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Gespannt hörten die Gäste auf die Grußworte der Rednerinnen. Im Vordergrund Preisträgerin Kerstin Krüger. - Fotos: Patricia Kümpel

Laudatorin Prof. Dr. Monika Simmel-Joachim fasste die wichtigsten Ergebnisse der Arbeit zusammen.
23.04.09 - FULDA
"Gewalt gegen Frauen" - Henriette-Fürth-Preis zum 1. Mal an Hochschule Fulda
Jede vierte Frau hat in ihrem Leben Gewalt durch den Partner erlebt. Allein in Hessen wurden im letzten Jahr etwa 7.150 Frauen Opfer häuslicher Gewalt, die Dunkelziffer ist dabei noch viel höher. In ihrer Master-Thesis "Erfahrungen und Einstellungen von im Krankenhaus tätigen Ärztinnen und Ärzten zu häuslicher Gewalt gegen Frauen - Eine quantitative Datenerhebung an drei hessischen Kliniken" hat sich Kerstin Krüger mit diesem sensiblen Thema auseinandergesetzt. Nun wurde sie mit dem Henriette-Fürth-Preis dafür ausgezeichnet.
Seit 2004 vergibt das Gender- und Frauenforschungszentrum der hessischen Hochschulen (gFFZ) jährlich diesen Preis an besonders herausragende Arbeiten, die sich mit Frauen- und Genderforschung beschäftigen. In diesem Jahr ging die Auszeichnung zum ersten Mal nach Fulda. Die Jury setzte sich dabei aus Mitarbeiterinnen verschiedener Hochschulen, der Frauenpolitik und dem öffentlichen Leben zusammen. In einem besonderen Festakt wurde heute die im Fachbereich Pflege und Gesundheit entstandene Abschlussarbeit gewürdigt und die Autorin mit einer Laudatio geehrt. Nach den Grußworten von Studiendekanin Prof. Dr. Beate Blättner, die die Siegerarbeit zusammen mit Kollegin Prof. Dr. Simone Kreher betreut hatte, sprachen auch Prof. Dr. Kathrin Kohlenberg-Müller, Vizepräsidentin der Hochschule Fulda und Prof. Dr. Lotte Rose, Geschäftsführerin des gFFZ ihre Anerkennung und Freude über die entstandene Forschungsarbeit aus.
Laudatorin Prof. Dr. Monika Simmel-Joachim betonte, welche Bedeutung sich aus einer solchen Arbeit für die Forschung und schließlich auch für die Praxis ergebe. "Wenn man bedenkt, dass für Opfer von häuslicher Gewalt medizinische Einrichtungen die zweite Anlaufstelle nach Freunden und Familie darstellen und somit noch vor Hilfseinrichtungen und Polizei kommen, sieht man, wie wichtig es ist, an dieser Stelle anzuknüpfen. Über die Gruppen, die Frauen am ehesten aufsuchen, um um Hilfe zu bitten, weiß man am wenigsten." In der erfolgten Abhandlung wurde Fragen nachgegangen, wie: "Welches Wissen und welche Kompetenzen zum Thema häusliche Gewalt besitzen Ärzte? Wie lässt sich die derzeitige Arbeitsbelastung mit der zusätzlichen Aufgabe der Betreuung der Opfer vereinbaren?"
Die geringe Resonanz von Medizinern, die auf die Beantwortung von Fragebögen zur statistischen Erhebung des Themas folgt, sei weitaus bekannt und auch während dieser Arbeitsphase spürbar gewesen, bedauerte Simmel-Joachim. Die Bereitschaft der Medinziner aktiv an Interventions- und Präventionsmaßnahmen und letztendlich der Forschung gegen häusliche Gewalt teilzunehmen und diese voranzutreiben müsse wachsen. Insgesamt 75 % der befragten Mediziner gaben an, schon mit Frauen Kontakt gehabt zu haben, die Opfer häuslicher Gewalt wurden. Grundsätzlich glauben die Ärzte und Ärztinnen, die Bereitschaft bzw. der Mut häusliche Gewalt anzusprechen und bei "verdächtigen" Patientinnen nachzufragen steige mit größerer Berufserfahrung. Lediglich elf von 56 befragten Medizinern möchten eher nicht über die medizinische Versorgung hinausgehen und als Ansprechpartner für diese Opfer wirken.
Zudem geben die Befragten an, zu wenig über das Thema zu wissen und keine ausreichend guten Weiterbildungsmöglichkeiten zu haben. Simmel-Joachim wies weiter auf die Dringlichkeit hin, die Ärzte dafür zu sensibilisieren, Screeningbögen zur Erfassung von Verletzungen, die gegebenenfalls auch aus älteren Misshandlungen stammen könnten, sorgfältiger zu bearbeiten. Zudem sei es notwendig, vorhandene Informationsbroschüren sinnvoller einzusetzen und effektiver zu verteilen.
Kerstin Krüger konnte schließlich den mit 500 Euro dotierten Preis entgegennehmen und bedankte sich bei allen Helfern und Unterstützern ihrer Master-Thesis, welche vor allem auch durch eine breite Sichtweise der Dinge punkten konnte. Nicht nur medizinische und soziale Betrachtungen fanden hier ihren Niederschlag, sondern ebenso rechtliche und politische Betrachtungen. Auch in Zukunft wird sich Kerstin Krüger weiterhin der Forschung widmen. (pakü) +++

Die Überreichung des Preises an Kerstin Krüger (links) durch die Geschäftsführerin des gFFZ, Prof. Dr. Lotte Rose (Mitte) und Dr. Margit Göttert, Wissenschaftliche Koordinatorin des gFFZ (rechts).

Die Preisträgerin mit ihren zwei Betreuerinnen Prof. Dr. Beate Blättner und Prof. Dr. Simone Kreher. (v.r.n.l.)