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Fotorealistische Werke von Stefan Bircheneder: "Eine Täuschung der Sinne"
21.10.19 - Fotorealistische Werke des Malers Stefan Bircheneder stehen in der neuen Sonderausstellung im Museum Modern Art im Mittelpunkt. In der am Sonntagnachmittag stattgefundenen Vernissage wurden die künstlerischen Arbeiten der Öffentlichkeit, bei entspannter Swing- und Bluesmusik von Mike Jehn, präsentiert. Kurator Günter Liebau begrüßte die zahlreichen Besucher und freute sich über das volle Haus.
Die Einzelausstellung wird von der Stiftung Museum Modern Art – Sammlung Jürgen Blum mit Unterstützung des Fördervereins dargeboten. Neue Künstler gewinnt das Museum teilweise auf Kunstmessen. So auch in Kalsruhe, bei der Bircheneder vertreten war. "Es war sehr ausgefallen, was er dargeboten hat. Auch die Vorgehensweise hebt ihn von anderen Künstlern ab", so Liebau.
Der Maler Stefan Bircheneder stammt aus Vilshofen an der Donau. Der 45-Jährige hat einige Stipendien und Kunstpreise erhalten und ist auf großen internationalen Kunstmessen sowie in namhaften Kunstsammlungen vertreten. In dem Zyklus "Nur für Personal" werden Industrieruinen und verlassene Arbeitsorte so geschickt in Szene gesetzt, dass die Spuren der Menschen noch deutlich wahrnehmbar sind. "Warum sind die Menschen verschwunden? Hier gibt der Künstler Raum zum Nachdenken. Gründe dafür gebe es viele: Katastrophen, geplatzte Träume, wie die Pleite einer Fabrik, sind nur einige denkbare Szenarien. "Demut vor Geschehnissen" stellt ein wichtigen Aspekt für den Maler dar.
Auf den ersten Blick wird in der Ausstellung der Eindruck erweckt, dass der Rezipient vor schönen Fotografien steht. Bei genauerer Betrachtung stellt sich aber heraus, dass es Ölgemälde sind. Diese überzeugen in ihrer Perfektion und malerischen Qualität. Der Kurator hebt das Besondere hervor: "Es wird eine Illusion geschaffen, sodass im Betrachter das Bedürfnis geweckt wird, Details wie Rost, Lack, Aufkleber sowie Hinweisschilder abzuziehen beziehungsweise zu berühren. Dieser 3D-Effekt ist sagenhaft."
Millimetergenau malt der 45-Jährige die Details auf die Leinwand und beabsichtigt eine Täuschung der Sinne. Während des Arbeitsprozesses bedient sich Bircheneder der Lasurtechnik. Dies bedeutet, dass das Gemälde wie ein Aquarell gemalt ist, die Farbe weiß aber nicht enthält. Die Motive entnimmt er vorzugsweise der ehemaligen DDR, aber auch Bayern beispielsweise bietet interessante Motive. Fabriken aller Art reizen ihn bei der Motivsuche - dabei gesteht er scherzhaft: "Es ist nicht einfach in Fabriken reinzukommen, aber manche haben da zum Glück Vorarbeit geleistet und Fenster oder Türen aufgebrochen." Ein elementarer Aspekt seiner Arbeit ist es, die Atmosphäre des Raumes wiederzugeben. Vor Ort werden fotografische Aufnahmen gemacht. Zu Hause entsteht dann die Kompostion, bei der einzelne Bestandteile, wie die Lichtstimmung, verändert werden.
Die Präsentation der Exponante ist auf zwei Gebäude verteilt. Im Haupthaus des Museums werden großformatige realistische Ölgemälde gezeigt. In den Gasometern hingegen sind Bildobjekte und Leinwandgemälde von Sozialräumen innerhalb von Produktionsstätten zu sehen. Hier fokussiert sich der Künstler auf die Privatsphäre von Arbeitern in Fabriken und gewährt einen Einblick in den intimen Rückzugsort der Angestellten - den Spind. Diese unterschiedlichen Spindtüren sind als Trompe-l’œil (täusche das Auge) angelegt.
Wer sich die Sonderausstellung nicht entgehen lassen möchte, hat noch bis Sonntag, 22. Dezember, die Gelegenheit vorbeizuschauen. Die Öffnungszeiten sind donnerstags bis sonntags von 15 bis 18 Uhr. (Maria Franco) +++