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Die Fuldaer Kinderzahnärztin Dr. Christine Manske klärt über die Krankheit MIH auf. - Foto: Maria Franco

FULDA Krankheitsbild "Kreidezähne"

Erschreckende Entwicklung: Knapp 30 Prozent aller Kinder von MIH betroffen

24.01.20 - Mit dem Begriff Karies kann der ein oder andere etwas anfangen. Bei MIH blickt man jedoch in fragende Gesichter. Dabei sind inzwischen 28,7 Prozent von der Krankheit in Deutschland betroffen – von Karies hingegen 18,8 Prozent. Die Fuldaer Kinderzahnärztin Dr. Christine Manske möchte auf die Erkrankung aufmerksam machen und berichtet im Gespräch mit OSTHESSEN|NEWS über die möglichen Folgen und Komplikationen: "Die Entwicklung ist erschreckend. Immer mehr Kinder sind mit diesen veränderten Zähnen zu beobachten."

So können betroffene Zähne aussehen. Fotos (3): Praxis Knapp & Manske

Hinter dem Krankheitsbild Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation (MIH) verbirgt sich ein Schmelzdefekt. Dieser entwickelt sich nicht wie er normal sollte. Knapp 30 Prozent aller Kinder sind davon betroffen, mit Tendenz nach oben. Die kranken Zähne unterscheiden sich deutlich von den gesunden: Wenn sie durchgebrochen sind, das heißt gerade durch das Zahnfleisch durchkommen, sind sie farbverändert, eventuell sehr kälteempfindlich und weisen Substanzverlust auf. Weiß-gelbe Flecken treten auf. Hauptsächlich sind die Backen- und Frontzähne betroffen. "Im Volksmund nennt man die Zähne auch Kreidezähne, weil sie so weich sind", so Dr. Manske.

Ursachen unklar

Inzwischen sind 28,7 Prozent von der Krankheit in Deutschland betroffen. ...

Problematisch sei einerseits die Farbe, was sich kosmetisch negativ auswirken würde. Zudem würden durch den Substanzverlust enorme Schmerzen entstehen. Die Ursachen seien bisher unklar. Die MIH gebe es bei Milchzähnen und ebenso bei den bleibenden Zähnen. "Fakt ist, immer mehr Kinder leiden darunter, alles Mögliche wird dabei diskutiert." Denkbar seien Probleme bei der Mutter in der Schwangerschaft, ein Sauerstoffmangel bei der Geburt beziehungsweise beim Kaiserschnitt, oder Rachenraumerkrankungen ganz zu Beginn. Auch die Einnahme von Antibiotika sei nicht auszuschließen. Die Auswirkungen des giftigen Unkrautvernichters Glyphosat stünden ebenfalls im Raum. "Wahrscheinlich sind es aber die Weichmacher in Kunststoffen wie Schnullern und Flaschen." Die Kinderzahnärztin vermutet: "Es ist die Folge irgendeines Mangelzustandes oder eines Giftes, aber bisher tappt man weltweit im Dunkeln."

Doch wie kommt es zu dieser Störung? Die Entwicklung der Zähne verläuft unterschiedlich. Die Milchzähne würden sich im Kiefer des Kindes bereits im Mutterleib entwickeln. Die ersten großen Backenzähne hingegen würden sich in den letzten beiden Schwangerschaftsmonaten und ersten zehn Lebensmonaten bilden. "Hier wird die Schmelzglocke schon entwickelt, die Zähne sind aber noch im Knochen. Wenn der Zahn durchdringt, ist er bereits kaputt." 

Behandlung

Was können Betroffene gegen den Schmelzdefekt tun?

Um eine schnellstmögliche Behandlung der betroffenen Zähne zu ermöglichen, gibt es als Orientierung die sogenannte Würzburger Klassifikation mit den Stufen eins bis vier. "Eins ist nur farbverändert, zwei farbverändert und es fehlt schon was an Substanz, drei nur farbverändert und es fehlt nichts, tut aber höllisch weh und in der letzten Stufe ist alles zusammengefasst: kaputt, braun und tut schrecklich weh."

Was können Betroffene tun? "Das Problem ist, dass es weh tut, weil der Schmelz weg ist. Dadurch ist das Kariesrisiko hoch und die Kinder haben Angst jemanden da ranzulassen." Seit zwei Jahren existiere aber ein Therapieschema: Man spricht über Ernährung, die Fluoridmenge, das Zähneputzen, die Vermeidung von süßen Getränken und es werden große Pausen zwischen den Mahlzeiten empfohlen.

Darüber hinaus kämen weitere Optionen in Frage wie das Versiegeln des Zahnes mit Kunststoff, das Einsetzen einer Stahlkrone oder das Herausziehen des Zahnes. "Ziel ist erstmal einfach nur einen Schutz zu kreieren, denn die Kinder essen mit den Schmerzen nichts mehr." Während der Maßnahmen müssen die hypersensiblen Zähne gut betäubt werden, damit die Kinder nicht leiden. "Es ist wichtig, dass die Leute über das Thema Bescheid wissen – viele vermuten, es ist Karies." Die Kinderzahnärztin konnte oft die Reaktionen der Eltern beobachten können, diese würden sich Vorwürfe machen, dabei treffe sie keine Schuld. (Maria Franco) +++


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