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FULDA Der Stadtpfarrer bei O|N

Impulse von Stadtpfarrer Buß: Der Zehnte Esel

06.03.21 - Es gibt eine Geschichte vom Esel in den Rabbinischen Geschichten, die ich sehr interessant finde, weil sie so manches offenbart, was bedenkenswert ist. Sie erzählt: Ein Bauer kam abends mit seinen Eseln vom Feld. Er band neun seiner Eseln an Pflöcken vor dem Hof fest und bemerkte dann, dass er das zehnte Seil verloren hatte. Was nun? Da kam ein Rabbi des Weges und er fragte ihn, was er denn nun tun solle, damit der Esel nicht wegläuft.

"Du musst nur die gleiche Bewegung machen, als ob du den Esel festbindest - das ist alles." Der Bauer tat, wie ihm geraten wurde. Als er am nächsten Morgen vor die Tür trat, stand der Esel noch brav im Hof. Freudig machte der Bauer die anderen neun Esel los und wollte mit ihnen aufs Feld gehen. Der zehnte Esel aber weigerte sich mitzugehen - alles Ziehen und Schimpfen half nichts. Da suchte der Bauer den Rabbi auf und bat ihn um Rat. Dieser fragte ihn: "Hast du den Esel wieder losgebunden?"

"Er ist doch gar nicht festgebunden!" "Das weißt du, aber der Esel weiß es nicht. Er denkt, dass er noch immer festgebunden ist!" sagte der Rabbi lächelnd. Daraufhin tat der Bauer so, als ob er das Seil lösen und es vom Hals des Tieres wegnehmen würde. Kaum hatte er es getan, da lief der Esel brav mit auf das Feld. Eine humorvolle, aber auch eine sehr tiefsinnige Geschichte. Sie erzählt uns davon, dass eine Art täglicher Vorgang – hier: das Anbinden mit und das Lösen des Esel von einem Seil, dazu geführt hat, dass dieser sich täglich wiederholende Vorgang dem Esel so eingeprägt hat, dass eigentlich gar kein Seil mehr nötig war, um den Esel anzubinden, bzw. zu lösen, sondern nur noch die "rituelle Handlung", das "So-tun-als-Ob" gegeben sein musste und der Esel dachte, er sei an- beziehungsweise losgebunden.

Dieser Esel ist durch die ständige Wiederholung immer "innerlich angebunden – innerlich gefesselt". Er ist gefesselt auch ohne Fessel. Er ist auch im übertragenen Sinn ein "Esel". In der Wissenschaft wird diese Konditionierung auch mit dem Begriff des Phänomens vom "Pawlowschen Hund" bezeichnet. Wovon sind wir vielleicht in diesen Tagen gefesselt, obwohl wir es gar nicht sein müssten? Andauernd nur gefesselt von und an Corona-Nachrichten? Andauernd nur innerlich gefesselt von der Angst wegen des Virus? Andauernd nur noch gefesselt von Abstandregeln gegenüber anderen Mitmenschen? Dabei aber ständig der innere Wunsch, frei zu sein.

Aber man ist geprägt wie eine Münze. Doch wir Menschen sind keine Münze. Wir sind zur Freiheit berufen – zur Freiheit von unmenschlichen Prägungen. Darum geht es auch im Glauben an Jesus Christus. Darum geht es beim "Christsein": befreit zu sein durch das Wissen: Gott traut Dir was zu. Gott vertraut Dir. Er gibt Dir unermessliches "Talent" – also Vermögen – und zwar o h n e Bedingungen. Er hat einfach seinen ganzen Besitz – sich selbst – in uns investiert und darum können Menschen vertrauend das Leben wagen.

Er hat uns auch begabt für diese Corona-Situation: Er hat uns das Talent gegeben, in dieser Situation zu leben und zu handeln: "Fürchte Dich nicht. Ich bin bei Dir."

 

Lösen wir uns von den Fesseln der Angst und wirken wir mit Angstlosigkeit. Es geht nicht um Leichtsinn! Es geht um furchtloses leben, weil Gott sich an uns verschenkt hat.

Was daraus für Gespräche kommen könnten? (Stefan Buß) +++

Stadtpfarrer Buß. Archivfoto: O|N/Hendrik Urbin

Das Fastentuch in der Stadtpfarrkirche. Foto: privat


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