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Sonntagsverkaufsverbot gelockert: Wie reagieren die Lebensmitteleinzelhändler?
20.03.20 - Das Sonntagsverkaufsverbot wird ab sofort aufgrund der aktuellen Ausnahmesituation ausgesetzt. Dies erklärte Ministerpräsident Volker Bouffier in einer Pressekonferenz am Montagabend. Damit soll die Versorgung der Bevölkerung weiterhin gewährleistet werden. Was sagen die Lebensmitteleinzelhändler Rewe, Tegut und Aldi dazu? Welches Geschäft macht von dem Angebot Gebrauch? O|N hat sich in Fulda umgehört.
Rewe in den Dalberghöfen: "Es fehlt an allen Ecken!"
Kai Grasmück, Filialleiter der Fuldaer Rewe-Filiale in der Dalbergstraße, sieht in dem Vorschlag der Regierung keinen Sinn. "Das Angebot ist zwar nicht aufgezwungen, uns bringt es aber nichts." Das Problem: Wenn Samstag einige Regale schon leer seien, sind diese am Sonntag ebenfalls leergefegt. "Wir stoßen einfach an unsere Kapazitätsgrenzen." Auch in Hinblick auf das Personal ist die Neureglung nicht stemmbar. Der Großteil der Mitarbeiter seien in dem Lebensmittelgeschäft die Frauen. "Die Mütter benötigen eine Kinderbetreuung. So kommt es momentan zu ständigen Ausfällen, was verständlich ist. Aber wir sind nicht die Einzigen mit den Schwierigkeiten - so geht es allen in unserer Branche. "
Außerdem fühlt sich Grasmück von der Gesellschaft ungerecht behandelt: "Sind wir im Einzelhandel resistent gegen die Viren, dass wir jetzt noch einen Tag zusätzlich arbeiten sollen?" Die Idee der Politiker sei wohlwollend gemeint, aber die Schwierigkeiten mit dem Personal und dem Nachliefern ist zu groß. "Die Bestellungen werden zwar gemacht, aber der Lkw muss erstmal ankommen. Welche Ware uns erwartet, sehen wir erst dann." Somit sei es unmöglich den Kunden 100 prozentige Versprechungen zu machen, wann welches Produkt nachgeliefert werden könne." Es fehle an allen Ecken. In dem Supermarkt seien bereits einige Telefonate geführt worden, bei denen Bewerber ihre Unterstützung angeboten haben. "Wir haben auch dringend Bedarf an Personal." Die Mitarbeiter würden unter eine Beweisprobe gestellt werden, der Stress mache allen zu schaffen. "Wir suchen jeden Tag nach Lösungen, bitten aber die Kunden um Verständnis", versichert der Filialleiter.
Statement Tegut (Update): Filialen werden am Sonntag nicht öffnen!
Tegut hatte am Mittwochvormittag zunächst überlegt, eventuell einige Filialen zu öffnen. Wie der Leiter der Unternehmenskommunikation, Matthias Pusch, nun am Freitag mitteilte, habe man sich gegen dieses Vorhaben entschieden: "Die letzten Tage waren für die Mitarbeitenden in den Märkten und in der Logistik sehr kräftezehrend und anstrengend, sodass der Sonntag zur Erholung dringend gebraucht wird. Sollte es in den kommenden Wochen zu Veränderungen wie zum Beispiel staatlichen Anordnungen kommen, die dies erforderlich machen könnten, prüfen wir erneut."
Aldi Süd und Aldi Nord: "Unsere Mitarbeiter brauchen Ruhepausen."
Carolin Kunsleben der Unternehmensgruppe Aldi Süd erklärt die Bedeutung, die auf dem Supermärkten nun laste: "Als Lebensmitteleinzelhändler erfüllen wir insbesondere in der aktuellen Situation einen sehr wichtigen Versorgungsauftrag für die Bevölkerung - diesen Auftrag nehmen wir sehr ernst. Unsere Miarbeiter insbesondere in Verkauf und Logistik geben jeden Tag alles, damit ausreichend Ware in die Regale kommt."
Aldi Nord und Aldi Süd seien verantwortungsvolle Arbeitgeber und würden zum Wohle der Familien handeln. "Wir tragen eine hohe soziale Verantwortung gegenüber der Belegschaft, für die die aktuelle Situation besonders arbeitsreich und belastend ist. Unsere Mitarbeiter brauchen Ruhephasen, um Kräfte zu sammeln, sich zu erholen, Zeit mit ihren Partnern und Familien zu verbringen." Deshalb plane das Unternehmen derzeit keine Verlängerung der Öffnungszeiten und gleichermaßen keinen Sonntagsverkauf. Die Lage werde aber genau beobachtet und auf notwendige Regulierungen seitens der Bundesregierung werde flexibel reagiert. Schließlich profitieren davon auch die Kunden: Denn gesunde Mitarbeiter können den Betriebsablauf aufrechterhalten. (Maria Franco) +++