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Noah und Jonas Seitz (von links) auf dem verschneiten Sportplatz in Asbach - Fotos: privat

BAD HERSFELD Zwei Brüder und die Kommunalwahl

Jonas und Noah Seitz: Mutter Carmen erteilt Politikverbot am Essenstisch

17.02.21 - Es heißt ja immer wieder, junge Menschen würden sich für Politik nicht interessieren. Beim Blick auf die Kandidaten-Listen für die Kommunalwahl am 14. März 2021 fällt jedoch auf, dass sich durchaus einige junge Erwachsene in die politischen Entscheidungen in ihrer Stadt oder ihrem Dorf einmischen wollen. Sie bewerben sich für den Kreistag, die Stadtverordnetenversammlung, auf Gemeindeebene oder für die Ortsbeiräte.

Zwei Beispiele sind die Brüder Jonas und Noah Seitz aus Asbach, einem Stadtteil von Bad Hersfeld im Landkreis Hersfeld-Rotenburg. Jonas kandidiert für die Christdemokraten im Kreistag. Der 30-jährige Lehrer und ausgebildete Bankkaufmann spielt bei der SG Haunetal Fußball und engagiert sich bei der Feuerwehr. Er ist stellvertretender Wehrführer der Feuerwehr Bad Hersfeld-Fuldatal. Sein Bruder Noah ist 23 Jahre alt und Verwaltungsfachangestellter. Noah tritt für die Freien Wähler an. Er engagiert sich in seiner Freizeit als Fußball-Schiedsrichter, mag Darts und Politik.

In unserem Interview beschreiben die beiden Jungs ihre politische Ziele und Ideen für ihre Region:

Was war Deine Motivation, Dich politisch zu engagieren?
 
Jonas Seitz: Ich möchte die Geschicke meiner Heimatstadt und im Landkreis mitentscheiden und mitgestalten, sodass unsere Region liebens- und lebenswert bleibt. Für die Politik an sich habe ich mich schon immer interessiert, daher habe ich unter anderem das Fach Politik und Wirtschaft auf Gymnasiallehramt studiert.

Noah Seitz: Ich interessiere mich schon sehr lange für die Politik. Gerade die Kommunalpolitik empfinde ich als sehr wichtig und interessant. In unserem Stadtparlament ist der Altersdurchschnitt doch sehr hoch. So können die Belange der "jungen" Leute teilweise gar nicht so wahrgenommen werden. Und um das zu verbessern, habe ich mich entschieden, mich in der Kommunalpolitik zu engagieren 
 

Jonas Seitz ist bei der Feuerwehr Bad Hersfeld-Fuldatal aktiv Archivbilder: O|N

Wieso habt ihr Euch für die Freien Wähler beziehungsweise CDU entschieden?
 
Jonas Seitz: Die CDU, als letzte verbliebene Volkspartei, hat die Interessen und Belange aller Menschen im Blick und betreibt keine Klientelpolitik wie andere Kleinstparteien. Zudem steht sie für eine liberal-konservative, westliche Wertegemeinschaft, für die ich ebenfalls einstehe.

Letzlich hat mein Freund Timo Lübeck den Ausschlag gegeben, dass ich vor knapp vier Jahren in die Partei eingetreten bin. Mit ihm habe ich auch 2017 den Bundestagswahlkampf über mehrere Wochen bestritten und bin dadurch mit vielen Menschen in Kontakt gekommen. Kurz darauf wurde ich auch schon zum Schriftführer im CDU-Stadtverband sowie zum Beisitzer im CDU-Kreisvorstand gewählt.

Noah Seitz: Der FWG-Ortsverein Asbach ist vor 30 Jahren in meinem Heimatort gegründet worden. Demnach sind heute noch überwiegend Asbacher, unter anderem meine Eltern, in der FWG tätig. Außerdem gibt es bei der FWG im Vergleich zu den "großen" Parteien keinen Fraktionszwang. Des Weiteren setzt sich die FWG auch für die Ortsteile ein und hat den Blick nicht nur auf die Kernstadt gerichtet.

Schiedsrichter Noah SEitz in Aktion

Welches sind Eure persönlichen politischen Ziele, welche Ihr inhaltlich erreichen wollt?
 
Jonas Seitz: Ich möchte mich in Bad Hersfeld dafür einsetzen, dass unsere Feuerwehr weiterhin die bestmögliche Unterstützung und Ausstattung erhält. Nicht nur um den Kameradinnen und Kameraden die Wertschätzung entgegenzubringen, die sie verdient haben, sondern auch, um die Stadt und die Bürger bestmöglich zu schützen und ihnen in Notsituationen helfen zu können.

