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Der 20-jährige Richard Schön spendete Stammzellen - damit rettete der Polizist einer jungen Argentinierin das Leben. - Fotos: Polizeipräsidium Osthessen

BAD HERSFELD Genetischer Zwilling in Südamerika

Stammzellenspende: Polizist Richard Schön hilft einer jungen Argentinierin

22.05.21 - Stäbchen rein – Spender sein! Nach diesem Motto handelte auch Polizeikommissar Richard Schön. Vor über zwei Jahren registrierte sich der Polizist, der in der Bad Hersfelder Polizeistation arbeitet, bei einer DKMS-Registrierungsaktion in der Rhön. Dort wurde für ein Mädchen ein passender Stammzellenspender gesucht. Schön wurde zunächst nicht benachrichtigt, im Dezember 2020 dann die Überraschung. Er erhielt einen Brief, dass er für einen Patienten womöglich als Stammzellenspender infrage kommen kann.

"Um Weihnachten 2020 – circa zwei Jahre nach meiner Registrierung bei der DKMS (Deutsche Knochenmarkspenderdatei) – erhielt ich plötzlich einen Brief. Aus diesem ging hervor, dass ich womöglich für einen an Leukämie erkrankten Patienten als Stammzellenspender infrage komme. Dafür musste ich mir allerdings zuerst Blut von meinem Hausarzt abnehmen lassen. Auf Nachfrage teilte mir die DKMS mit, dass nur jede vierte Blutprobe bei 200.000 Personen mit dem Patienten letztendlich übereinstimmt.

In den folgenden Tagen machte ich mir sehr viele Gedanken über die Person, welche eventuell meine Hilfe benötigt. Fragen zur Herkunft der Person, dem Geschlecht, dem Alter oder ob meine Stammzellen ein Menschenleben retten können, kamen mir fast täglich ins Gedächtnis", erinnert sich Schön rückblickend.

100 Prozent Übereinstimmung


Im Februar 2021 bekam der 20-Jährige einen Anruf von der DKMS zur Auswertung des Blutergebnisses. Er wurde informiert, dass seine Stammzellen zu 100 Prozent mit den Patienten übereinstimmen und er sich schnellstmöglich einen passenden Entnahmetermin aussuchen soll. Zudem wurden weitere Verfahrensabläufe zwecks Voruntersuchung, Stammzellentnahme und Absprachen mit dem Dienststellenleiter der Polizeistation besprochen.

"Durch eine Mitarbeiterin der DKMS, die mich von dem Anfang bis Ende der Spende begleitet hat, wurde ich sehr professionell über den Ablauf aufgeklärt. Tatsächlich war ich der einzige Spender, der für den Patienten infrage kam. Ich war ziemlich aufgeregt, als ich zu meinem nächsten Spätdienst kam und meinen Dienstgruppenleiter über das Ergebnis informierte. Zusätzlich habe ich den Sachverhalt an den Stations- und Direktionsleiter weitergeleitet. Es hat nur einen halben Tag gedauert und schon hatte ich die Zustimmung für die Stammzellenentnahme vorliegen. Ich wurde von der gesamten Dienststelle und meinen Kollegen von Anfang an hervorragend unterstützt. Nichtsdestotrotz mussten verschiedene Verfahrensabläufe intern geklärt werden, da ich durch die Spende und die Vorbereitungsphase auch insgesamt 18 Tage streifendienstuntauglich war", so Schön weiter.

Grund: die vorbereitenden Medikamente wirken sich auf Lunge und Milz aus und können einen vollumfänglichen Einsatz im Streifendienst nicht gewährleisten. Dementsprechend waren Absprachen bezüglich der Mindestwachstärke, den Dienstzeiten und dem Verdienstausfall nötig.

Positives Feedback von allen Seiten

Seit einiger Zeit ist der Polizeikommissar in der Dienststelle in Bad Hersfeld tätig. ...

"Auch innerhalb der Behörde ist eine solche Spende nicht alltäglich. Unklarheiten über verschiedene Abläufe wurden schnell gelöst und ich konnte mich über die volle Unterstützung der Dienststelle freuen. In jedem Bereich wurde Rücksicht auf mich genommen und so gab es weder bei der Vor- noch Nachbereitung zu Schwierigkeiten. Sowohl dienstlich als auch privat stieg das Interesse verschiedenster Personen, die mehr über das Ereignis erfahren wollten. Und zeitgleich wurde mir von vielen Seiten sehr viel Mut zu gesprochen, was mir enorm viel Kraft gegeben hat", blickt der Polizeikommissar zurück.

Vor der endgültigen Behandlung wurde das genaue Vorgehen dem 20-Jährigen erläutert: Schön wurde ausdrücklich erklärt, dass er sich nun entscheiden müsse, ob er mit einer Entnahme einverstanden wäre, denn bei dem infrage kommenden Patienten würde in den nächsten Tagen die Chemotherapie beginnen, welche bei einer Absage tödlich enden würde. Jedoch war seine Entscheidung von Anfang an klar. Er wollte die Stammzellspende durchführen und hoffentlich ein Menschenleben retten.

