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Denkmal der Bestie von Gévaudan, Dorf Auvers, Gévaudan. Innerhalb von drei Jahren wurden rund 100 Menschen getötet - Foto: picture alliance / imageBROKER | Christian GUY

REGION Faktencheck nach Facebook-Diskussionen

Bestie oder Unschuldslamm: Wie gefährlich sind Wölfe für Menschen?

05.03.21 - In den sozialen Medien wird immer wieder heftig diskutiert: Ist der Wolf eine Gefahr für den Menschen, oder nicht. Ein Faktencheck: In ganz Deutschland lebten nach Angaben der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes (DBBW) (Stand 02.11.2020) im Monitoringjahr 2019/2020 insgesamt 128 bestätigte Wolfs-Rudel, 35 Paare und 10 territoriale Einzeltiere. Tendenz: stark steigend.

Wolfsangriffe auf Menschen wurden hierzulande in über 100 Jahren nicht registriert. In anderen Ländern hingegen schon. Die Bundesregierung veröffentlichte 2018 eine norwegische Studie, die sich mit dieser Thematik auseinandersetzt. Ziel der Arbeit war es, existierende Berichte über Wolfsangriffe auf Menschen aus Skandinavien, dem kontinentalen Europa, Asien und Nordamerika zusammenzutragen.

Grundlose Angriffe von nicht-tollwütigen Wölfen auf Menschen sind nach Expertenmeinung selten. Trotzdem fanden die Norweger einige Berichte über räuberische Übergriffe.

Europäische Beispiele, die für Aufsehen sorgten

In Europa geschahen die meisten Vorfälle in der Zeit vor dem 20. Jahrhundert. Das wohl bekannteste Ereignis fand in der Gegend von Gévaudan in Frankreich statt. Historischen Dokumenten zufolge, die von den norwegischen Forschern ausgewertet wurden, kamen dort im Zeitraum von 1764 bis 1767 etwa 100 Menschen bei Angriffen ums Leben. Man glaubt, dass die verantwortlichen Tiere Hybriden aus wilden Wölfen und großen Hirtenhunden waren. Alleine in Frankreich, Estland und Italien wurden zwischen 1750 und 1900 mehrere hundert Personen von Wölfen getötet.

Symbolbild: Pixabay

Weitere Berichte grundloser Angriffe bis Ende des 19. Jahrhunderts kommen aus Schweden, Finnland und Norwegen. In Schweden kamen zwischen 1727 und 1763 vier Kinder ums Leben, und in den Jahren 1820 / 21 starben elf Kinder und eine Frau durch Wölfe. Diese letzten Fälle werden einem einzelnen Wolf zugeschrieben, der in Gefangenschaft aufgewachsen und entkommen war. In Finnland und Russland kam es im 19. Jahrhundert zu einer Reihe von tödlichen Übergriffen. Die Ereignisse geschahen in Kaukola (1831, acht Kinder und eine Frau wurden getötet), Kemio (1836, drei Kinder), Kivennapa (1839-1859, 20 Kinder und eine erwachsene Person), Tammerfors (1877, neun Kinder) und Åbo (1879 – 1882 wurden bis zu 35 Kinder getötet).

Die Jahre danach

Die Experten geben an, dass räuberische Übergriffe in Europa (auch durch die starke Dezimierung der Tiere in diesem Zeitraum) im 20. Jahrhundert wesentlich seltener wurden. Berichten zufolge starben in Polen fünf Kinder (1937) und vier in Spanien (1957-1974). In der Region Kirov (Russland, 1944 – 1953) sollen 36 Kinder getötet worden sein.

Eine Tendenz sei bei allen Angriffen erkennbar: Die meisten Opfer von nicht tollwütigen Wölfen seien grundsätzlich Kinder und im geringeren Ausmaß Frauen, was nahelegen würde, dass Wölfe selektiv handeln.

Insgesamt könnten, laut der Studie, drei Angriffsfaktoren von nicht tollwütigen Tieren ausgemacht werden: Provokation, Habituation und ein stark veränderter Lebensraum. Gefährlich sei es beispielsweise, wenn Wölfe ihre Scheu vor den Menschen verlieren oder sich Haus- und Nutztiere als Nahrungsquelle suchten (und sich damit an die Nähe des Menschen gewöhnen).

Situation heute

Seit 2010 ist wieder ein Anstieg von Wolfsangriffen zu verzeichnen. Die Ursachen für die Fälle in den letzten Jahren waren nach Überzeugung der Fachleute überwiegend räuberischer oder grundloser Natur.

Das Risiko, von einem Wolf angegriffen zu werden, schätzen die Fachleute unter den aktuellen Umständen sowohl in Europa als auch in Nordamerika allerdings als äußerst gering ein. Dennoch kommen sie zu dem Schluss, dass es wichtig sei, Managementpläne zu entwickeln, die alle Wölfe abdecken, auch die tollwütigen, kranken, scheulosen, die Hybriden und anderweitig untypischen. (mr) +++


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