Archiv
Kraniche sind in der japanischen Mythologie Vögel des Glücks - Symbolbild

REGION Trompetende Glücksvögel

Kranichzug durch Windkraftanlagen in Gefahr? Fakten statt Fake-News

11.10.19 - Es ist alle Jahre wieder ein beeindruckendes Naturschauspiel: im Oktober und November kann man an vielen Orten Deutschlands die nach Süden ziehenden Kraniche am Himmel beobachten. Auch über unserer Region sind die "Vögel des Glücks" laut trompetend der traditionelle Vorbote des nahenden Winters. Die in Skandinavien, Mitteleuropa und dem Baltikum brütenden Kraniche nutzen für ihren Flug gen Süden die Route, die über Deutschland zu Winterquartieren in Frankreich und Spanien führt. Doch bei einigen Beobachtern in der Region haben die ersten Kranichformationen am Himmel auch Besorgnis ausgelöst.

Können ihnen die Windkraftanlagen gefährlich werden? Fotos: Helmut Fischlein

"Seit drei Tagen ist der Kranichzug in vollem Gange. Allein gestern Mittag zogen 2.000 bis 3.000 Kraniche durch - und über den Windpark in Hainrode. Die Windräder müssen unbedingt alle abgestellt werden!", schreibt uns ein besorgter Naturfreund aus Ludwigsau und schickt uns eindrucksvolle "Beweisfotos". "Steht es dem Windradbetreiber frei, die Räder weiter drehen zu lassen oder sind sie gesetzlich verpflichtet, sie beim Kranichzug abzustellen?", fragt er.

Wir haben seine Frage zum Anlass genommen, den Naturschutzreferent beim BUND Hessen, Thomas Norgall in Frankfurt zu kontaktieren und um Auskunft gebeten- jetzt sind wir schlauer: "Kein Grund zur Sorge", sagt der Experte. Die Kraniche fliegen mit durchschnittlich rund 500 Metern weitaus höher als die Spitze der höchsten Windanlagen. Sie ziehen weit über der Rotorenhöhe gen Süden, sodass keinerlei Kollisionsgefahr besteht. Die Vögel seien in mindestens 200 Metern Höhe unterwegs. Die Zahl der durch sogenannten Vogelschlag getöteten Tiere liege seit Beginn der Zählung der Schlagopfer im Jahr 1989 insgesamt bei nur 21 Tieren. Von ihrer beträchtlichen Flughöhe profitieren die großen Vögel, weil sie in höheren Luftschichten geringeren Widerstand haben und so Energie für die weiten Strecken sparen.

Fotos: NABU/Dieter Damschen

Kranichschlafplatz im Flachwasser NABU/Günter Norwald

Anscheinend verfügen die Kraniche über einen ausgezeichneten "Wettervorhersage-Sensus", denn sie starten ihre Reise immer bei günstigen Bedingungen, nämlich dann, wenn eine anhaltende Hochdruckzone gutes Flugwetter verspricht. Bei günstiger Witterung brechen die Kranichschwärme frühmorgens von ihren Sammelplätzen auf, ziehen beiderseits am Harz vorbei, erreichen dann das Weserbergland, Thüringen und Hessen. Rast machen sie selten, sie können große Distanzen überwinden. Für eine Pause suchen sie sich geeignete Flachwassergebiete mit guter Rundumsicht, wo ihnen kein Fuchs zu nahe kommen kann. Dort gibt es auch keine Windräder. Gefährlich werde es nur, wenn die Großvögel in Ausnahmesituationen bei starkem Regen, Nebel oder Gewitter schlechte Sicht haben und dann quasi notlanden müssten. In solchen Fällen könnte eine Windkraftanlage den orientierungslosen Kranichen gefährlich werden - das sei aber die absolute Ausnahme.

Gute Nachricht: Zahl der Kraniche hat um 60 Prozent zugenommen

Und der Population der Glücksvögel geht es erstaunlich gut, ihre Zahl nimmt sogar signifikant zu. Innerhalb der letzten zwölf Jahre ist ihr Gesamtbestand sogar um 60 Prozent gewachsen, was einem Zuwachs von fünf Prozent pro Jahr bedeutet. Gab es in Deutschland im Jahr 1993 nur 1.600 bis 1.900 Brutpaare, so waren es 2008 schon knapp 7.000 und seit 2015 über 9.000 Brutpaare. Also wünschen wir den in typisch pfeilförmiger Formation fliegenden Großvögeln gute Reise und einen schönen Aufenthalt im sonnigen Süden. (Carla Ihle-Becker)+++


Über Osthessen News

Kontakt
Impressum

Apps

Osthessen News IOS
Osthessen News Android
Osthessen Blitzer IOS
Osthessen Blitzer Android

Mediadaten

Werbung
IVW Daten


Service

Blitzer / Verkehrsmeldungen Stellenangebote
Gastro
Mittagstisch
Veranstaltungskalender
Wetter Vorhersage

Social Media

Facebook
Twitter
Instagram

Nachrichten aus

Fulda
Hersfeld Rotenburg
Main Kinzig
Vogelsberg
Rhön