"Durch den Arzt wurde mir gesagt, dass eine periphere Stammzellentnahme für mich infrage kommt. Um die Stammzellen im Blut freizusetzen, musste ich mir vier Tage vor der Spende, jeweils dreimal am Tag verschiedene Spritzen geben", blickt Schön zurück. Die Spritzen am ersten Tag haben dabei seinen Körper stark belastet, sodass es ihm gesundheitlich sehr schlecht ging. Gliederschmerzen und leichte Grippesymptome traten in Erscheinung. Der Körper musste sich an die Umstellung und Spritzen gewöhnen. Die Wirkung der restlichen Spritzen war minimal, sodass es sich für ihn, wie eine kleine Grippe anfühlte. In den Folgetagen hatte er Gliederschmerzen in den Beinen und musste daher körperliche Aktivitäten einstellen.
 
Dann ging es für den Polizisten wirklich mit der Stammzellenentnahme los: "Aus dem linken Arm wurde mir das Blut entnommen. Von dort lief es in die Maschine, um die benötigten Blutstammzellen herauszufiltern. Dieses Verfahren ähnelt einer Blutwäsche. Nachdem Stammzellen und Blutplasma gefiltert wurden, wurde es mir durch meinen rechten Arm wieder zugeführt. Insgesamt liefen 17 Liter Blut durch die Maschine. Eine Stammzellenspende dauert im Schnitt rund vier bis fünf Stunden. Allerdings wurde mir im Gespräch mit dem zuständigen Arzt schon mitgeteilt, dass ich durchschnittlich viele Stammzellen produziert habe, was die Nebenwirkungen am ersten Tag erklären würde. Aus diesem Grund dauerte meine Entnahme auch nur rund zweieinhalb Stunden", erinnert sich der Polizeihauptkommissar.

Und auch in den folgenden Tagen ging es ihm gut. In einem Nachbereitungsgespräch wurde ihm gesagt, dass sich Sport und eine ausgewogene, gesunde Ernährung positiv auf die Entnahme auswirken kann. 

Hoffnung für ein junges Mädchen

Nach der Spende wurde er von seinem Bruder abgeholt und es ging zurück in Richtung Heimat. Schön kontaktierte die DKMS und informierte mich über den Patienten. "Mir wurde gesagt, dass ein Mädchen aus Argentinien im Teenageralter meine Stammzellen empfangen würde. Es war ein herausragendes Gefühl – immerhin habe ich möglicherweise einem so jungen Menschen ein "neues" Leben ermöglicht", freut sich der Kommissar.

"Stäbchen rein – Spender sein! Traut euch!"


Auch in den darauffolgenden Tagen dachte er viel an das Mädchen und hoffte immer wieder, dass die Behandlung erfolgreich anschlägt und sie überlebt. "Nach circa zwei Monaten würde ich erfahren, ob meine Stammzellen in dem Körper des Mädchens anwachsen und eine gesundheitliche Verbesserung in Sicht ist. Mir wurde jetzt erst bewusst, dass ich durch diese Entnahme vielleicht ein Menschenleben retten würde. Ein Gefühl, das sich einfach nicht beschreiben lässt. Nach zwei Jahren kann sich dann Spender und Patient mit beidseitigem Einverständnis zu einem Treffen verabreden", erklärt Schön zu den rechtlichen Bedingungen der Spende.

"Ich persönlich kann an jede Person appellieren, sich bei der DKMS zu registrieren. Meiner Erfahrung nach war es ein sehr geringer Eingriff, der irgendwo auf der Welt einem Menschen neue Lebensperspektiven ermöglichen kann. Schließlich kann es auch passieren, dass plötzlich mal ein eigenes Familienmitglied oder ein Bekannter an Leukämie erkrankt und sofortige Hilfe benötigt. Das Gefühl, jemanden das Leben zu retten, ist unbeschreiblich und wenn ich an meinen Spendentag zurückdenke bekomme ich auch heute noch Gänsehaut!

Und wenn ich zurückblicke: Die Zusammenarbeit mit der DKMS, der Zuspruch und die Unterstützung meiner Dienststelle, meiner Familie und meiner Freunde – es lief alles reibungslos und war mir ein wichtiges Anliegen. Mir wurde oft verdeutlicht, dass gerade in Pandemie-Zeiten es nicht üblich sei einen solchen körperlichen Eingriff vorzunehmen. Ich wünsche mir, dass der Erfahrungsbericht meiner Stammzellenentnahme vielen weiteren Menschen Mut zu spricht und Ängste überwunden werden, sich typisieren zu lassen. In diesem Sinne: Stäbchen rein – Spender sein! Traut euch!", appelliert der Kommissar. (Kevin Kunze) +++


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