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Um die Erweiterung des Steinbruchs geht es in Müs - Fotos: Carina Jirsch

GROßENLÜDER Emotionale Konfrontation oder Dialog?

Ungelöster Interessenskonflikt zwischen ZKW Otterbein und Anwohnern

22.10.20 - Die diametral entgegengesetzten Interessen stoßen sich am Langenberg in Müs hart im Raum: wie mehrfach berichtet möchte das Unternehmen Zement-Kalkwerke Otterbein (ZKW) den Steinbruch zum Kalkabbau um 6,5 Hektar erweitern, und zwar bis 135 m an die Wohnbebauung von Müs heran. Dagegen wehrt sich die Bürgerinitiative "Pro Lebensraum". In einer Bürgerbefragung haben sich die Bewohner mehrheitlich gegen die Ausbaupläne ausgesprochen. Ein vom Unternehmen geplanter Runder Tisch, der frühzeitig für Transparenz und Tolerierung der Pläne sorgen sollte, ist bereits im Vorfeld gescheitert. An einem Runden Tisch, der von Bürgermeister Werner Dietrich (UBL) in Abstimmung mit Landrat und Regierungspräsident sowie den gemeindlichen Gremien initiiert worden war, wollte das ZKW Otterbein nicht teilnehmen.

Informationsgespräch mit der Bürgerinitiative im Müser Bürgerhaus

Christoph Lohfink, 1. Vorsitzender Bürgerinitiative

Sucht den Dialog: CDU-Bürgermeisterkandidat Marco Herbert

Janina Reinhardt, 2. Vorsitzende Bürgerinitiative

Kristin-Marie Reinhardt, Jugendvertretung Bürgerinitiative

CDU-MdB Michael Brand

Stefan Otterbein, CDU-Gemeindevertreter

Karl Schmitt, CDU-Gemeindevertreter

Kurz vor der Bürgermeisterwahl in Großenlüder polarisiert die Frage der Zukunft des ZKW die Wähler. Denn es geht nicht nur um die bisherigen und künftig befürchteten Umweltbelastungen der Zementproduktion, sondern auch um die Sicherheit von mittlerweile 140 Arbeitsplätzen. Um sich über die weit auseinander liegenden Positionen der Kontrahenten zu informieren, traf sich der CDU-Kandidat Marco Herbert am Dienstag sowohl mit Vertretern der Bürgerinitiative als auch mit den beiden den ZKW-Geschäftsführern Winfried und Dr. Christian Müller. An den beiden Informationsgesprächen nahm auch CDU-MdB Michael Brand teil.

Ortsbegehung am Langenberg

Kristin-Marie Reinhardt, Jugendvertretung Bürgerinitiative

Alexander Sopp, Vorstand Bürgerinitiative

Dr. Christian Müller mit einer Grenzwerttabelle beim Gespräch im Zement-Kalkwerk ...Fotos: Carina Jirsch

Die Liste der Kritikpunkte am ZKW seitens der BI ist umfangreich: beklagt wird vor allem die Tatsache, dass das Werk über eine Ausnahmegenehmigung zur Verbrennung von sogenannten Sekundärbrennstoffen wie Gewerbeabfall, Tiermehl und Trockenklärschlamm verfügt, die zu einer erhöhten Schadstoffbelastung führe. Weder für die Lärmimmissionen durch Sprengungen, Lkw- und Werksverkehr noch für die Umweltbelastung gebe es bisher objektive Messungen. Deren Ergebnisse könnten endlich Fakten schaffen, die die negativen Auswirkungen der Produktion für die Anwohner eindämmen könnten. Das Unternehmen sei gefordert, die vermehrten Sorgen der betroffenen Anwohner ernst zu nehmen und die Umweltbelastungen mit allen geeigneten Mitteln auf ein verträgliches Maß zu reduzieren. Dafür müssten auch neue Geschäftsfelder entwickelt werden, die den Abbau zulasten von Anwohnern und Umwelt künftig überflüssig machten.

"Wir müssen die künftige Rohstoffversorgung für unsere Produktion sichern"

Winfried Müller

Die Geschäftsleitung der ZKW Otterbein begrüßte die Initiative von Marco Herbert, sich mit beiden Seiten zu treffen und um einen sachlichen Austausch an Informationen zu bemühen. Das Vorhaben der Steinbrucherweiterung sei hinlänglich bekannt und werde eigens auf einer Internetseite des Unternehmens ausführlich erklärt. Der geplante Ausbau sei zwingend notwendig, um den Standort zu erhalten und die Rohstoffversorgung für die Produktion zu sichern. Die Zementherstellung sei nun mal ein "kapitalintensiver Industriezweig", der jährlich hohe Investitionen nötig mache. Deshalb sei eine langfristige Perspektive von mindestens 40 Jahren weiterem Abbau für das Werk obligatorisch, das Kalkvorkommen dafür sei vorhanden. Die Firmenchefs beklagten eine "emotionale Aufladung" des Themas. Wenn die BI von einer "antiquierten Dreckschleuder" spreche, sei kein Dialog mehr möglich. Selbstverständlich halte man sich an alle Auflagen und bleibe unter den vorgeschriebenen Schadstoffgrenzwerten.

Bei den Zement- und Kalkwerken Otterbein würden – wie in nahezu allen deutschen Zementwerken Sekundärbrennstoffe – im Rahmen der Zementklinkerherstellung eingesetzt. Dies helfe, Kohle und Gas sowie CO2-Emissionen einzusparen. Alleine 2019  seien dadurch ca. 15.000 to CO2 eingespart worden. Für den Einsatz von Sekundärbrennstoffen existiere eine reguläre Genehmigung (d.h. keine Ausnahmegenehmigung), die vor etwa 12 Jahren vom RP Kassel entsprechend der gleichen strengen gesetzlichen Vorgaben erteilt wurde, die für alle Zementwerke in Deutschland gelte. Grundsätzlich würden auch alle wesentlichen Emissionen (z. B. Staub, CO, Schwermetalle), Imissionen (Lärm, Erschütterungen) und sogar Grundwasserstände im Zusammenhang mit dem Abbaugebiet entsprechend der behördlichen Vorgaben objektiv gemessen und kontrolliert. "Die vollständige Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen wird von den zuständigen Behörden von Amts wegen geprüft und bestätigen, dass ZKW Otterbein die gesetzlichen Vorgaben sicher einhält und bei vielen Werten deutlich unter dem vom Gesetzgeber geforderten Niveau liegt", erklärt Dr. Müller. Um den Sorgen und Nöten der Anwohner entsprechend zu begegnen, habe man eine Bürgersprechstunde im Betrieb eingerichtet und sei im ständigen Dialog. Das Genehmigungsverfahren und die zuvor dafür notwendigen Gutachten seien ein langfristiger Prozess und beanspruchten noch mehrere Monate. "Mitte 2021 sind wir schlauer", kündigte Dr. Christian Müller an. (Carla Ihle-Becker) +++ 


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