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Exzessive Smartphonesucht: "Das Gefühl, immer up-to-date sein zu müssen"
11.07.20 - Sie sind kleine Alleskönner und bringen viele Vorteile mit sich: die Smartphones. Doch schnell geraten Nutzer in eine Abhängigkeit - Experten warnen vor gesundheitlichen Risiken. Michael Schütte ist Diplom-Sozialarbeiter und Suchttherapeut im Caritas-Zentrum für Sucht- und Drogenhilfe in Fulda und sieht der Entwicklung ebenfalls kritisch entgegen.
Das Problem seien besonders die sozialen Medien. "Heutzutage möchte jeder immer up-to-date sein und immer am Geschehen der Freunde teilhaben und die Posts auf Instagram & Co. verfolgen." Doch das führe zu dem Gefühl, nicht mehr ohne das Handy auszukommen. "Teilweise haben intensive Nutzer das Gerät über Nacht an. Es besteht dauerhaft die Angst eine Mitteilung zu spät zu lesen", so Schütte im Gespräch mit OSTHESSEN|NEWS.
Ältere Generationen hätten dafür eher weniger Verständnis: "Meistens heißt es von den Eltern, 'komm, leg das Handy weg' - aber manche haben damit ein echtes Problem." Dennoch sollten Eltern ein Auge auf die Dauer der Nutzung werfen, bei unter 12-Jährigen rät Schütte vom Gebrauch ab. "Danach kommt man nicht mehr drumherum. Vorher sind es entweder Helikoptereltern, die ihr Kind im Bus und überall erreichen möchten. Für manche ist es auch wie ein Statussymbol."
In der Beratung trifft Schütte auf einige Betroffene, meistens bis zum 30. Lebensjahr. "Es sind aber eher die Eltern, die auf uns zukommen und sich Sorgen um das Nutzungsverhalten des Kindes machen." Eine exzessive Handysucht kann zu psychischen Störungen wie Konzentrations- und Schlafproblemen, Angstzuständen oder Depressionen führen.
Der Suchttherapeut lädt zum Selbstexperiment ein: Einfach mal das WLAN ausschalten und nur telefonisch erreichbar sein. "Man muss nicht jede Minute Nachrichten empfangen." Ihre Meinung ist gefragt: Würden Sie einem 12-jährigem Kind die Smartphone-Nutzung erlauben? Nehmen Sie an unserer Umfrage teil. (Maria Franco) +++