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Seit Jahren fordert die Schutzgemeinschaft Vogelsberg: Nicht noch mehr Grundwasser nach Rhein-Main - Fotos: Dieter Graulich

ULRICHSTEIN Dr. Hans Otto Wack informiert

Erschreckende Folgen des Klimawandels und Wasserraubbaus im Vogelsberg

04.11.19 - „Wasser hat in Ulrichstein einen hohen Stellenwert und seit Jahren sind wir auf der Suche nach Trinkwasser“, so Bürgermeister Edwin Schneider am Freitagabend im Vorspann zu einer Veranstaltung der Vogelsberger GRÜNEN zum Thema „Wasser im Vogelsberg“ im „Museum im Vorwerk“. Seit über 100 Jahren werde das Wasser für die Kernstadt aus Schürfquellen gewonnen, die immer öfters Probleme mit Bakterien hätten und im letzten Jahr, bedingt durch die Trockenheit, nicht mehr für die Trinkwasserversorgung ausreichten, so dass monatelang die Bevölkerung mittels Tankwagen mit Kosten von 60.000 Euro aus benachbarten Brunnen in Helpershain und Unter-Seibertenrod versorgt werden musste.

Gut besucht war die Veranstaltung der Vogelsberger Grünen zum Thema „Wasser im ...

Dies seien Hauptgründe für die hohe Wasserentnahme aus dem Vogelsberg ...

Verbündete im Kampf gegen die Grundwasserentnahme aus dem Vogelsberg: Dr. Hans-Otto ...

Die Suche nach Wasser begann dann mit einem Pumpversuch an einer Forschungsbohrung im Oberwald, Ergebnis: erfolglos. Eine in unmittelbarer Nähe gestartete Bohrung, ebenfalls, erfolglos. Derzeit ist in unmittelbarer Nähe des Ulrichsteiner Hochbehälter eine 200 Meter tiefe Brunnenbohrung erfolgt, die jedoch Fragen aufwirft. Bei einer Entnahme von 4,1 Liter pro Sekunde, stehe der Wasserspiegel aktuell bei rund 166 Metern, die Pumpe hänge in einer Tiefe von 169 Metern. Geplant sei, bis cirka Ende Mai 2020 bis zu vier Litern pro Sekunde entnehmen zu dürfen und diese zur Wasserversorgung in den Hochbehälter zu leiten. Im Februar/März nächsten Jahres soll dann entschieden werden, wie es mit der Bohrung weitergeht.

Mit erschreckenden Bildern zeigte dann Dr.Hans-Otto Wack von der Schutzgemeinschaft Vogelsberg die Folgen des Klimawandels und einer unverantwortlichen hohen Wasserlieferung an das Rhein-Main-Gebiet. Im Naturraum Vogelsberg zeigten sich mit dem verzögerten Frühjahrswachstum weitere Schäden. Und die dringend notwendige Grundwasserneubildung bleibe aus. Dr. Wack erinnerte daran, dass 2003 das letzte „Nass-Jahr“ gewesen sei. Auf Grund seiner geologischen, hydrologischen und biologischen Verhältnisse sei der Vogelsberg ein empfindlich auf Wasserentnahmen reagierendes System. Das Grundwasser aus dem Vogelsberg sei, aufgrund seiner sehr guten Qualität, auch überregional als Trinkwasser vor allem im Rhein-Main-Gebiet und in der Wetterau begehrt. So wurde die erste Fernwasserleitung nach Frankfurt 1871 bis 1873 gebaut. Als in den 70er Jahren die Förderung dort hin intensiviert wurde, waren für das Rhein-Main-Gebiet Fördermengen von über 120 Millionen Kubikmetern pro Jahr geplant. „Eine Katastrophe für die Natur“, so Dr. Wack.

Gegen diesen Raubbau am Grundwasser leisteten die Vogelsberger schon in den 1980er Jahren ersten Widerstand. Dennoch wurden 1985 mehr als 60 Millionen Kubikmeter Grundwasser exportiert. Heute liege die Fördermenge bei insgesamt 44 Millionen Kubikmeter Wasser pro Jahr.

Scharfe Kritik übte Dr. Wack daran, dass im Rhein-Main-Gebiet gerade bei größeren Neubauvorhaben/Hochhäusern, keine zweites Leitungssystem vorgeschrieben sei, denn mindestens 50 Prozent des Haushaltswasserverbrauchs müsse keine Trinkwasserqualität haben, bei Bürogebäuden und öffentlichen Einrichtungen seien dies oftmals mehr als 80 Prozent. Als Beispiel nannte er den Hotel- und Wohnturm „One Forty West“ in der Senckenberganlage. 430 Vier-Sterne-Hotelzimmer, zwei Restaurants und 187 Wohnungen soll der 140 m hohe Koloss beherbergen und allein für die Toilettenspülung dürften hier pro Jahr cirka 10.000 Kubikmeter Wasser verbraucht werden. Das gesamte Einsparpotential bei den größeren Bauvorhaben bezifferte Dr. Wack mit rund 250.000 Kubikmeter pro Jahr.

Des Weiteren sei unverantwortlich, die Bürger aufzufordern, Bäume und Sträucher in der Stadt mit gutem Trinkwasser zu gießen, während in den Entstehungsgebieten vehement zum Wassersparen aufgerufen werde. Vogelsberger Trinkwasser könne zudem gespart werden, wenn die Wasser-Eigenversorgungspotentiale des Ballungsraumes Rhein-Main genutzt würden. Die Kosten dafür seien jedoch teurer und aufwendiger, wie der Bezug aus dem Vogelsberg.

Mit erschreckenden Bildern über trocken gefallene Quellen, Bäche und Feuchtgebieten untermalte der wissenschaftliche Berater der Schutzgemeinschaft Vogelsberg seinen Vortrag. Er forderte abschließend: Der Vogelsberg muss den Mut haben, auch einmal in Frankfurt vor Ort zu zeigen, dass es so nicht weitergehen könne. Dass dies funktionieren könne hätten die Proteste und Demonstrationen bei der geplanten hohen Wasserentnahme im Gebiet um Salz gezeigt. Hier habe Müller Heinrich Muth aus dem Dörfchen Salz zusammen mit der Bevölkerung erreicht, dass die dort schon vorhandenen Brunnen der Stadt Frankfurt verschlossen blieben.

Auch bei der abschließenden teilweise sehr hitzigen Diskussion wurde gefordert: Warum klagt der Vogelsbergkreis nicht gegen die hohe Wasserentnahme? Es werde jedoch Landwirten verboten eigene Brunnen zu betreiben. Nicht vorgestellt werden konnte von der Landtagsabgeordneten Eva Goldbach das Leitbild des hessischen Umweltministeriums für ein integriertes Wasserressourcen-Management Rhein-Main, da sie durch einen Termin in Wiesbaden verhindert war. Dr. Wack wies daraufhin, dass das ursprüngliche Leitbild 98 Seiten umfasst habe, aber durch Einsprüche der Wasserversorger und des Rhein-Main-Gebietes auf 36 Seiten reduziert wurde. (gr) +++


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