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Wie werden sich unsere Dörfer und Städte verändern? - Antworten vom Experten
11.02.21 - Durch die Corona-Pandemie werden die Diskussionen über die Zukunft unserer Städte und Dörfer forciert. In Zeiten von Homeoffice und Lockdown stellen sich viele Menschen die Frage, wo sie künftig wohnen und arbeiten möchten. Die Nachfrage nach Bauplätzen auf dem Land boomt, viele Neubaugebiete entstehen.
Auf der anderen Seite befürchten die Stadtplaner einen massiven Leerstand in den Innenstädten. Der Online-Handel nimmt zu. Was bedeutet dies für die größeren Städte? In Fulda zum Beispiel beschäftigt sich ein runder Tisch mit Fachleuten aus verschiedenen Bereichen mit dieser Thematik. Die Herausforderungen sind in vielen Regionen in Deutschland ähnlich.
Interessant ist auch der Blick von außen. Wir haben uns mit Professor Dr. Ing. Thomas Krüger unterhalten. Krüger ist Leiter des Arbeitsgebietes "Projektentwicklung und Projektmanagement in der Stadtplanung" an der HafenCity Universität Hamburg. Lesen Sie nachfolgend unser Interview:
Die dörfliche Struktur gewinnt offenbar an Attraktivität. Raus aus der Stadt scheint ein Trend zu sein. Wie sehen Sie die Zukunft der ländlichen Regionen? Welche Voraussetzungen (außer dem schnellen Internet) sind nötig, um Menschen und Unternehmen in die kleineren Kommunen und Dörfer zu locken?
Prof. Dr.-Ing. Thomas Krüger
Wie bewerten Sie die Frage der Mobilität? Ist es realistisch, dass sich alternative Antriebsarten durchsetzen, oder gar der öffentliche Nahverkehr etwa auf der Schiene durchsetzen wird?
Prof. Dr.-Ing. Thomas Krüger: Leistungsfähige und insbesondere auch komfortable Verbindungen im Öffentlichen Verkehr zwischen den Kleinstädten und in die großen Städte sind eine Voraussetzung für die Verkehrswende. Diese werden ergänzt durch individuelle E-Mobilität mit leichten (!) Fahrzeugen bzw. Lasten-, Dreirad- (mit Wetterschutz) und einfachen E-Bikes. Damit lässt sich der größte Teil der individuellen Alltagsmobilität im Nahbereich umweltschonend bewältigen. Fahrbare Wohnzimmer-Sitzgarnituren und Hybrid-SUV's braucht niemand!
Die Digitalisierung wird in Deutschland immer wieder diskutiert - wie sehen Sie Deutschland im internationalen Vergleich? Was muss sich verbessern?
Lockdown, leere Fußgängerzonen, Homeoffice - insbesondere die Händler und Gastronomen in den Innenstädten haben derzeit kaum Umsätze. Wie wirkt sich die Corona-Pandemie auf das Verhalten der Menschen aus?
Prof. Dr.-Ing. Thomas Krüger: Das weiß noch keiner. Ich vermute, dass viele Menschen über ca. 25 auch in Zukunft vorsichtiger sein werden. Zumal zu vermuten ist, dass in einer weiterhin hoch vernetzten Welt, der intensiven Industrialisierung unserer Lebensmittelproduktion und der Durchdringung selbst der einst entlegenen Natur durch die Menschen Viren und Bakterien (und Informationen darüber) zukünftig eine deutlich größere Rolle spielen werden.
Jüngere Menschen dagegen brauchen den, auch engen, Kontakt außerhalb der Familie und ggf. Fremde. Das ist eine anthropogene Konstante und ist gut so. Ihn diesen dauerhaft zu verwehren wird nicht funktionieren und widerspricht der menschlichen Natur. Es ist die Quelle der Evolution.
Viele Händler und Gastronomen befürchten Geschäftsschließungen. Schon vor der Corona-Pandemie diskutieren lokale Entscheider, wie die Innenstädte attraktiver gestaltet werden können. Dr. Heiko Wingenfeld, Oberbürgermeister von Fulda, hat vor wenigen Tagen einen Fünf-Punkte-Plan vorgestellt (Link zum Hintergrund: https://osthessen-news.de/n11642285/wenn-die-buerger-geimpft-sind-dankes-und-buergerfest-nach-pandemie-ende.html ). Ein richtiger Ansatz?
Prof. Dr.-Ing. Thomas Krüger
Welche Rolle spielt aus Ihrer Sicht die Anbindung der ländlichen Regionen an die großen Zentren in Deutschland? Stichpunkte sind der Deutschland-Takt der Bahn und der Ausbau von Fernverkehrsstrecken, zum Beispiel Frankfurt am Main-Fulda-Erfurt.
Prof. Dr.-Ing. Thomas Krüger: Vernetzung bzw. Erreichbarkeit (im Umweltverbund) ist absolut zentral (s.o.). Es ist gerade das Potenzial der ländlichen Regionen, sehr hohe Lebensqualität zu bieten, und zugleich Teil der modernen vernetzten Gesellschaft zu sein. (Hans-Hubertus Braune) +++