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Christian Berkel präsentierte in Alsfeld sein Buch "Der Apfelbaum". - Fotos: Franziska Schaub

ALSFELD Wenn die Vergangenheit noch nachwirkt

Christian Berkels „Der Apfelbaum“-Lesung stimmt nachdenklich

24.11.19 - Die Veranstaltungsreihe „Der Vulkan lässt lesen“ erfreut sich im Vogelsberg großer Beliebtheit. Romantische Liebesgeschichten oder spannende Kriminalfälle, gepaart mit prominenten Schriftstellern oder Schauspielern kommen bei den Menschen der Region gut an. Es sei vorwegzunehmen: Christian Berkel (62), der dem deutschen TV-Publikum als „Der Kriminalist“ (ZDF) bekannt ist, hat es geschafft, seine Zuschauer in einen ganz besonderen Bann zu ziehen. Mit seinem Familienroman „Der Apfelbaum“ führt Berkel in ein unschönes Kapitel deutscher Geschichte, das auch sein eigenes Leben nachhaltig beeinflusst hat.

Der Apfelbaum im eigenen Garten war Christian Berkels erste Bühne, die er nach seinem ersten Theaterbesuch und dem daraus resultierenden Berufswunsch des Schauspielers ausgiebig nutzte. Zu dieser Zeit erfuhr er von seiner Mutter: „Du bist auch ein bisschen jüdisch.“ Was er als Kind schlecht begreifen konnte, führte im Laufe seines Lebens zu vielen Fragen - die Suche nach Antworten war nur selten erfolgreich. Zumindest bis die Idee aufkam, aus dem wenigen, was er wusste, ein Buch zu schreiben und dafür eine ausführliche Recherchearbeit zu seiner Familiengeschichte begann.

Für die zahlreichen Autogrammwünsche nahm sich der Schauspieler viel Zeit. ...

Die Geschichte um Sala, Tochter einer Jüdin, und Otto, einem Berliner Jungen aus der Arbeiterklasse, ihre Begegnung, ihre Erlebnisse während des Krieges, ihr Wiedersehen und ihren weiteren Werdegang liest Berkel in kleinen Teilen. Humorvoll, aber auch ernst. Es ist eine Geschichte, die auch vor Krieg, Gefangenschaft und einem dunklen Kapitel deutscher Geschichte nicht Halt macht, obwohl es wohl nicht nur für Berkel, als Sohn einer Halbjüdin, zu Hause ein Tabuthema war. Doch der Schriftsteller und Schauspieler liest nicht nur. Er geht nebenbei auf die Geschichte des Judentums ein, die heutige Meinung über den Holocaust, AfD-Aussagen im Bundestag und wie rechtes Gedankengut über die Sprache schleichend Einzug in die Köpfe der Menschen erhält.

Der Schauspieler zeigt sich gegenüber seinem Publikum offen, spontan und sympathisch. ...

 

Die Verarbeitung seiner Lebensgeschichte und die seiner Vorfahren im Debütroman „Der Apfelbaum“ wurde im Übrigen gleich ein Spiegelbestseller. Kein Wunder also, dass nicht nur die Veranstaltung ausverkauft war, sondern bereits in der Pause keine Exemplare seines Buches mehr zu erwerben waren. Unter tosendem Applaus verließ Berkel die Bühne. Geduldig, sympathisch und offen erfüllte der Berliner nicht nur jeden Autogramm- oder Fotowunsch, sondern kommt mit den Menschen ins Gespräch. Viele loben ihn, bedanken sich oder haben eine ganz eigene Geschichte zu erzählen.

An diesem Abend verlassen die Menschen zufrieden, aber auch nachdenklich das Autohaus Deisenroth und Söhne in Alsfeld. „Irgendwann muss doch mal Schluss sein.“ Dieser Satz hat nicht nur den Schauspieler zum Nachdenken gebracht. Denn Christian Berkel appelliert an seine Zuhörer, die Erinnerung an Vergangenes, auch an Schlechtes, zu wagen und schreibt dazu in seinem Roman:

„Erst mit der Erinnerung gewinnt unser Leben ein Gesicht. Ich will nicht wie ein Buch dastehen, aus dem einzelne Kapitel herausgerissen wurden, unverständlich für andere wie für mich selbst. Ich will versuchen, die leeren Seiten zu füllen. Für mich. Für meine Kinder. Für meine Familie. Zuerst stirbt der Mensch, dann die Erinnerung an ihn. Für diesen zweiten Tod tragen wir Nachgeborenen die Verantwortung.“ (Franziska Schaub) +++ 


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