Archiv
Ein Zungenabstrich führt zu fehlerhaften Ergebnissen - Fotos: Adobe Stock / RioPatuca Images

FULDA Gefährlich-falsche Sicherheit

"Es gibt keine falsch positiven Corona-Tests" - viele fehlerhafte Abstriche

05.07.20 - Der Fall ist hochbrisant: eine Patientin aus dem nördlichen Vogelsbergkreis möchte sich im Neuro Spine Center von Dr. Samir Al Hami in Fulda einer Operation unterziehen. Voraussetzung für die Aufnahme ist ein Test auf SARS-CoV-2. Der Abstrich wird in seiner MVZ-Praxis gemacht und anschließend im Labor von Dr. Bernd Schühle, Facharzt für Labormedizin untersucht. Im Fall der betroffenen Patientin ist das Ergebnis positiv. Dr. Al Hami muss ihr eröffnen, dass er sie nicht operieren kann und Dr. Schühle meldet die Infektion dem zuständigen Gesundheitsamt. Das testet die Patientin erneut, diesmal an ihrem Heimatort im Vogelsbergkreis. Das Ergebnis: der zweite Test ist negativ. Ihr wird gesagt, der Positivtest bei Dr. Al Hami sei falsch gewesen, sie sei nicht infiziert.

Von links: Dr. Samir Al Hami, Dr. Bernd Schühle und Dr. Cornelia Irmler ...Fotos (6): Hendrik Urbin

Lässt alle Patienten auf das Corona-Virus und MRSA testen, bevor sie in die Klinik ...

Dr. Schühle ...

Hier kommt das Labor von Dr. Schühle ins Spiel. "In unserem Labor werden immer RKI-konform zwei Genabschnitte untersucht. Beide können nur bei einer SARS-Infektion positiv ausfallen. In der oben genannten Konstellation darf man nicht von falsch positiven Testergebnissen sprechen", erklärt Labormedizinerin Dr. Cornelia Irmler entschieden. Tatsächlich sollte ein negatives Ergebnis nach einem positiven dazu führen, dass der Patient "als ehemals infiziert anzusehen sei. Dies ist der Gefährlichkeit des Virus geschuldet". Durch die Aussage, der erste Test sei falsch gewesen, würden Patienten extrem verunsichert bzw. würden sich in falscher Sicherheit wiegen. Das Ergebnis hänge unter anderem entscheidend vom Zeitpunkt der Testung ab. In den ersten drei bis sieben Tagen nach der Ansteckung sei das Virus im Rachenraum meist gut nachzuweisen, dann sei die Viruslast am höchsten. Später sinke es häufig  tiefer in die Lunge ab und könne höchstens noch dort "erwischt" werden. Da ein Abstrich des Nasen-Rachen-Raums also nur im frühen Infektionsstadium verlässlich ist, kann zusätzlich eine Probe aus den tieferen Atemwegen entnommen werden, etwa aus dem Schleim beim Abhusten. Zeigt sich im Labor Viren-Erbsubstanz, ist der Test positiv.

und seine Kollegin sind Fachärzte für Labormedizin

Entscheidend ist also der zeitliche Abstand zwischen Infektion und Test. Je größer dieser Zeitraum ist, desto geringer sei die Wahrscheinlichkeit, dass die Testung positiv ist. Doch das ändere nichts daran, dass der Patient infiziert und als potentiell ansteckend anzusehen sei. Es sei also fatal, wenn ein negatives Ergebnis dazu führt, dass das vorherige positive Ergebnis als falsch deklariert wird und die Getesteten als gesund eingestuft würden, vor allem aber ihre zurückliegenden Kontakte nicht ermittelt und untersucht würden ("Tracing"). Bei einem Patienten mit verdächtigen Symptomen dürfe man sich niemals auf ein einziges negatives Testergebnis verlassen. Auch bei wiederholten negativen Tests kann laut Robert Koch-Institut eine Infektion nicht ganz ausgeschlossen werden.


Fehlerhafte Abstriche sind eine Ursache für falsche Ergebnisse

Besonders gefährlich sind solche Fälle für eine Klinik wie die von Dr. Al Hami, der die anderen Patienten und sein Personal unbedingt vor Infektionen schützen muss. Im Zweifel sagt er eine Aufnahme und Operation lieber ab und testet grundsätzlich jeden auch mehrfach, bevor er in die Klinik kommt. Und das sowohl auf das Virus als auch auf Antikörper. So erklärt sich auch der relativ hohe Prozentsatz an Positivtests im Neurospine Center. Von rund hundertfünfzig Patienten seien in den letzten Wochen ca. zehn Prozent positiv getestet worden, während diese Rate in anderen Kliniken weitaus geringer ausfalle. Eine Ursache für viele falsch-negative Testergebnisse seien eindeutig fehlerhafte Abstriche, sagt der Mediziner. Die Art des Abstrichs sei gravierend für das Ergebnis. Ein leichtes Berühren der Schleimhäute sei kein ausreichender Nachweis. "Der Abstrich muss für den Probanden richtig unangenehm sein, sonst war er nicht richtig", so Dr. Al Hami. Sicherer wäre in jedem Fall ein Bluttest auf das Virus, doch der stehe noch aus.

Es gelte einfach die Maxime, weiter sehr vorsichtig zu sein und bei verdächtigen Symptomen so schnell wie möglich zum Arzt zu gehen und sich testen zu lassen. "Da genügen schon leichte Halsschmerzen oder der Verlust des Geruchssinns". Die Krise sei beileibe noch nicht vorbei und das Virus werde uns noch lange beschäftigen, ist sich Dr. Al Hami sicher.(ci)+++


Über Osthessen News

Kontakt
Impressum

Apps

Osthessen News IOS
Osthessen News Android
Osthessen Blitzer IOS
Osthessen Blitzer Android

Mediadaten

Werbung
IVW Daten


Service

Blitzer / Verkehrsmeldungen Stellenangebote
Gastro
Mittagstisch
Veranstaltungskalender
Wetter Vorhersage

Social Media

Facebook
Twitter
Instagram

Nachrichten aus

Fulda
Hersfeld Rotenburg
Main Kinzig
Vogelsberg
Rhön