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Über 60 Wasserkraftbetreiber diskutierten ihre zum Teil bedrohliche Lage - Foto: privat

TANN (Rhön) Mühlensterben droht

Über 60 Wasserkraftbetreiber diskutierten ihre zum Teil bedrohliche Lage

09.10.19 - Über 60 Wasserkraftbetreiber trafen sich in der Hasenmühle in Tann zum 2. Wasserkraftstammtisch. Das große Interesse resultiert aus dem sogenannten Mindestwassermengenerlass des Landes Hessen, der die kleinen Mühlen in eine existenzbedrohliche Lage bringt - so die Betreiber in einer Pressemitteilung.

Um einen guten ökologischen Zustand der Gewässer zu erreichen, wie es die EU fordert, habe das Hessische Umweltministerium einen Erlass in Kraft gesetzt, der fordert, dass an den meisten kleinen Mühlenstandorten ein Mindestwasser von einem MNQ im Ursprungsbach verbleibe. MNQ bezeichnet die Menge des Mittleren Niedrigwasser und ist ein statistischer Wert, der sich aus dem Einzugsgebiet der Bäche und der mittleren Niederschlagsmenge berechnet. Dabei ist dieser Wert um das mehr als dreifache höher, als es frühere Vorgaben waren. Die Mühlenbetreiber befürchten nun lange Standzeiten und damit verbundenen Schäden an ihren Anlagen. Sie sehen ihre Jahrhunderte alte Form der klimaneutralen Energieversorgung ausgerechnet durch das grüne Umweltministerium bedroht.

Das Ziel, einen guten ökologischen Zustand der Gewässer zu erreichen, werde damit nicht erreicht. Denn der Erlass fokussiere praktisch ausschließlich auf das Fischleben im Ursprungsbach. Andere Faktoren wie der ökologische Wert des Mühlbachs, die Bedeutung für einen stabilen Grundwasserspiegel, die Hochwasserrückhaltung bei Starkregen oder die regenerative Energieerzeugung finden bei der Bemessung keine Berücksichtigung.

Eingeladen hatte die IG-Wasserkraft im Landkreis Fulda die renommierte Rechtsanwältin für Wasserrecht Angela Markert, welche als langjährige Vorsitzende des Wasserkraftverbandes Mitteldeutschland die juristischen Belange der Wasserkraftnutzung bestens kennt.

Markert ließ keinem Zweifel daran, dass sie die von der oberen Wasserbehörde derzeit versandten Anhörungen, die mit einer Einverständniserklärung versehen sind, für mehr als fragwürdig hält. Auch schießt Hessen mit seinem Ansatz, der sich am Mindestwasser orientiert, über die gesetzlich vorgegebenen Ziele hinaus. Grundsätzlich gilt, dass die Behörde nur dann überhaupt eine Ermächtigung zum Handeln hat, wenn der derzeitige Gewässerzustand nicht gut ist. Selbst dann müsse die Verhältnismäßigkeit gewahrt werden. Eine pauschale Erhöhung des Mindestwassers ohne Berücksichtigung der Verhältnisse vor Ort darf es nicht geben.

Aufgrund des von Hessen geplanten weitreichenden Eingriffs in Eigentumsrechte gelte der Grundsatz der Einzelfallgerechtigkeit. Die von der Behörde aktuell versandten Schreiben, quasi vom Schreibtisch aus auf Basis statistischer Werte, sieht die Rechtsanwältin als fehlerhaft an. Auch aus Sicht der Anwältin greift die aktuelle Mindestwasserforderung in die Eigentumsrechte der Bewirtschafter ein. Aus ihrer Sicht sind die prognostizierten Produktionsausfälle von 30 Prozent für die Mühlen nicht hinnehmbar. Bedenklich findet Markert ebenfalls, dass der Klimaschutz und der Wert der dezentralen Energieversorgung keinerlei Berücksichtigung finden. Sie verweist dabei auf eine EU-Richtlinie zur Förderung der regenerativen Energien. Diese verpflichtet auch Hessen explizit, die Wasserkräfte auszubauen. Mit der kritisierten Richtlinie wird aber das Gegenteil erreicht.

Nicht zuletzt macht die Anwältin deutlich, dass Hessen mit seinem Kurs ziemlich alleine bundesweit agiert. Weder von den wasserkraftreichen Bundesländern Bayern, Baden-Württemberg noch Sachsen wird der hessische Weg beschritten. Sachsen-Anhalt entwickelt aktuell ein eigenes Verfahren.

Die Positionen wurden auch von Conny Haag-Lorenz geteilt, die als Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft der Hessischen Wasserkraftwerke aus Rotenburg an der Fulda angereist war. Für die IG-Wasserkraft bekräftigte ihr Sprecher, Manfred Hempe, dass Mühlen in die Kulturlandschaft gehören. Ohne sie werden ländliche Regionen ein Stück ihrer Identität beraubt und deutlich ärmer. Der jetzige Mindestwassererlass des Landes Hessen wird unweigerlich ein Mühlensterben auslösen, weil die jetzt noch vorhandenen Mühlen aus wirtschaftlichen und technischen Gründen aufgegeben werden müssten. Hempe erläuterte die aktuellen Aktivitäten der IG-Wasserkraft. Besondere Erwähnung findet die aktuelle Resolution des Kreistages des Landkreises Fulda, der mit zahlreichen Fakten die Position der 80 kleinen Wasserkräfte im Landkreis stärkt. (pm)+++


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