Blick auf den Linggplatz in Bad Hersfeld

Zudem gilt es, die kulturellen Angebote, wie die Festspiele, das Lullusfest, das Weinfest und weitere Festivitäten, für Jung und Alt nach der Pandemie zu erhalten und weiter zu fördern, sodass die Menschen wieder mehr Freude an ihrem Leben erhalten und den Jugendlichen genügend Freizeitmöglichkeiten geboten werden.

Noah Seitz: Für mich als junger Mensch sehe ich es als sehr wichtig an, dass Bad Hersfeld beziehungsweise unser Kreis für junge Einwohner attraktiver wird. Die lokale Wirtschaft sowie unsere heimischen Vereine müssen weiterhin gestärkt werden. Schon seit einigen Jahren gibt es die Überlegungen, ein Ganzjahresschwimmbad zu bauen, da die momentanen Bäder sehr sanierungsbedürftig sind. In einem neuen Bad gäbe es die beste Möglichkeit, unser gutes Bad Hersfelder Heilwasser, was momentan ungenutzt in die Fulda läuft, im Wellnessbereich sinnvoll zu nutzen. So könnte unsere Stadt ein weiteres Alleinstellungsmerkmal in unserer Region bekommen. In Bad Hersfeld gibt es einige Orte, an denen sich unsere Bürgerinnen und Bürger, aber auch unsere Gäste, besonders nachts nicht sicher fühlen. Hier gilt es weiterhin, die Ängste der Bad Hersfelder ernst zu nehmen und Lösungen zu finden.

Der neue Feuerwehrstützpunkt in Asbach

Immer mehr Menschen zieht es eher auf das Land, auf die Dörfer als in die großen Städte. Wie beurteilt Ihr die Situation hinsichtlich der Infrastruktur, Digitalisierung und Angebote für junge Menschen in unserer Region?

Jonas Seitz: Zunächst einmal ist es ein positiver Aspekt, dass auch jüngere Menschen das Leben auf dem Land wieder mehr schätzen als noch vor einigen Jahren und aus den Großstädten zurück nach Waldhessen kommen beziehungsweise direkt in der Region bleiben. Dies kann jedoch nur nachhaltig gelingen, wenn wir die digitale Infrastruktur verbessern, sodass die Menschen auch von Zuhause arbeiten können und nicht in das Rhein-Main-Gebiet oder Kassel pendeln müssen. Die Landesregierung ist bemüht, den ländlichen Raum aufzuwerten, indem sie beispielsweise Behörden auf dem Land ansiedelt. Hier müssen wir dran bleiben, um den Menschen qualifizierte Arbeitsplätze bieten zu können. Zudem muss der ICE-Halt in unserer Kreisstadt gewährleistet bleiben, um den Pendlern bestmögliche Bedingungen bieten zu können. Hier brauchen wir keine unrealistische Visionen, wie ein ICE-Halt im Grünen oder einen automatischen Shuttle-Service wie am Flughafen Frankfurt.

Noah Seitz: Corona hat gezeigt, dass im Bereich Digitalisierung in unserem Kreis noch Handlungsbedarf besteht. Gerade in den kleineren Dörfern ist die Internetverbindung noch sehr mangelhaft, was das momentan stark gefragte Homeoffice und Homeschooling erschwert oder teilweise unmöglich macht. Bad Hersfeld hat durch den Standort der THM und der DGUV zumindest ein paar Möglichkeiten, dass junge Menschen Vorort bleiben und nicht wegziehen, um irgendwo in Deutschland zu studieren. Deshalb gilt es, den Hochschulstandort Bad Hersfeld noch attraktiver zu machen, damit nicht nur junge, einheimische Menschen im Kreis bleiben, sondern auch junge Menschen nach Bad Hersfeld ziehen.

Das Rathaus in Bad Hersfeld

Was muss/soll sich verbessern?

Jonas Seitz: Wir müssen es in Bad Hersfeld schaffen, dass Großprojekte gemeinsam gemeistert und zu Ende gebracht werden. Der erfolgreiche Hessentag 2019 hat gezeigt, dass dies funktioniert, wenn alle wollen. Ich denke hierbei zum Beispiel an die Entwicklung des Wever-Geländes oder das Scheitern der Kaufland-Ansiedlung.

