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Linke Fraktion zum Bau der A49: "Es ist fünf nach zwölf!"
15.09.20 - Während Umweltaktivisten in Baumhäusern den Trassenbau verhindern wollen, können einige Anwohner es kaum abwarten, dass mit den Bauarbeiten endlich begonnen wird: Kein Thema sorgt im Vogelsbergkreis derzeit für so viel Aufregung wie der Weiterbau der A49. Doch mittlerweile bewegt das Thema auch immer mehr Menschen in Hessen und Deutschland. Die hessische Linksfraktion äußert sich nun in einem offenen Brief an Verkehrsminister Tarek Al-Wazir und Umweltministerin Priska Hinz: "Es ist fünf nach zwölf, der Weiterbau muss ausgesetzt werden!"
Denn der Weiterbau der A49 von Schwalmstadt bis zur A5 bei Gemünden widerspreche den Zielen des hessischen Klimaschutzplans und den Zielen der hessischen Nachhaltigkeit sowie der Biodiversitätsstrategie. "Die Folgen des Klimawandels mit Artenverlust, Waldsterben und Trinkwasserknappheit machen deutlich, dass der Weiterbau der Autobahn 59 ausgesetzt und überprüft werden muss."
Zielkonflikte bereits 1997
Die Fraktion rund um Vorsitzende Janine Wissler kritisiert vor allem, dass die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinien in den Planungen nicht beachtet wurden. "Wie auch das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am 23. Juni dieses Jahres bestätigte, sind diese unvereinbar mit dem sozial-ökologischen Umbau unserer Gesellschaft zum Schutz des Klimas und der Menschen." In diesem Zusammenhang macht die Fraktion darauf aufmerksam, dass schon im Jahre 1997 von der hessischen Landesregierung die in Auftrag gegebene Umweltverträglichkeitsstudie zu dem Ergebnis gekommen sei, dass die Zielkonflikte mit der Trasse mit dem Natur- und Umweltschutz nicht aufgelöst und die Eingriffe in Natur und Landschaft nicht ausgeglichen werden können. "Ein Bau der Autobahn durch das Flora-Fauna-Habitat-Gebiet Herrenwald bei Stadtallendorf war eigentlich ausgeschlossen. Nur ein ,Nachweis' sogenannter ,zwingender Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses' ermöglichte eine Ausnahme."Fakt ist: Für den geplanten Weiterbau der Autobahn müssen bei Stadtallendorf etwa 25 Hektar Wald gerodet werden - im Dannenröder Forst sind es 85 Hektar. "Der, trotz Dürre und Klimaänderung, noch intakte Buchen-Eichen-Mischwald mit bis zu 300 Jahren alten Bäumen, gilt seit den 1980er Jahren als Vorzeigewald für nachhaltige Forstwirtschaft und soll nun durch eine Autobahn zerschnitten werden. Arten- und Biotopschutz werden hier mit Füßen getreten."
"Baurecht bedeutet nicht Baupflicht"
Doch damit für die Linke-Fraktion nicht genug, denn auch der Eingriff in das Trinkwasserschutzgebiet ist ein weiterer Kritikpunkt im Brief an Hinz und Al-Wazir: "Hier soll eine 460 Meter lange und 30 Meter hohe Autobahnbrücke über das Tal gebaut werden, mit Pfeilern, die 30 Meter tief in die Erde, davon 20 Meter in den Bereich des Grundwassers, reichen. Die Pfeiler sollen in unmittelbarer Nähe von Wasserpumpen gründen und gefährden damit die Trinkwasserversorgung für circa 500.000 Menschen. Aufgrund der Dürresommer gab es in der Region bereits jetzt Probleme mit der Wasserversorgung." Der Appell der Fraktion ist klar: Mobilität müsse umweltfreundlicher und Naturräume besser geschützt werden.Deshalb fordern Wissler und Co. ein sofortiges Bau-Moratorium. "Gegen die hohe Verkehrsbelastung in den Gemeinden gibt es andere Lösungen, die kostengünstiger und umweltfreundlicher realisiert werden können, als der Bau der Autobahn. Der Weiterbau muss deshalb gestoppt, Alternativen geprüft und umgesetzt werden. Denn Baurecht bedeutet nicht gleichzeitig Baupflicht!" (ld) +++