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Impulse von Stadtpfarrer Buß: Fronleichnam 2021
02.06.21 - Als Jugendlicher habe ich ein Buch geradezu verschlungen, ich weiß nicht mehr wie oft ich es gelesen habe – Robinson Crusoe. Als einziger hatte Robinson den Schiffbruch seines Segelschiffes überlebt und wurde am Strand einer einsamen Insel angeschwemmt. Er konnte von seinem Schiff, das auf ein Riff gelaufen war, das Nötigste retten und richtete sich im Laufe der Zeit wohnlich auf der Insel ein. Er hatte das Nötigste, was er zum Leben brauchte, nur eines bedrängte ihn: er war Mutterseelen allein. Bis er eines Tages Fußspuren im Sand entdeckte.
Eine Gruppe von Kannibalen verfolgte einen Eingeborenen. Robinson konnte ihn vor dem sicheren Tod retten und nannte ihn Freitag, weil er an einem Freitag auf seine Insel kam. Der Eingeborenen lernte sehr schnell seine Sprache und wurde sein bester Freund. Rein zufällig hatte Robinson auch Weizenkörner auf dem gestrandeten Schiff gefunden. Immer und immer wieder warf er sie aus und sie gingen auf, sodass er eines Tages zum ersten Mal Brot backen konnte. Dieses Brot war für ihn wie ein Geschenk des Himmels.
"Das ist ein Geschenk des Himmels!" Diesen Satz verwendet man hin und wieder, um auszudrücken, dass sich etwas ereignet hat, was uns positiv berührt oder aus einer misslichen Lage befreit hat. Für Robinson war es das Brot, aber noch mehr sein Freund Freitag, der ihn aus der Einsamkeit holte. Er war "ein Geschenk des Himmels". Und er selbst wurde zum "Geschenk des Himmels" für Freitag, weil er ihn rettete vor seinen Verfolgern. So etwas kann ja nur in einer Abenteuergeschichte vorkommen – oder? Im Evangelium sagt Jesus an einer Stelle im Johannesevangelium: "Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der hat das ewige Leben!"(Jo.6,51) Haben wir da richtig gehört? Die Juden damals jedenfalls stritten, "wie kann er uns sein Fleisch zu essen geben"? (Jo. 6,52). Wir wissen heute was Jesus gemeint hat. Er gibt sich in Brot und Wein in der Feier der Hl. Messe. Äußerlich und sichtbar verändert sich nichts und trotzdem passiert etwas. Jesus kommt in Brot und Wein ganz und gar zu den Menschen, sie werden zu Zeichen seiner Gegenwart. Und er stillt mehr als den Hunger des Leibes, er stillt den Hunger der Seele, den Hunger nach ewigem Leben. So wird er selbst für die Menschen zum lebendigen Brot. Für Robinson Crusoe in dem bekannten Jugendbuch, waren die weggeworfenen Körner lebensrettend und erst recht sein Freund Freitag, der ihn vor der Einsamkeit bewahrte. Und er selbst wurde zum Lebensretter für den Eingeborenen.
Jesus möchte unser Leben retten. Immer wieder, wenn Christen Gottesdienst feiern, schenkt er sich in der Hl. Eucharistie. Es ist Brot und schmeckt wie Brot. Und doch ist es mehr. Es ist für ein "Geschenk des Himmels", es ist "Brot des Himmels". Jesus gebraucht dieses Bild, um deutlich zu machen, so wie der Mensch Brot aus Körnern als Nahrung für seinen Leib braucht, so will er für den Menschen Brot sein, das stärkt für das Leben hier und ewiges Leben schenkt. In diesem Brot und Wein schenkt er sich selbst. Das ist etwas Wunderbares, nicht immer zu verstehen. Es ist und bleibt auch immer Geheimnis, es muss im Glauben erfasst werden. Wer aber daran glaubt, zu dem sagt Jesus: "Wer dieses Brot isst, wird leben in Ewigkeit". Das feiern katholische Christen (morgen) an Fronleichnam. Wir werden auch in diesem Jahr wieder anders feiern, ohne große Prozession durch die Straßen der Stadt. Doch Familien werden wieder den Blumenteppich in ihren Familienpizzakartons legen und in der Stadtpfarrkirche dürfen wir "zur Monstranz kommen". Wir dürfen Jesus begegnen, der zum "Geschenk des Himmels" für die Menschen geworden ist und zur Begegnung mit den Menschen im Alltag stärken und auffordern will. (Stefan Buß) +++