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FULDA Bekannt wie ein bunter Hund

Das Gesicht der Staatsanwaltschaft Fulda: Harry Wilke geht in Ruhestand

17.04.20 - Dieser Mann weiß einfach alles über Drogen: er kennt den aktuellen Straßenverkaufswert von Heroin, die derzeit übliche Zusammensetzung von allerlei Modedrogen, die Wirkungsweise von THC bis Kokain und weiß auch, wie schnell der Konsum zu Abhängigkeit und Beschaffungskriminalität führt. Dazu steht er auch noch dauernd vor Gericht und hat viel mit Polizei und Haftsachen zu tun. Doch das Vorstrafenregister von Harry Wilke ist ein vollkommen unbeschriebenes Blatt - der Jurist stand immer auf der richtigen Seite des Gesetzes. 28 Jahre lang war der gebürtige Korbacher als Staatsanwalt in Fulda mit Schwerpunkt Betäubungsmittelkriminalität tätig - seit 2004 fungierte er zusätzlich auch als Pressesprecher der Anklagebehörde.

Präzise und auf den Punkt: Harry Wilke vor der Kamera im Landgericht Fulda ...Fotos:ON

In den Verhandlungen gab es selten etwas zu lachen

"Sie kenn ich doch aus dem Fernsehen", hört der 65-Jährige häufig - ob beim Essen im Lokal oder an der Supermarktkasse. Die wenigsten erleben ihn in der Robe als Vertreter der Strafverfolgungsbehörde - bekannter ist sein medialer Auftritt. Unzählige Male hat er schon sein Gesicht in die Kamera gehalten und zum Glück in wenig verklausulierter Sprache erläutert, welche Straftat einem von der Polizei verhaftetem Delinquenten vorgeworfen wird. Zwar hat sich Wilke dabei nie hinter juristischen Spitzfindigkeiten versteckt, war aber immer streng an die gesetzlichen Spielregeln gebunden. Umso wertvoller für die vielen Journalisten, mit denen er täglich umgehen musste, dass der Pressesprecher komplizierte Sachverhalte auf das für juristische Laien verständliche Maß herunterbrechen konnte. Nachhilfe in Gesetzesauslegung und gültiger Rechtsprechung kam auch dem juristischen Nachwuchs zugute: von Harry Wilkes profunder Berufserfahrung und seinem hervorragenden Gedächtnis haben viele Referendarinnen und Referendare profitiert. "Seine Tür stand uns immer offen", sagt seine designierte Nachfolgerin Dr. Christine Seban, die nicht nur fachlich viel von ihm gelernt hat.

Dafür aber auf dem Weihnachtsmarkt

Bei einer Pressekonferenz im Polizeipräsidium Osthessen 2006

"Ich habe mich immer bemüht, fair zu allen zu sein", sagt er über sein Selbstverständnis als Staatsanwalt. Nicht nur im Fernsehkrimi knirscht es häufig zwischen Polizei und Justiz - auch in der Realität gibt es da durchaus mal Kompetenzgerangel und hierarchisches Hickhack. Für Harry Wilke war die enge Abstimmung mit den Ermittlern offensichtlich nie ein Problem. "Wir haben einfach immer den direkten Draht zueinander gehabt und Tacheles geredet", erinnert sich Martin Schäfer, der als Pressesprecher der Polizei Osthessen jahrelang mit Wilke bestens zusammengearbeitet hat.

Spektakuläre Fälle bleiben im Gedächtnis

Staatsanwältin Dr. Christine Seban ist Wilkes Nachfolgerin als Pressesprecherin ...Foto: Niklas Brumund

Auch im eher friedlichen Fulda hat es aufsehenerregende Fälle und grausame Kapitalverbrechen gegeben. Für den scheidenden Staatsanwalt ist die Erinnerung an einen besonders spektakulären Mord noch nach fast 30 Jahren ganz gegenwärtig. Kurz nach seinem Amtsantritt in Fulda sah er sich damit konfrontiert, dass ein eifersüchtiger US-Soldat den abgetrennten Kopf seines Nebenbuhlers auf den Krankenhausnachttisch seiner Ehefrau platziert hatte. Auch der so genannte Radarmord, bei dem ein Berufskraftfahrer 2.000 einen Polizisten an der A 4 erschossen hatte, weil er glaubte, geblitzt worden zu sein, sorgte für bundesweite Schlagzeilen. Persönlich berührt habe ihn auch der sinnlose Tod eines jungen Paares, das in den frühen Morgenstunden zum 1. Januar 2006 auf der Fuldaer Von-Schildeck-Straße von einem betrunkenen 19-Jährigen überfahren und tödlich verletzt worden war. "Es war tragisch: das Zeitfenster des Tatgeschehens betrug nur wenige Sekunden", erinnert sich Wilke. Man frage sich dann unwillkürlich: Hätte mir das auch passieren können?

Obwohl Harry Wilke mit seiner Frau Ulrike sehr idyllisch am Ortsrand einer kleinen Rhöngemeinde wohnt, ist er in der gehobenen Gastronomie der Domstadt ein gern und oft gesehener Gast. "Harry ist ein echter Genussmensch - er liebt gutes Essen, guten Wein und auch Schokolade", sagt seine Frau. Das Motto des versierten Hobbykochs sei "Schmeckt nicht, gibt´s nicht!" Weil er als Student nicht immer nur Spaghetti essen wollte, habe er ein erfolgreiches Fern(seh)studium bei Starkoch Tim Mälzer absolviert. In einem seiner Stammlokale bekochte er vor einigen Jahren eine große Gästeschar sogar mit einem veritablen Fünf-Gänge-Menü von Vitello Tonato über Kürbiscremesuppe, Risotto mit Rotbarbe, gefüllten Kalbsröllchen auf Mangold bis zur Crème brûlée. Dem passionierten Motorrad- und Fahrradfahrer, den es auch gern in die Ferne zieht, wird es im Ruhestand bestimmt nicht langweilig werden: dafür wünscht ihm das Team von O|N alles erdenklich Gute! (Carla Ihle-Becker)+++


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