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Ein letzter Gruß - die Corona-Pandemie verändert auch die Bestattungskultur nachhaltig - Fotos (4): Gudrun Schmidl

REGION In aller Stille Abschied nehmen

Trauerfeiern und Beerdigungen in Corona Zeiten - einsam am Grab mit Abstand

25.01.21 - Einen geliebten Menschen zu beerdigen, ist schon schwer genug. Die Einschränkungen durch Corona machen das Abschied nehmen nicht leichter. Wie groß diese Einschränkungen greifen, wird schon durch die Formulierungen "Die Beerdigung findet im engsten Familienkreis statt" oder "Die Beisetzung hat in aller Stille stattgefunden" in den Todesanzeigen deutlich.  Wenn sich die Hinterbliebenen dennoch für eine etwas größere Trauerfeier entscheiden, bitten sie zumeist schon in der Todesanzeige um die Einhaltung der Corona-Regeln.

Fotos (2): Bestattungsinstitut Allendorf

Bestattungsfachkraft Arvid Allendorf arbeitet im familiengeführten Bestattungsinstitut ...

Für die Bestatter ist es wichtig, sich mit den örtlichen teils abweichenden Vorgaben vertraut zu machen, um diese dann auch konform umzusetzen, berichtet Bestattungsfachkraft Arvid Allendorf vom Bestattungsinstitut Herbstwind in Niederaula. Beispielhaft teilt das Standesamt der Stadt Bebra auf Nachfrage von O|N mit, dass derzeit in der Friedhofshalle maximal zehn Personen an der Trauerfeier teilnehmen dürfen, was je nach Größe der Friedhofshalle in den einzelnen Stadtteilen variieren kann. Für den Außenbereich gilt keine Beschränkung der Personenzahl. Alle Trauergäste sind zur Einhaltung der Hygienemaßnahmen wie ausreichendem Sicherheitsabstand und Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in und außerhalb der Friedhofshalle verpflichtet. Um mögliche Infektionswege nachvollziehen zu können, ist es auch in Bebra seit Beginn der Pandemie Pflicht, dass jeder Trauergast seine Kontaktdaten auf einer Liste hinterlässt. Hier obliegt dem Bestatter die Aufgabe, die Vollständigkeit zu überprüfen und auch ausreichend desinfizierte Kugelschreiber vorzuhalten. Die Trauergäste können sich allerdings vorab auch schon online registrieren, betont Arvid Allendorf. 

Pfarrerin Janina Richter lebt im Ludwigsauer Ortsteil Beenhausen Foto: privat

Pfarrerin Janina Richter, zuständig für das Pfarramt Ludwigsau-1 versucht, in einem Trauerfall Nähe und Gemeinschaft über andere Wege herzustellen. Sie erfährt von der Betroffenheit vieler Dorfbewohner und teilt diese den Angehörigen mit, ohne konkrete Namen oder Details zu nennen. "Gerade bei tragischen Todesfällen oder solchen im Zusammenhang mit Corona gibt es aktuell viel Unsicherheit". Beileidsbekunden mit Händeschütteln und mitfühlende Umarmungen in der Friedhofshalle oder am offenen Grab sind nicht erlaubt. Dabei ist die Beerdigung eines Menschen ein bedeutsames Element im Trauerprozess.  

Auch das sich anschließende Trauermahl oder der Trauerkaffee werden schmerzlich vermisst, denn für Trauernde ist es wichtig, von einer Gemeinschaft aufgefangen und im gemeinsamen Gedenken an den Verstorbenen getröstet zu werden. Janina Richter merkt an, dass auch die im ländlichen Raum üblichen Kondolenzbesuche im Trauerhaus nicht möglich sind und ermutigt die Menschen, eine Trauerkarte zu schreiben oder anzurufen. "Nach meiner Erfahrung ist das für die Angehörigen tröstlicher als von gar niemanden irgendetwas zu hören". Auf der Webseite des Bestattungsinstituts Allendorf ist ein Gedenkportal eingerichtet, wo man jederzeit eine virtuelle Kerze für den Verstorbenen anzünden und den Angehörigen eine Kondolenz schreiben kann.

Arvid Allendorf erzählt aus seinem Berufsalltag: "Ich habe den Eindruck, dass die Trauernden darunter leiden, dass sie schwerkranke Familienangehörige in Kliniken und Pflegeeinrichtungen nicht besuchen oder nahestehende Menschen im Sterbeprozess nicht begleiten können. Ein weiterer innerer Konflikt taucht auf, wenn die Angehörigen entscheiden müssen, ob sie die Trauerfeier aufgrund der aktuellen Situation im engsten Familienkreis abhalten ober doch für die Allgemeinheit zugänglich machen. Dieses Abwägen ist für die betroffenen Familien nach meinem Empfinden nicht sehr einfach".

Janina Richter hält es unter seelsorgerlichem Aspekt für sehr notwendig, dass relativ zeitnah ein Abschied ermöglicht wird. Dabei ist es allemal besser, wenn bei einer Beisetzung mit Urne eventuell zwei Wochen zu warten ist, als dass eine ganze Reihe von Wochen nach dem Tod verstreichen. "Ist das Begräbnis noch nicht geschehen, fühlen sich Trauernde wie in der Schwebe, weil für sie ein wichtiger Schritt im Trauerprozess ansteht, der aber durch äußere Umstände verwehrt wird. Ich höre sehr oft, dass die Bestattung "so bald wie möglich" sein soll".  Eine Verschiebung der Trauerfeier auf unbestimmte Zeit hält auch Arvid Allendorf aus Pietätgründen und trauerpsychologischen Aspekten für sehr problematisch. "Hinzu kommt noch, dass keiner weiß, wie lange diese Ausnahmesituation noch Bestand hat". Dennoch verschließt er sich einer späteren Trauerfeier nicht, wenn es die Angehörigen wünschen. 

Die Friedhofshalle auf dem Bebraer Friedhof

Arvid Allendorf bekräftigt, dass der liturgische Ablauf einer Trauerfeier nicht unter der aktuellen Situation leidet und ergänzt: "Lediglich das Singen ist untersagt, aber jeder Musikwunsch, ob Kirchenmusik oder weltliche Musik, kann über eine Beschallungsanlage professionell von unserem Beerdigungsinstitut eingespielt werden. Als Seelsorgerin findet Janina Richter Worte, wo den Trauernden die Worte fehlen, empfindet es aber auch als sehr wichtig, die Trauerfeier mit weiteren möglichen musikalischen Alternativen wie Livegesang von einer Person oder instrumentalen Beiträgen zu bereichern. "Bei einem Verstorbenen, der Chorsänger war, wurden Aufnahmen von Auftritten des Chores abgespielt", was auch für die Seelsorgerin sehr anrührend war. Arvid Allendorf ergänzt, dass es auf Wunsch machbar ist, die Trauerfeier aufzuzeichnen für alle Trauergäste, die aus verschiedensten Gründen nicht dabei sein konnten. Es ist vielleicht ein Trost zu wissen, dass Seelsorger und Bestatter einen würdevollen endgültigen Abschied möglich machen. (Gudrun Schmidl) +++


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