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Soziologen schlagen Alarm: Pandemie drückt Frauen in alte Rollenmuster zurück
06.03.21 - "Geschlechtergerecht aus der Krise" - so lautet das Motto der 31. Frauenwoche in Fulda. Vom 5. bis 15. März findet das buntgemischte Programm aus Aktionen, Vorträgen und Workshops hauptsächlich in digitaler Form statt. Die Rolle der Frau in der Gesellschaft steht dabei im Fokus, besonders die aktuelle Situation hinterlässt Spuren. "Die Deutsche Soziologin Jutta Allmendinger stellte die These auf, dass die Corona-Pandemie Frauen um drei Jahrzehnte in Bezug auf die Gleichstellung zurückwirft. Wie können wir der Entwicklung entgegenwirken und welche Lösungen gibt es? Diese und weitere Fragen möchten wir thematisieren", erklärt Katharina Roßbach, Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Fulda.
Viele Soziologinnen sprechen momentan von einer "Retraditionalisierung der Geschlechterverhältnisse", berichtet Roßbach. "Frauen haben vermehrt ihre Arbeitszeiten aufgrund der Kinderbetreuung reduziert - davon 27 Prozent Mütter und 16 Prozent Väter." Auch die Arbeitslosigkeit bei Frauen sei vermehrt gestiegen: Typische Branchen wie Einzelhandel, Gastronomie oder Tourismus sind vom Lockdown hart getroffen. Prekäre Beschäftigungsverhältnisse erschweren die Situation. "Oftmals fallen aufgrund der Krise 450-Euro-Jobs weg. Man erhält dadurch nicht mal Kurzarbeitergeld oder Arbeitslosengeld", konstatiert die 37-Jährige. Dies stelle besonders Alleinerziehende vor Probleme. "Langfristig können sich Frauen dadurch keine eigenständige Existenzsicherung aufbauen. Das Thema Altersarmut ist hier ein großes Thema."
Natürlich hätten Väter auch im Lockdown mehr Sorgearbeit geleistet, aber auf einem viel niedrigerem Niveau. "Man sagt immer noch: Zwei Drittel aller Sorgearbeit wie Kinderbetreuung und Hausarbeit wird von Frauen geleistet, nur ein Drittel von Männern", so Roßbach. Das sei der langjährige Schnitt - in der Corona-Zeit habe es sich sogar nochmal verschärft.
Situation im Home-Office
Die Home-Office-Option hat im Lockdown einen wahren Schub bekommen. "Da, wo es möglich ist, wird es umgesetzt - aber nicht jedes Unternehmen kann mitziehen, beispielsweise im Supermarkt." Das Arbeiten von zu Hause aus stelle die Familien vor Herausforderungen. "Besonders mit kleinen Kindern ist es schwer, konzentriert zu arbeiten." Die Expertin stellt zudem fest: "Frauen im Home-Office sind weniger sichtbar als in der Firma - gerade in Führungspositionen ist das eher kontraproduktiv." Auch die eingesparte Zeit im Home-Office - beispielsweise durch die Anfahrt - fällt zwischen den beiden Geschlechtern unterschiedlich aus. "Eine neue Studie ergibt, dass Männer die Zeit im Home-Office eher für Hobbys und Überstunden nutzen, Frauen sich hingegen mit den Kindern beschäftigen."
Digitale Veranstaltungen: Bequem in den eigenen vier Wänden mitverfolgen
Corona-bedingt findet die diesjährige Frauenwoche online statt. "Es bedeutet für uns schon mehr Aufwand. Keiner hätte zuvor gedacht, dass wir alles per Videokonferenz-Tool planen werden. Das ist für uns selber noch ein wenig Neuland", so die Mitorganisatorin. Doch Roßbach ist zuversichtlich, dass die Resonanz positiv ausfallen wird. "Wir hatten immer mal Online-Vorträge und haben gemerkt, dass diese Formate sehr gut angenommen werden. Fast noch besser als Präsenzveranstaltungen." Kein Wunder: Jeder erhalte die Möglichkeit, bequem von zu Hause aus das Programm zu verfolgen. "Das ist für viele eine Erleichterung."
Das Highlight der Woche wird die Schaufensteraktion in der Fuldaer Innenstadt sein. Dabei entferne man sich vom digitalen Raum in die Realität. "Am 8. März - passend zum Weltfrauentag - werden Künstler aus Fulda die Schaufenster der Geschäfte mit inspirierenden und Mut machenden Zitaten von Frauen gestalten. Dadurch sollen Frauen sichtbar gemacht werden wie Autorinnen, Wissenschaftlerinnen oder Schaupielerinnen", sagt Roßbach.
Mehr Informationen zum Programm gibt es unter dem direkten Link: https://www.fulda.de/fd/05_Frauen-buero/Frauenwoche/Frauenwoche_2021/Webflyer_Frauenwoche_2021.pdf (Maria Franco) +++