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Ein Werk des Kirchenvaters Augustinus von Hippo aus der Frauenberger Bibliothek, gedruckt 1616 in Köln. Dieses Buch wird wahrscheinlich zu den Werken gehören, die nach Fulda zurückkehren.   - Fotos: Stadt Fulda

FULDA "Emotional geführte Debatte"

Teilrückkauf von Buchbeständen aus der Klosterbibliothek gesichert

07.05.21 - Die mediale Aufregung um den vermeintlichen Ausverkauf von Fuldaer Kulturschätzen aus der Klosterbibliothek der Franziskaner am Frauenberg ist abgeebbt. Die zur Aufklärung und Schadensbegrenzung im Januar gebildete Arbeitsgruppe im Stadtschloss meldet aktuell, dass die für Fulda wesentlichen Bände mittlerweile gesichert werden konnten. Für diesen Rückkauf will das Kuratorium der Jubiläumsstiftung der Sparkasse einen mittleren fünfstelligen Betrag zur Verfügung stellen.

Das Auftauchen einiger Bücher aus den Klosterbeständen auf den Angebotsseiten eines Leipziger Groß-Antiquars hatte Ende 2020 hohe Wellen geschlagen. Dem Eindruck, dass dort quasi "Fuldaer Tafelsilber" regelrecht verramscht worden war, stand im Raum und sorgte für viel Kritik. Zuvor geführte Gespräche zwischen der Bibliothek des Bischöflichen Priesterseminars und dem Franziskanerorden über die Unterbringung der etwa 100.000 Titel umfassenden Buchbestände seit 1600 waren ergebnislos verlaufen. Doch die wirklich wertvollen Bände wie die Handschriften und die älteren Drucke des 15. und 16. Jahrhunderts waren schon vorher an die Seminarbibliothek übergeben worden, während die Franziskaner die Fuldensien und die Ordensliteratur im Kloster gesichert hatten.

Ein Großteil der in der Nähe von Leipzig lagernden Bestände der Frauenberger Bibliothek ...

Wegen der dennoch sehr emotional geführten Debatte über die Veräußerung anderer Bestände hatte Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld eine Arbeitsgruppe initiiert, die zumindest jene Bände, die für die Geschichte der Stadt und Region von Bedeutung sind, in Abstimmung mit dem Bistum und der Theologischen Fakultät in einer "konzertierten Aktion" aus Leipzig zurückholen und sichern sollte.

In vier Arbeitssitzungen und bei zwei umfangreichen Sichtungen des Bestandes in Leipzig konnte sich das Expertengremium dank der EDV-Erfassung des Antiquars ein Bild machen. Bei der Masse der verkauften Bände handelte es sich um Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts, darunter vorwiegend theologische, kirchenrechtliche, philosophische und linguistische Titel, daneben aber auch Belletristik, Sachbücher und Reiseführer. Nur ein kleinerer Teil von etwa 10.000 Titeln datierte vor 1800. Deshalb wurde schließlich dem Antiquariat ein Angebot über den Rückkauf aller etwa 4.000 Titel vor 1800 zu unterbreiten, um den Gesamtbestand der noch erhaltenen Klosterbibliothek bis zur Säkularisation zu dokumentieren. Der Preis orientierte sich an dem Umstand, dass ein wesentlicher Teil der Bände aufgrund jahrzehntelanger unsachgemäßer Lagerung starke Beschädigungen aufweist. Doch die Preisvorstellungen des Antiquars und der Arbeitsgruppe lagen zu weit auseinander.

Jubiläumsstiftung der Sparkasse sponsert mittleren fünfstelligen Betrag für den Rückkauf

Die Bibliothek der Theologischen Fakultät hatte bereits im vergangenen Jahr wesentliche Stücke vor allem aus dem Gründungsbestand, gesichert. Schließlich konnte  immerhin eine Einigung darüber erzielt werden, dass unter Federführung der Stadt Fulda weitere Bände, die eine besondere Beziehung zur Stadt-, Regional- und Klostergeschichte aufweisen, mit Vorkaufsrecht zu einem Sonderrabatt erworben werden können. Für diesen Rückkauf will das Kuratorium der Jubiläumsstiftung der Sparkasse einen mittleren fünfstelligen Betrag zur Verfügung stellen.

Der Frauenberg in Fulda ist ein Wahrzeichen der Stadt. Die wertvollsten Werke aus der ...

Oberbürgermeister Dr. Wingenfeld zeigte sich zufrieden über diesen Ausgang. Entgegen den ursprünglichen Meldungen, sei nicht der komplette Bestand der Klosterbibliothek abgewandert, sondern wesentliche Teile des Altbestandes blieben  in Fulda und würden zugänglich gemacht. "Ich bin froh, dass es in einer gemeinsamen Kraftanstrengung gelungen ist, die für Fulda wichtigen Werke des 17. und 18. Jahrhunderts zu sichern und zurückzuholen. Dafür bin ich allen Beteiligten dankbar." (ci)+++

Hintergrund: Die Frauenberger Klosterbibliothek

Die Bibliothek wurde 1623 mit der Neuansiedlung der Franziskaner auf dem Frauenberg begründet. Ein erster Katalog von 1627 nennt 276 Werke. Im Jahr 1715 war der Bestand zu dieser Zeit bereits auf 1.600 Werke angewachsen, von denen allerdings viele beim Klosterbrand 1757 vernichtet wurden. Danach gab es einen Wiederaufbau, der jedoch durch zahlreiche äußere Ereignisse wie die Aufhebung des Klosters 1875 im Kulturkampf gestört wurde. Die in dieser Zeit innerhalb von Fulda ausgelagerten Bände dienten nach der Wiedereröffnung des Klosters 1887 als Grundstock der neuen Bibliothek, die abermals einen Rückschlag und Verluste wertvoller Bände erlitt, als die Nationalsozialisten 1940 das Kloster schlossen. Nach 1945 erfolgte ein gezielter Bestandsaufbau als Konvents- und Hochschulbibliothek der Franziskaner.

Nach Auflösung der Hochschule zu Beginn der 1970er Jahre schränkte die Bibliothek ihre Erwerbungen stark ein und erhielt als "theologische Gebrauchsbibliothek" ihren Zuwachs vorwiegend durch Nachlässe sowie über die Übernahme von wertvollen Beständen anderer Konventsbibliotheken der Ordensprovinz (wie etwa Gorheim und Salmünster). Bis zur Aufhebung der in Fulda angesiedelten Thüringischen Franziskanerprovinz 2010 diente die am Ende etwas mehr als 100.000 Bände umfassende Bibliothek fast ausschließlich dem Konvent des Klosters Frauenberg und als Zentralbibliothek der Ordensprovinz. Die Nutzung durch externe Benutzer war selten. Beliebt bei vielen Interessierten waren hingegen die Bibliotheksführungen von Bruder Emanuel durch die historische Abteilung. (pm)+++


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