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Pressekonferenz zum Thema Seelsorge via Zoom. - Screenshot: Zoom

KASSEL Kirche entsendet Sonderseelsorger

Ethisches Dilemma in Heimen: "Corona-Kümmerer" sorgen für Verständigung

26.11.20 - Seelsorger haben eine wichtige Funktion: Sie begleiten Kranke und Pflegebedürftige, Sterbende und Trauernde - auch in Corona-Zeiten. Zwar sind den Wegbegleitern Besuche in Pflegeeinrichtungen gestattet, doch wie gelingt eine gute Balance zwischen dem Schutz des Lebens von Menschen in solchen Einrichtungen und ihrem Bedürfnis nach Kontakt, Zuwendung und Teilhabe? Wie gestaltet sich der Alltag momentan? Dazu informierten am Mittwoch Dr. Beate Hofmann, Bischöfin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Pfarrerin Nicola Haupt, Referatsleiterin Sonderseelsorge, sowie Pfarrerin Birgit Inerle, Altenheimseelsorgerin, in einer Online-Pressekonferenz via Zoom.  

Bischöfin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck Dr. Beate Hofmann ...Fotos: medio.tv/schauderna

Zu Beginn des Gesprächs weist Hofmann die Vorwürfe zurück, die Kirche hätte die Menschen während des ersten Lockdowns alleine gelassen, sich nicht um sie gekümmert. "Die Seelsorge hat sich intensiv um Lösungen bemüht und ist stets der Frage nachgegangen, wie die Lage in den unterschiedlichen Einrichtungen aussieht. Die Entwicklungen sind vielfältig", erklärt die Bischöfin.

Ethische Dilemma-Situation bewältigen

In den Einrichtungen läge ein ethisches Dilemma vor - zwischen Gesundheit und Kontaktbedürfnissen. Die Frage, die vordergründig im Raum stehe: "Was können wir in dieser Krisenzeit tun?" Da sei Hofmann die Idee gekommen, sogenannte "Corona-Kümmerer" einzusetzen. "Wir bitten Menschen aus der Seelsorge, sich mit Bewohnern und Angehörigen zu verständigen. Welche Lösungen sind hier möglich?" Die Seelsorger erproben das Konzept. Ziel sei es, dieses Dilemma gemeinsam zu bearbeiten. 

Pfarrerin Nicola Haupt

Pfarrerin Nicola Haupt hat das Konzept aufgegriffen. Sie blickt zunächst auf die Anfangszeit der Pandemie zurück - dort habe starke Verunsicherung in den Heimen geherrscht. Die größte Sorge: das Virus in die Einrichtungen zu bringen. "Deshalb wurde anfangs keinem Zugang gewährt. Schnell klärte sich jedoch, dass Seelsorger weiterhin ihrer Aufgabe vor Ort nachgehen dürfen." Videokonferenzen seien zur Kommunikation hinzugezogen worden. Inzwischen hätten sich die Seelsorger weiterentwickelt und eine Hygieneschulung online absolviert. "Mit einem geeignetem Schutz sind Besuche im Heim möglich. So kann Kontakt aufgenommen werden, ohne die Menschen zu gefährden."

Seelsorge mit entscheidender Rolle

Die Seelsorge sei als Brücke zwischen Bewohnern und Angehörigen zu sehen. "Sie brauchen einen Ansprechpartner", führt Haupt weiter aus. Umso wichtiger sei das neue Ethik-Projekt, das aktuell in der Startphase liegt. Nächste Woche soll es losgehen. "Die zwölf Pfarrer, die in ihren jeweiligen Pflegeeinrichtungen bereits Vertrauen gewonnen haben, sollen erarbeiten, wo Unterstützung benötigt wird." Seelsorger seien in der Lage, Prozesse zu moderieren. "Blickt man beispielsweise auf Weihnachten, kommen da in Pflegeheimen viele Fragen auf." Das Ziel: ein moderierter Prozess. Hier sei es wichtig Gespräche mit allen Akteuren zu führen - darunter Pflegekräften, der Heimleitung, Küchenpersonal und den Alltagsbegleitern. "Alle müssen in den Verständigungsprozess integriert werden", so Haupt. Dabei werde das Konzept individuell umgesetzt und sich aktuellen Herausforderungen gestellt. Projektkoordinatoren werten die Entwicklungen dann aus. 

Zweite Welle: "Versuchen, so viel Normalität wie nur möglich zu bieten"

Pfarrerin Birgit Inerle Foto: medio.tv/schauderna

Pfarrerin Birgit Inerle berichtet von ihrem Alltag in der Seelsorge. Sie wird eine der zwölf Ethik-Lotsen sein. "Die Kirche hat sich während der Pandemie nicht zurückgezogen. Im Gegenteil: Sie hat sich sensibel und einfühlsam präsentiert. Wir haben nach neuen Möglichkeiten gesucht, beispielsweise in Form von Balkonkonzerten." 

Die zweite Welle beschäftigt weiterhin alle Verantwortlichen. "Die Einrichtungen versuchen so viel Normalität wie nur möglich zu bieten - für Bewohner und Angehörige zugleich." Inzwischen sind pro Woche drei Besuche je einer Stunde erlaubt. Die oberste Prämisse: Das Corona-Virus fernzuhalten. Inerle hält in den Altersheimen Andachten und begleitet Menschen beim Sterbeprozess. "Wir sind froh, dass die Besuchszeiten gelockert wurden, denn das hat Auswirkungen auf die Bewohner." Für Demente sei es beispielsweise eine schwierige Lage. "Erkennen sie bei zu wenig Kontakt noch Familienangehörige? Diese Personengruppe merkt dabei nur, dass etwas nicht stimmt - kognitiv können sie das Ganze nicht zuordnen. Das verunsichert Angehörige." 

Durch das Konzept werde Hoffnung geschöpft, die Bewohner zu unterstützen. "Die Seelsorge ist der Motor, um unterschiedliche Akteure an einen Tisch zu bekommen und einer Lösung näherzukommen", konstatiert Inerle. Die Idee könne als Chance gesehen werden. "Es ist ein offener Prozess", ergänzt Hofmann. "Wir hoffen, dass wir von der Arbeit der zwölf Ethik-Lotsen lernen und ausstrahlen können zu einem flächendeckenden Projekt, das weitere Kirchenkreise umschließt." (Maria Franco) +++


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