn an einem Strang zu ziehen.
Was bei all den Diskussionen noch nicht thematisiert wird: Wie geht es Richtung Gerstungen/Eisenach weiter? Wie soll die Trassenführung zum Beispiel bei Hönebach realisiert werden? Auch dort schauen die Menschen auf die Trassenfindungsverfahren. (Hans-Hubertus Braune) +++