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Dieter Herchenhan zeigt seine erste, 1974 ausgestellte Ernennungsurkunde zum Ortsge-richtsvorsteher und die aktuelle aus dem Jahr 2015. Foto: Sandra Limpert Diese Patenbank auf seiner täglichen Spazierstrecke Richtung Schlitzenhausen hat Dieter Herchenhan gestiftet. Doch noch ist fraglich, ob Hessens ältester Ortsgerichtsvorsteher dort ab Oktober mehr Zeit als bisher verbringen wird. - Fotos: Sandra Limpert

TANN (RHÖN) Nachfolger gesucht

Dienstältester Ortsgerichtsvorsteher Dieter Herchenhan: Amtszeit endet

08.10.20 - Der Name Dieter Herchenhan ist vor allem mit seiner zwölfjährigen Tätigkeit als Bürgermeister der Stadt Tann verbunden. Doch auch vor, nach und während dieser Zeit war er als Ehrenbeamter engagiert. Seit 1974 hat er sich als Vorsteher des Ortsgerichts der Stadt Tann ehrenamtlich um Beglaubigungen von Unterschriften, Sterbefallanzeigen ans Amtsgericht, Nachlass-Sicherungen, Schätzungen und Festsetzungen von Grundstücksgrenzen gekümmert.

"Man lernt dabei die Menschen kennen - häufig kommt man in existenziellen Situationen wie Todesfällen oder Scheidungen mit ihnen in Verbindung", resümiert Dieter Herchenhan. Zwei Fälle sind dem 85-Jährigen besonders im Gedächtnis geblieben: "Einmal hat mich die Polizei nach einem Suizid gerufen. Während ich gemeinsam mit dem Ortsgerichtsschöffen nach Wertgegenständen in der Wohnung suchte, habe ich den Toten noch hängen sehen." Ein anderes Mal sicherte das Ortsgericht bei einer verstorbenen Frau, von der keine Angehörigen bekannt waren, den Nachlass und fand Hinweise auf einen Ehemann. Dieser weigerte sich jedoch, die Beerdigung zu organisieren. "Erst als kurz darauf zwischen Bettlaken in einem Wäscheschrank ein Sparbuch mit fast 30.000 Euro Guthaben gefunden wurde, änderte er seine Haltung."

"Habe mich um Bürgerfreundlichkeit bemüht"

Meistens habe ihm die Tätigkeit, für die absolute Neutralität Voraussetzung sei, Freude gemacht, weil er damit seinen Mitbürgern habe helfen können, berichtet Herchenhan. "Ich habe mich immer um Bürgerfreundlichkeit bemüht und bei Bedarf Hausbesuche gemacht, zum Beispiel, wenn für jemanden der Weg ins Rathaus für eine beglaubigte Unterschrift aus Altersgründen zu beschwerlich war", sagt der Altbürgermeister. Dass es die Ortsgerichte als Institution der Justiz auf dem Gebiet der freiwilligen Rechtspflege gibt, ist eine Besonderheit in Hessen und in den anderen Bundesländern nicht vorzufinden. "Das spart den Bürgern Kosten: Statt Notargebühren müssen sie beim Ortsgericht für eine Unterschriftsbeglaubigung nur sechs Euro zahlen", führt Herchenhan aus.

Dass er dem Amt so lange treu geblieben ist, liegt seiner Aussage nach nicht zuletzt an der harmonischen Zusammenarbeit mit den Schöffen. Auch sein Stellvertreter, der 92-jährige Architekt Karl-Otto Rommel, engagiert sich seit 1974 beim Ortsgericht, und der 83-jährige Bauingenieur Heinz Witzel ist seit 25 Jahren mit von der Partie. Die Wahl des neuen Ortsgerichts ist für den 30. Oktober vorgesehen, wenn die Stadtverordnetenversammlung nächstes Mal tagt.

71 Jahre im öffentlichen Dienst

"Die Neubesetzung wird nicht einfach werden", ist sich Bürgermeister Mario Dänner im Klaren. Bisher sei erst eine Bewerbung eingegangen. Herchenhan war für das Amt von seinem Vorgänger, dem damaligen Bürgermeister und Ortsgerichtsvorsteher, vorgeschlagen worden. "Auch schon 1974 war der Andrang in dieses Ehrenamt eher gering", formuliert er trocken. Sollte es im Oktober zu keiner Neuwahl kommen, bleibt das (zusammengerechnet 260 Jahre) alte Ortsgericht zunächst weiter im Amt.

Weil Herchenhan bereits als 14-Jähriger eine Verwaltungsausbildung bei der Stadt Tann begonnen hatte, kann er einschließlich seiner Zeit als Ortsgerichtsvorsteher auf 71 Jahre im öffentlichen Dienst zurückblicken. Bei allem Stolz darauf liegt ihm ein anderes Jubiläum weit mehr am Herzen: Mit seiner Frau Renate, mit der er außer den beiden Kindern nach dem frühen Tod der Tochter auch zwei Enkelkinder großgezogen hat, konnte er in diesem Monat Eiserne Hochzeit feiern. "65 Jahre lang in Partnerschaft zusammenleben zu können, ist eine ganz besondere Gnade", unterstreicht der lebenserfahrene Tanner. (pm) +++


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