Die interkommunale Zusammenarbeit sollte verstärkt werden. Es könnten wesentlich mehr Synergien genutzt werden, um Geld zu sparen. Es muss nicht jede kleine Gemeinde sämtliche Ämter vorhalten, sondern das vorhandene Know-how aus größeren Gemeinden und Städten genutzt werden.

Noah Seitz: Grundsätzlich ist jede Partei / Wählergemeinschaft bestrebt, das Beste für Bad Hersfeld zu erreichen. Dabei sollte bei einzelnen Ideen / Vorschlägen nicht drauf geachtet werden, von wem der Vorschlag kommt, sondern ob es für unsere Stadt und ihre Bürger nachhaltig positive Auswirkungen hat. Dadurch, dass die CDU, SPD und die Grünen zurzeit zusammen die absolute Mehrheit in der Hersfelder Stadtverordnetenversammlung  haben, werden die teilweise sehr guten Anträge der FWG oder auch der FDP durch diese Mehrheit nicht beachtet und oftmals belächelt und abgelehnt. Als bestes Beispiel ist hierfür das Projekt KOMPASS (KOMmunalProgrAmmSicherheitsSiegel) genannt. Ziel des Programms ist es, die Sicherheitsarchitektur in den Kommunen individuell weiterzuentwickeln und passgenaue Lösungen für Probleme vor Ort zu entwickeln.

Dieses Programm ist von der hessischen CDU-Landesregierung initiiert und ist für die Kommunen, bis auf die Personalkosten, kostenlos. Die FWG sowie die FDP hatten sich für dieses Projekt stark gemacht, leider wurde es von der "Kenia-Koalition" für unsere Stadt als nicht notwendig angesehen. Aber vielleicht wird sich die Sitzverteilung ja in der nächsten Legislaturperiode ändern. Ich wünsche mir deshalb ein größeres Miteinander statt Gegeneinander - zum Wohle unserer Stadt.

Politik oder Fußball - worüber diskutiert Ihr bei Euch in der Familie mehr?

Jonas Seitz: Da unser Vater ebenfalls für die FWG kandidiert und unsere Mutter das Bürgerbüro der Stadt Bad Hersfeld leitet, ganz klar über Politik. Dies liegt aber auch daran, dass die Wahl kurz bevor steht und der Fußball aktuell leider stillsteht. Sobald dieser aber wieder beginnt, werden auch die Diskussionen um den Fussball in unserer Region wieder größer werden.

Noah Seitz: In der momentanen Wahlkampfzeit ist die Politik natürlich Thema Nummer eins. Mittlerweile hat unsere Mutter uns aber Politikverbot am Essenstisch erteilt, da wir das eine oder andere Mal zu intensiv über einige politischen Themen diskutiert haben. Ansonsten steht der Fußball in unserer Familie natürlich ganz oben. Wobei man momentan ja leider "nur" über die Bundesliga diskutieren kann.

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Was wünscht Ihr Euch in erster Linie für die Zukunft?

Jonas Seitz: Ich glaube, der größte Wunsch sollte sein, dass wir alle gesund bleiben. Des Weiteren hoffe ich natürlich, dass wir alle bald wieder zu unserem normalen Leben zurückkehren können. Für mich persönlich würde das bedeuten, wieder reisen zu können, jedes Wochenende auf einem Sportplatz zu sein, Feste zu feiern und den Feuerwehrübungsdienst mit den Kameradinnen und Kameraden wieder aufnehmen zu können. Politisch gesehen hoffe ich, dass ich in die Stadtverordnetenversammlung und den Kreistag einziehen werde, um so das Beste für meine Heimat erreichen zu können.

Noah Seitz: Am meisten wünsche ich mir natürlich, dass meine Familie und ich von Corona verschont und allgemein gesund bleiben. Außerdem hoffe ich, dass die heimische Wirtschaft und Gastronomie die Corona-Krise "überleben", damit unsere schöne Stadt und besonders die Innenstadt weiterhin attraktiv bleibt.

Politisch gesehen erhoffe ich mir, dass die Freie Wählergemeinschaft und meine Person bei der Kommunalwahl das bestmögliche Ergebnis erzielen. Als Schiedsrichter ist es mein Ziel, in den nächsten Jahren weiterhin erfolgreich zu sein und vielleicht noch den einen oder anderen Aufstieg zu feiern. Am wichtigsten ist allerdings, den Spaß am Pfeifen sowie am Fußball nie zu verlieren. (Hans-Hubertus Braune) +++


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